Nikolaikirche (Anklam)

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St. Nikolai um 1925 auf Ansichtskarte

Die Nikolaikirche ist die jüngere der beiden großen Stadtkirchen in Anklam/Mecklenburg-Vorpommern. Die ältere Kirche ist die Marienkirche.


Geschichte

Der um 1280 begonnene Bau wurde bis zum Ende des 14. Jahrhunderts vollendet. 1300 wurde die Kirche erstmals urkundlich erwähnt. Sie ist benannt nach Nikolaus von Myra, der als Schutzpatron der Seefahrer gilt. Mit dem Einbau des Chorgestühls wurde die Nikolaikirche etwa 1500 endgültig fertiggestellt. Im Gegensatz zur Marienkirche mit ihrem romanischen Ursprung handelt es sich bei der Nikolaikirche um einen rein gotischen Bau, obwohl eine Vorgängerkirche bereits seit 1180 errichtet wurde. Bis zu ihrer Zerstörung galt die Kirche als ein Wahrzeichen Anklams und war ein weithin sichtbares Lotsenzeichen.

Das bedeutende Gebäude der Backsteingotik ist eine dreischiffige Hallenkirche mit vierstöckigem Turm und Sakristei. Das Kirchenschiff war bis 1945 mit einem großen Satteldach bedeckt. Der Turm hatte seit jeher einen hohen gotischen Spitzhelm mit über 100 Metern Höhe, welcher mehrmals durch Blitzeinschläge und Stürme beschädigt und wiederhergestellt wurde. Zusammen mit der St. Marienkirche, die am Ende des 19. Jahrhunderts einen ähnlichen Turmhelm erhielt, bildeten beide Kirchen das unverwechselbare Stadtbild Anklams mit ihren „Zwillingstürmen”. Der Turmhelm von St. Nikolai wies eine Besonderheit auf: Seine Spitze zeigte eine deutlich sichtbare Verwindung. Im Volksmund hieß es, dass der Teufel persönlich die Kirchturmspitze verdreht hätte. Am 25. Juni 1848 wurde in der Nikolaikirche der Flugpionier Otto Lilienthal getauft, dessen Geburtshaus sich in unmittelbarer Nähe der Kirche befand.

Der Innenraum war mit wertvollen Ausstattungsgegenständen reich verziert. Trotz Auslagerung im 2. Weltkrieg sind einige Teile bis heute verschollen. Andere, wie etwa die prunkvollen Leuchter, die Apostelglocke und Teile des Chorgestühls befinden sich heute in der Anklamer Marienkirche und im Kulturhistorischen Museum Stralsund. Mittelalterliche Freskenmalereien an den Seitenwänden und Pfeilern sind nur noch in Bruchstücken erhalten.

Beim schwersten Bombenangriff auf Anklam am 9. Oktober 1943 wurden die Fensterverglasungen der Nikolaikirche durch Druckwellen und Splitter der in der Umgebung einschlagenden Bomben zerstört. Die Kirche selbst wurde jedoch nicht getroffen.

Die Zerstörung der Kirche erfolgte erst am 29. April 1945 durch deutschen Granatenbeschuss auf die bereits von der Roten Armee besetzte Stadt. Dabei stürzte der Turmhelm in das Kirchenschiff. Die Kirche brannte teilweise aus, nur der Turmstumpf und die Umfassungsmauern mit Freipfeilern und Scheidbögen blieben stehen.

Nach dem Krieg wurde die Ruine notdürftig gesichert. Nur der Südanbau mit den beiden Kapellen, dem Südeingang und der Sakristei wurden wieder überdacht und zeitweise von der Kirchengemeinde genutzt, während der Turm provisorisch begehbar gemacht und mit einer kleinen Turmspitze versehen wurde, um den Turm als Plattform für Funkantennen zu nutzen. Das Kirchenschiff blieb der Witterung über 50 Jahre lang schutzlos ausgeliefert.


Maße (vor der Zerstörung)

Turmhöhe mit Spitze 103,00 m

Höhe bis zur Giebeleindeckung des Turmes 58,00 m

Grundriss des Turmes 12,50 x 12,50 m

Umfassungsraum 23,00 m x 55,00 m

Höhe bis zum Scheitel des Gewölbes 16,50 m

Höhe bis zum First des Daches 35,00 m


Begonnener Wiederaufbau

Anfang der 1990er Jahre wurde die Situation des Gebäudes zunehmend kritisch, es bestand Einsturzgefahr. Anklamer Bürger schlossen sich zum Förderkreis Nikolaikirche Anklam/Vorpommern e. V. (seit 2009 Förderkreis Nikolaikirche Anklam e. V.) zusammen, um sich für den Erhalt und Wiederaufbau der Kirche einzusetzen. 1995 bis 1996 wurde das Kirchenschiff mit einem Notdach versehen und gesichert.

Seitdem wurden umfangreiche Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten an den erhaltenen Gebäudeteilen und am Turm durchgeführt, die aus Mitteln der Städtebauförderung, der Denkmalpflege, städtischen Zuschüssen und Spenden finanziert wurden.

Im Jahre 2004 übernahm die Hansestadt Anklam im Rahmen eines Erbbaurechtsvertrags die Verantwortung für das entwidmete Gebäude. Eine private Initiative ermöglichte den Einbau einer Reproduktion des so genannten Nikolausfensters.

Im Jahr 2007 wurde mit Planungen für einen umfassenden Wiederaufbau der Kirche begonnen. Ein zweites Fenster wurde als buntes Gedächtnisfenster gestaltet, 2009 eingeweiht und erinnert an die Zerstörung der Kirche und der Stadt Anklam im Zweiten Weltkrieg. Weitere Fensterverglasungen wurden durch private Spenden finanziert, tragen die Namen der Spender und wurden in den Jahren 2009 und 2012 eingebaut.

Mit Hilfe des Konjunkturpaketes der Bundesregierung und mit Mitteln privater Spender, des Landes Mecklenburg-Vorpommern und der Hansestadt Anklam wurde das Dach des Kirchenschiffs in den Jahren 2010 bis 2011 in der ursprünglichen Form und Höhe wiedererrichtet.

Im Frühjahr 2013 wurde mit den Baumaßnahmen zur Sicherung des Südanbaus (Kapellen, Vorhalle, Sakristei) begonnen, bei denen neben der Sicherung des Mauerwerks auch die Errichtung eines neuen Daches geplant ist.


Aktuelle Nutzung

Die Kirche kann seit 1999 während der Sommermonate (Mai-September) besichtigt werden und wird für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt. Seit 2008 ist der Turm mit einer überdachten Aussichtsplattform in circa 50 m Höhe für die Öffentlichkeit zugänglich.



Text: Wikipedia

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