Stadtbibliothek (Lübeck)

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Stadtbibliothek in Lübeck (offizieller Name: Bibliothek der Hansestadt Lübeck) ist eine öffentliche und wissenschaftliche Bibliothek, als letztere auch Schwerpunktbibliothek für Musik des Landes Schleswig-Holstein. Sie ist nach eigenen Angaben die reichste Altbestandsbibliothek Schleswig-Holsteins.


Geschichte

Die Gründung geht auf eine Anregung des Reformators Johannes Bugenhagen in seiner Kirchenordnung von 1531 zurück, die allerdings erst ab 1616 durch den Bürgermeister Alexander Lüneburg und den Ratsherrn Jürgen Pavels gemeinsam mit dem Superintendenten Georg Stampelius und dem Rektor des Katharineums Johann Kirchmann aufgegriffen wurde. Die in der Stadt verstreuten Bestände, etwa der Ratsbibliothek und der Bibliotheken der Kirchen und ehemaligen Klöster (mit Ausnahme des Doms), wurden in Räumen des ehemaligen Katharinenklosters zusammengefasst, die durch die Katharinenkirche zugänglich waren, und ab 1619 der allgemeinen Öffentlichkeit im dazu mit einer eichenen Regalanlage versehenen Dormitorium des ehemaligen Klosters zugänglich gemacht. Die 61 geschnitzten Wappen und Namensinschriften aus Rat, Geistlichkeit und Schule zeigen, dass die Bibliothek eine gemeinsame Sache der weltlichen und geistlichen Stadt-Obrigkeit war.


Die 1616 übernommenen Bestände

Allein die Geschichte der von der Stadtbibliothek übernommenen Bestände der Ratsbibliothek reicht zurück in die Zeit des Spätmittelalters. Sie besteht zur Hälfte aus der umfangreichen Bibliothek des Lübecker Ratssyndikus Simon Batz (1420-1464), die der Lübecker Rat bei dessen Tod gegen Zahlung eines Betrages von 300 Rheinischen Gulden übernahm.


Die Erweiterung der Bestände nach Gründung der Bibliothek

1624 erhielt die Bibliothek zwei große Globen des niederländischen Kartographen Willem Blaeu und 1668 zwei darauf bezogene programmatische Gemälde Der alte Gelehrte und Der junge Gelehrte der Brüder Johann Zacharias und Gottfried Kniller (heute im St. Annen-Museum). Die Bibliothek erfreute sich von Anfang an einer Vielzahl von Zustiftungen von privater Hand und zählte 1754 bereits über 9.000 Bände. Besonders große Erweiterungen erfuhr sie 1648 durch die vom Rat angekaufte Nachlass-Bibliothek des Universalgelehrten Joachim Morsius und 1692 durch das Dornesche Legat des Ratsherrn Konrad von Dorne. 1756 erhielt die Bibliothek das Pflichtexemplar-Recht für alle in Lübeck veröffentlichten Werke. Durch das Vermächtnis des Predigers an St. Aegidien Heinrich Scharbau erhielt die Stadtbibliothek 1759 neben einem Stiftungskapital von 16.000 Mark auch 6.000 weitere Bände seiner Privatbibliothek. Diese wurden in einem eigenen Raum (dem ehemaligen Sitzungssaal des Konsistoriums) neben dem Bibliotheksgründungssaal, der Scharbau zu Ehren den Namen Scharbausaal erhielt, aufgestellt.


Die Stadtbibliothek im 19. Jahrhundert

Nach der Säkularisierung des Domkapitels wurde 1804 auch die Dom-Bibliothek (130 Handschriften und 500 Drucke) in die Stadtbibliothek eingegliedert. Zwei Jahre später wurde die an das Waisenhaus übergegangene Bibliothek des Michaeliskonvents der Schwestern vom Gemeinsamen Leben (Beginen) in die Stadtbibliothek eingegliedert, die damit einen einzigartigen Schatz an mittelniederdeutschen Handschriften aus dem 15. Jahrhundert erhielt. 1817 wurden die Bestände durch die Stiftung von weiteren 6.000 Bänden der Privatbibliothek des Dompropstes Johann Carl Heinrich Dreyer (1723-1802) ergänzt. Seither dürfte die Schwerpunktbildung für Deutsche und Lübecker Geschichte sowie die Deutsche Rechtsgeschichte anerkannt sein. 1821 umfasste der Bibliotheksbestand bereits etwa 35.000 Bände. Um 1830 erstellte Ernst Deecke den ersten Inkunabel-Katalog der Bibliothek und bereitete so den Weg für die Mittelalterforschung in den Beständen.

Bis 1903 oblag die Aufsicht über die Bibliothek nebenamtlich einem Lehrer des Katharineums. In diesem Jahr wurde Carl Curtius (1841-1922), der die Bibliothek seit 1879 in Personalunion mit der "dritten Professur" am Katharineum geleitet hatte, von seinen Lehrverpflichtungen an der Schule freigestellt. Curtius hob die im Scharbau-Testament von 1759 begründete Trennung der Bestände in Scharbauische Bibliothek (Bibliotheca Scharbovia) und Stadtbibliothek (Bibliotheca Publica) auf. Dies machte erstmals eine umfangreiche Neuaufstellung und Katalogisierung möglich, die am Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte.

1879 entstand neben der sich zur Archivbibliothek entwickelnden Stadtbibliothek eine Volksbibliothek, zunächst als Verein innerhalb der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, dann als eigenständige Öffentliche Bücherei mit mehreren Zweigstellen in den Stadtteilen.


Zeitgeschichte

Einen Rückschlag erlitt die Lübecker Bibliothek, die schon überregionale Bedeutung vergleichbar einer Staatsbibliothek besaß, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Der Direktor Willy Pieth wurde am 1. Juli 1933 entlassen. Berufsbibliothekar wurde ein NS-Parteimitglied, und das Interesse der Nazis bestand auf der Aussonderung „gefährdender“ Schriften und Autoren. Nach dem Luftangriff der Engländer 1942 auf die Lübecker Altstadt wurden die wichtigsten Bestände (28.000 Bände) in den Stollen Plömnitz (Gemeinde Preußlitz, Salzlandkreis) in Sachsen-Anhalt ausgelagert, von wo aus sie später als Beutekunst in die Sowjetunion gelangten und auf Teilrepubliken verteilt wurden. Bis heute sind davon, vor allem aus Armenien und Georgien, 7.718 Bände zurückgekehrt, während bei anderen die Rückgabe offen ist.

Nach dem Krieg hatte die Bibliothek einige Schwierigkeiten, ihre dezimierten Bestände wiederaufzubauen. Nach intensiver Diskussion wurde 1971 die Zusammenlegung von wissenschaftlicher Stadtbibliothek und Öffentlicher Bücherei zu einer Institution nach dem Vorbild der englischen Public Library beschlossen. 1979 wurde dafür ein weiterer Neubau fertiggestellt, und die Bibliothek stand allen offen. Teilkontingente der Auslagerungsbestände aus den GUS-Staaten kehrten zurück und die Musikabteilung (teilweise in Zusammenarbeit mit der Musikhochschule Lübeck) entwickelte ein umfangreiches Programm zur Veröffentlichung und Aufführung von Musik aus ihrem reichhaltigen Bestand.

2007 übernahm Bernd Hatscher die Leitung der Stadtbibliothek von Dr. Jörg Fligge.

Heutiger Schwerpunkt ist die Ausrichtung auf den Bildungsauftrag beispielsweise durch die Einführung eines Spiralcurriculums (stufenweise Lernangebote für Vorschule und Schule) oder Angebot von schulorientierten Unterrichtsmöglichkeiten. Dabei sind auch Medienpräsentation und Aufenthaltsqualität in den nächsten Jahren allmählich zu verbessern.



Text: Wikipedia

Liste der Autoren

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.