Rathaus Lichtenberg

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Ansichtskarte vom Rathaus (1910)

Das Rathaus Lichtenberg ist das Verwaltungsgebäude der ehemaligen Stadt Lichtenberg (1907–1920) bzw. des Stadtbezirks (1920–1990), nun Sitz der Bezirksverordnetenversammlung des Berliner Bezirks Lichtenberg. Das neogotische Backsteingebäude vom Ende des 19. Jahrhunderts befindet sich in der Möllendorffstraße 6 unweit des S-Bahnhofs Frankfurter Allee.

Siegelmarken vom Magistrat von Lichtenberg

Geschichte

Vorgeschichte

Durch das stetige Bevölkerungswachstum des Dorfes Lichtenberg (Verzehnfachung innerhalb von rund zehn Jahren) und die intensive Bautätigkeit damals noch vor den Toren Berlins ergab sich für die Gemeindeverwaltung um 1890 die Notwendigkeit, ein eigenes und repräsentatives Rathaus bauen zu lassen. 1892 wurde eine Kommission gebildet, die den Standort in der damaligen Dorfstraße festlegte, Vorstellungen für das Gebäude entwickelte, Bauland ankaufte und Planungen an den Maurermeister Oscar Peucker in Auftrag gab. Am 1. Oktober 1896 beschloss die Gemeindeverwaltung daraufhin den Bau. (Parallel zu diesen Bautätigkeiten bemühte sich die Gemeinde um die Erlangung der Stadtrechte, wofür auch ein angemessenes Verwaltungsgebäude notwendig war.)

Entwurf und Bau des Rathauses

Nachdem Peucker für seine Vorarbeiten ein Honorar von 3000 Mark erhalten hatte, betraute die Verwaltung den eigens eingestellten Gemeindebaumeister Franz Emil Knipping mit der Ausführung, der eigentliche Architekt ist unbekannt. Spezialisten vermuten den renommierten Architekten Max Hasak als eigentlichen Schöpfer, was jedoch nicht mit Dokumenten belegt werden kann. (Bei der Zerstörung des Gebäudes zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde auch das auf dem Dachboden untergebrachte Archiv vollständig vernichtet. Üblicherweise sind die wichtigsten Angaben auch in der Kassette bei der Grundsteinlegung enthalten – gegenwärtig kann darauf aber nicht zurückgegriffen werden.)

Bis zum 11. November 1898 wurde das Gebäude fertiggestellt und in einem feierlichen Akt auf Kosten der Gemeindekasse eingeweiht. Das Vorbereitungsprotokoll berichtet von einem „Festessen mit Musik, das im Sitzungssaal des Hauses stattfinden soll (oder bei starker Beteiligung in dem Schwarzschen Etablissement), dem Erlass von Einladungen und der Anfertigung von Listen für die Teilnehmer.“

An Gesamtkosten sind für den Rathausbau 396.664,89 Mark entstanden. Bereits in den Jahren 1907–1909 erfolgten erste Umbauarbeiten und eine bauliche Erweiterung „auf der Schulzenwiese an der Rathausstraße“, die sich vor allem durch die Verleihung der Stadtrechte an Lichtenberg ergaben. Für diese Arbeiten hatte die Gemeindeverwaltung 1906 300.000 Mark und 1907 noch einmal 1 Million Mark bewilligt. Gleichzeitig wurden die „Restaurationsräume“ des Ratskellers für 4000 Mark umgebaut, neues Mobiliar für den großen Sitzungssaal angeschafft und eine elektrische Beleuchtung und Belüftung installiert (Kosten zusammen noch einmal 10.000 Mark).

Details zum Rathausgebäude

Das heute unter Denkmalschutz stehende Rathausgebäude ist ein dreigeschossiger Bau mit Walmdach, im Haupteingangsbereich viergeschossig mit einem Staffelgiebel. Auf diesem Ziergiebel sitzt ein viereckiges Türmchen, bekrönt mit einer verkupferten Laterne mit Spitzhelm. Lange Jahre schmückte ein metallener Adler die Spitze der Laterne, der jedoch irgendwann herabstürzte und bis Ende 2012 im Heimatmuseum Lichtenberg ausgestellt war. Seit Januar 2013 ist der kupferne Greif in das Rathaus zurückgekommen. Aus Sicherheitsgründen setzte man ihn nicht wieder auf die Turmspitze, sondern er fand einen Platz in einer Glasvitrine vor dem großen Ratssaal.

Mehrfache Umbauten führten zu deutlichen Änderungen im Inneren. Im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges war das Rathausgebäude stark zerstört, sodass es „als Stätte der Verwaltung vor der Hand nicht in Frage kam.“ Bald jedoch begann wieder eine Teilnutzung und bis zum Jahre 1959 wurden einzelne Gebäudeteile schrittweise erneuert. Um 1963, 1981–1984 und 2006–2007 erfolgten Instandsetzungen oder umfassende Renovierungsarbeiten. Für die denkmalgerechten Arbeiten der Jahre 2006–2007 wurden 270.000 Euro ausgegeben.

Grundriss

Der Architekt des Hauses plante ein spitzwinkliges Gebäude in märkischer Backsteinbauweise mit einem abgeschrägten Eingangsbereich in der Mitte. Die beiden Seitenflügel sind rückwärtig durch einen viertelkreisförmigen Trakt verbunden und bilden damit einen größeren ruhigen Innenhof. In der Aufsicht entsteht für das Gebäudeensemble somit ein Kreissegment mit abgeschnittener Spitze.

Fassade

Der Bau fällt durch wohlverteilte Ziergiebel, Risalite, Rundbogenfenster, Balkone, Gesimse, Verblendwerke und durch akzentuiert gesetzte Schmuckornamente auf. Zur Möllendorffstraße hin findet der Betrachter zum Beispiel jeweils ein Wappenfeld aus Mosaik mit Darstellungen des Brandenburgischen Adlers und des Lichtenberger Wappens, zur Rathausstraße hin des Brandenburgischen und des Preußischen (schwarzen) Adlers. Das Mosaik des Märkischen (Brandenburgischen) Adlers wurde im Herbst 2012 fachgerecht restauriert, nachdem bei zuvor ausgeführten Arbeiten am Dach festgestellt worden war, dass einzelne Steinchen locker waren. Diese Hoheitszeichen wie auch das farbige Zifferblatt der Rathausuhr fertigte die Firma Puhl & Wagner. Zur farblichen Gestaltung wurden vor allem die roten Backsteine im Kontrast mit grün glasierten Formsteinen und mit weißen oder ockerfarbenen Putzfeldern eingesetzt.

Eingangsbereich

Das Eingangsportal ist durch schmiedeeiserne Gitter verziert, die der Kunstschmied Erich Retzdorf 1937 gestaltete. (Ein eingearbeitetes Hakenkreuz im Gitter über der Tür wurde später (fast) unkenntlich gemacht.) Eine zehnstufige Granittreppe führt den Besucher des Hauses in das Foyer. Kreuzgratgewölbe und Gurtbögen überwölben den Eingangsbereich. In den Bogenfeldern links und rechts neben der Treppe zeigen in Backstein und Glasurstein gefasste gemalte Medaillons symbolische Darstellungen von Handel, Gewerbe, Landwirtschaft und Verkehr sowie Allegorien der Einigkeit und der Gerechtigkeit – das sollte die Wirtschaftsgrundlagen und die Bürgertugenden in der neuen Stadt Lichtenberg symbolisieren.

Der hölzerne Handlauf der Treppe endet jeweils in einem großen geschnitzten Löwenkopf. Hofseitig befinden sich drei Nebeneingänge. Bis zum ersten Umbau gab es von den beiden Straßenseiten noch je einen Eingang, die in das Erdgeschoss führten und somit sowohl die Fluchtmöglichkeiten als auch die unabhängige Zugängigkeit einzelner Dienstbereiche ermöglichten. Die Eingänge sind von außen zugemauert, im Inneren noch an Mauerbögen über den Zimmertüren erkennbar.

Foyer, Treppen und Flure

Die Vorhalle empfängt die Besucher mit einer Stuckdecke in Holzmaserung und auf dem Antrittspfosten der Haupttreppe mit einem hölzernen sitzenden Löwen, der das Lichtenberger Wappen trägt. Drei Treppenhäuser verbinden die Geschosse miteinander: eine mit geschnitzten Balustern verzierte und mit farbigen Glasfenstern gestaltete Haupttreppe im Barockstil und zwei jeweils an den inneren Gebäudeecken eingearbeitete einfachere Treppen mit Holz- bzw. Metallgeländern. Die Farbglasfenster zeigen auf dem ersten Absatz das 1914 gestaltete alte Lichtenberger Wappen mit Getreidegarbe, Zahnrad und einer dörflichen Idylle mit einem Berg. Auf dem zweiten Absatz ist das in der DDR-Zeit gestaltete Farbglasfenster mit symbolhaften Darstellungen für das neue Lichtenberg (Friedenstaube, Fahnen, Fabriken, Häuser) eingesetzt. Das Haupttreppenhaus endet in einer Kassettendecke, die nach Meinung von Kunstfachleuten nicht unbedingt zum barocken Geländer und der Neogotik des Hauses passt.

Die Flure, die zum Innenhof des Gebäudes liegen, sind mit Rundbögen abgestützt und mit farbig gefassten Netzrippen gestaltet. Die Türen sind in rundbogigen Nischen mit reliefartigen Jugendstil-Verzierungen eingearbeitet. Fantasiewappen schmücken die Gangecken. Die Böden sind schachbrettartig gefliest. Im zweiten Stock sind die Bodenfliesen so angeordnet, dass die frühere Galerie des großen Sitzungssaales noch erkennbar ist.

Im Jahre 2005 wurde das Gebäude von der Hofseite mit einem Fahrstuhl erweitert, somit ist der Zugang nun bequem und barrierefrei.

Räumlichkeiten und ihre Nutzung

Wie in jedem Rathaus gehört ein großer Sitzungssaal zur wichtigsten Ausstattung. Dieser befindet sich in der ersten Etage und wird durch ein Sandsteinportal mit dem historischen Lichtenberger Wappen betreten. Bei den Wiederherstellungsarbeiten in den 1950er Jahren wurde der zuerst über zwei Etagen reichende Ratssaal durch eine Zwischendecke geteilt. An der Außenfassade ist der Saal durch die großen Fensterbögen mit den medaillonartigen Oberlichtern zu erkennen. Ursprünglich besaß der Raum eine hohe Wandtäfelung, galerieartige Loggien im Obergeschoss und ein farbiges Sternengewölbe.

Die Arbeitsräume für den Bürgermeister liegen neben dem Sitzungssaal zur Möllendorffstraße hinaus. Ein großer dunkelgetönter, mehrtüriger Schrank mit schönem Schnitzwerk aus Eichenholz und ein passender Schreibtisch, die der erste Bürgermeister Oskar Ziethen anfertigen ließ und die lange Zeit benutzt wurden, befinden sich seit der Einrichtung des Heimatmuseums Lichtenberg im Leseraum des dortigen Archivs.

Der früher als Trausaal genutzte Raum befand sich in der ersten Etage neben dem Sitzungssaal. Im Rathaus gibt es seit dem letzten Umbau die normalen Arbeitsräume zur Erledigung aller Personenstandsangelegenheiten und das Eheschließungszimmer mit Stuckelementen und hölzernen Wandverkleidungen im Erdgeschoss. Vom 11. Mai 1986 bis zum 12. April 2006 war das Standesamt in einer alten Fabrikantenvilla im Fennpfuhlpark untergebracht. Seit Februar 2008 können in dieser renovierten Villa oder direkt im Rathaus Hochzeiten durchgeführt werden.

Die früher in Rathausgebäuden vorgesehenen Ratskeller beherbergten fast immer eine Gastwirtschaft. Auch der Gewölbekeller des Lichtenberger Rathauses diente bis etwa 2004 diesem Zweck, danach wurde er zu neuen Nutzungen ausgeschrieben. Nach vollständiger Renovierung und teilweiser Deckenabhängung zog die Rathausgalerie ein und wird als Zentrum für Kunst und Kultur, insbesondere für Ausstellungen, genutzt. Bis auf eine Säule ist von der früheren Gewölbeatmosphäre nichts mehr erkennbar.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren im Rathaus Büro- und Kassenräume, Dienstzimmer, Dienstwohnungen für Mitglieder des Gemeindevorstands, Gendarmerieposten, Feuerwehr, Standesamt und das Königliche Katasteramt untergebracht. Nach 1920 werden folgende (ausgewählte) Nutzungsarten für das Gebäude angegeben: Nachrichtenstelle, Büro der Bezirksversammlung, Personalverwaltung, Marktbüro, Steuerkasse, Park- und Friedhofsverwaltung. Bereits ausgelagert wurden die Schulverwaltung, das Volksbildungsamt, das Wohnungsamt, Bezirkssteuer- und Wahlamt. Die nicht mehr aufgeführten Dienststellen wurden in anderen Gebäuden untergebracht.



Text: Wikipedia

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