Universität Straßburg

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Siegelmarke der Kaiser Wilhelms Universität

Die Universität Straßburg (französisch Université de Strasbourg) ist die Universität der Stadt Straßburg im Elsass. Im Jahre 2009 zählte sie 42.000 Studenten.

Geschichte

Alte Universität

Gymnasium

In Straßburg hatte die lutherische Reformation schon frühzeitig Anhänger gefunden.[1] Straßburg war ein Zentrum des Buchdrucks und die Drucker standen den neuen Ideen aufgeschlossen gegenüber und trugen zu ihrer Verbreitung bei. 1529 schaffte der Rat der Stadt die Heilige Messe endgültig ab und 1530 bekannte sich die Stadt auf dem Reichstag zu Augsburg zum neuen Glauben in der Form des „Vierstädte-Bekenntnisses“. Eine andere geistige Strömung, die in Straßburg und am Oberrhein Fuß gefasst hatte, war der von Italien ausgehende Humanismus, der eine Wiederentdeckung antiker Traditionen und Werke mit sich brachte. Im nahen Schlettstadt bestand schon seit Jahren eine bedeutende Humanistenschule, die vor allem durch Jakob Wimpfeling geprägt war. Von 1514 bis 1529 lebte und wirkte Erasmus von Rotterdam im nicht weit entfernten Basel. Vertreter beider Geistesströmungen – Reformatoren und Humanisten – legten großen Wert auf Bildung. Die Reformatoren hoben die Bedeutung der indviduellen Bibellektüre und Schriftauslegung hervor, und die Humanisten versuchten, die Schriften antiker, vorchristlicher Autoren publik zu machen. In vielen lutherisch gewordenen Territorien nahm das allgemeine Schulwesen einen großen Aufschwung.

Auch in Straßburg fühlte man die Notwendigkeit, eine Schule zur höheren Bildung einzurichten. Seit dem Jahr 1528 gab es in der Stadt drei höhere Schulen, die von Alt St. Peter, mit den Unterrichtsfächern Griechisch, Latein, Musik und Religion, die im Karmelitenkonvent und die im Dominikanerkloster. Im höchsten Ansehen stand die letztgenannte, weil hier auch öffentliche Lektionen in Latein, Griechisch und Hebräisch stattfanden.[2] Der Stadtrat Jakob Sturm von Sturmeck und der Reformator Martin Bucer gründeten Anfang der 1530er Jahre eine höhere theologische Schule, die durch zahlreiche Zuwendungen und Stiftungen aus dem süddeutschen Raum finanziert wurde. An der Schule lehrten unter anderen Martin Bucer, Wolfgang Capito und Caspar Hedio. Da die drei oben genannten Schulen nicht immer die angestrebte Ausbildungsqualität gewährleisten konnten wurde im Jahr 1536 mit dem Einverständnis der drei Schulleiter (Scholarchen) Jakob Sturm von Sturmeck, Nicolaus Kniebs und Jacob Meier der Plan gefasst, die höheren Schulen von Straßburg zu einer gemeinsamen Institution, einem Gymnasium zusammenzuführen. Zum Rektor des künftigen Gymnasiums wurde Johannes Sturm erwählt, der darauf 1536, von der Universität Paris kommend in Straßburg eintraf. Im folgenden Jahr wurde über den künftigen Lehrplan der Schule beraten. In einer kleinen Schrift De litterarum ludis recte aperiendis („Über die rechte Eröffnung der Schulen“) legte Sturm seine Vorstellungen im Februar 1538 dar und der Rat der Stadt ermächtigte am 7. März 1538 die Scholarchen, die Schule nach diesen Vorstellungen einzurichten. Als Schulgebäude wurde das verlassene Dominikanerkloster (später: Kollegium zu St. Wilhelm, Collegium Wilhelmitanum) bestimmt und die offizielle Eröffnung der Schule erfolgte am 22. März 1538.[2] Den Kern der Lehrerschaft bildeten die Kanoniker von St. Thomas, wodurch die Schule von Anfang an einen konfessionellen (lutherischen) Charakter erhielt. Der Lehrplan sah im ersten Abschnitt (meist 10 Jahre) Unterricht in Grammatik, Rhetorik und Dialektik vor (das klassische Trivium). In zweiten Abschnitt (vier Jahre) folgten als Fächer Griechisch, Hebräisch, Logik, Ethik, Mathematik, Physik, Geschichte, Jurisprudenz, Theologie und Musik.[2]

Der Rektor Sturm kümmerte sich mit großer Sorgfalt um die Ausbildung seiner Schüler. Jedoch zeigte sich von Anbeginn an, dass insbesondere die Schulklassen des zweiten Lehrabschnitts, die von Sturm als besonders wertvoll geschätzt wurden, an einem chronischen Mangel an Schülern litten. Viele Schüler zogen es vor, anstelle des Besuchs dieser Schulklassen, lieber gleich in eine andere Stadt auf eine Universität zu gehen um dort einen echten akademischen Grad (z. B. Magister) zu erwerben. Im Rückblick beklagte sich Sturm 1566 „... dass die Schul nicht, wie uff Universitäten, die gerechtigkeit hatt, wie mans nennt, Studenten, Bacealaureos und Magistros zu machen, und solche gradus allererst uff andern hochen Schulen erholen und zuweg bringen“ müssen.[3].

Akademie

Die führenden Lehrer des Gymnasiums stellten 1566 einen Antrag an die Stadt, die Schule nach Schulklassen aufzutrennen. Die ersten 8 Klassen sollten weiter als Partikularschule existieren. Die Absolventen der oberen Klassen sollten dagegen nicht mehr „Schüler“, sondern „Studenten“ genannt werden und nach dem erfolgreichen Abschluss die Grade eines Bakkalaureus und Magisters erwerben. Sturm hatte ursprünglich die Umwandlung der oberen Schulklassen in eine Volluniversität angestrebt, konnte sich hier aber nicht gegen die anderen Lehrer durchsetzen, so dass man sich auf die Einrichtung einer Akademie einigte. Auf dem Reichstag in Augsburg 1566 stellten die Vertreter der Stadt Straßburg einen Antrag auf die Erteilung eines kaiserlichen Privilegs zur Gründung einer Akademie. Nach Verhandlungen mit dem kaiserlichen Vizekanzler Ulrich Zasius und Zahlung einer Gebühr von 500 Gulden setzte Kaiser Maximilian II. am 1. Juni 1566 seine Unterschrift unter die entsprechende Urkunde.[2] Sturm legte in einem Memorandum genau seine Vorstellungen über die einzelnen Akademieämter dar. Über die Position des Rektors schrieb er:

„Es soll aber der Rector ein solcher man sein, der mit usswendiger fürtrefflicher lher und erfahrung der Sprachen, auch mit ernst und gravitet doch mit freundlichkeit nicht allein bei den Schülern, sondern auch bei den professoribus seine autoritet künne erhalten, und der nicht zugebe das einige barbaries durch böse gewonheitt und unduchtige Bucher in die schul einreisse, das nicht Aristoteles, Plato, Cicero, Demosthenes als die rechten ursprung und brunnen der Philosophen und wohlredenheit in die winkel geworffen und dagegen die newen gestimpelten und zusammengeraspelten Epitomici und newe scriptores hefurgezogen werden.“

– Johannes Sturm: Memorandum nach Gründung der Akademie 1566[2]

Im Gegensatz zu den Vorstellungen Sturms blieb die neue Akademie allerdings immer noch mit den unteren Klassen des Gymnasiums organisatorisch verbunden.

Das Lehrjahr dauerte von Juni bis Mai, unterbrochen durch die Weinleseferien (Feriae vindemiales) im Oktober. Im April jeden Jahres fanden akademische Titelverleihungen (Baccalaureaten und Magister der Philosophie und freien Künste) statt.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Akademie von den Streitigkeiten um die lutherische Orthodoxie erfasst. Ab 1578 kam es zum Streit um die Konkordienformel. Der Akademie-Rektor Sturm hing weiterhin dem offeneren Bekenntnis nach der Prägung Martin Bucers an, während der Theologe Johannes Marbach einen lutherisch-orthodoxen Standpunkt einnahm. Marbach wurde in dem Streit durch Johannes Pappus unterstützt. Der Streit nahm zusehends persönliche Züge an und schließlich erreichten die Gegner Sturms, dass dieser von seinem Rektorenamt abgesetzt wurde. Sturm strengte daraufhin einen Prozess vor dem Hofgericht zu Speyer an, konnte aber bis zu seinem Tod 1589 nicht seine Wiedereinsetzung erreichen. Zum Nachfolger Sturms im Rektorenamt wurde Melchior Junius gewählt.[2]

Für die Akademie zeigte sich zunehmend das Problem, an dem auch schon ihr Vorgänger, das Gymnasium gelitten hatte. Viele Studenten der Akademie wechselten in andere Universitätsstädte um an den dortigen Universitäten eine Promotion zum Doktor der Theologie, Jurisprudenz oder Medizin durchzuführen, was an der Akademie nicht möglich war. Schließlich folgte der Rat der Stadt einer Bitte der Akademie-Professoren und reichte auf dem Reichstag zu Regensburg 1594 das Gesuch ein, dass die Akademie künftig das volle Promotionsrecht erhalten solle. Der streng römisch-katholische Kaiser Rudolph II. gewährte dieses Privileg teilweise auch, schloss dabei jedoch die lutherisch-theologische Fakultät davon aus. Aus Protest beschlossen die anderen Fakultäten, nicht von den ihnen neu gewährten Rechten Gebrauch zu machen. Nach längeren Verhandlungen erreichte die Stadt, dass Kaiser Ferdinand II. am 5. Februar 1621 das Privileg gewährte, die Akademie in eine Volluniversität umzuwandeln. Das Privileg war Teil eines größeren Verhandlungspakets, in dessen Rahmen sich die Stadt Straßburg zur Zahlung einer größeren Geldsumme, sowie zum Austritt aus der Protestantischen Union und zur Beendung der Unterstützung Friedrichs V. von der Pfalz verpflichtete. Im Gegenzug sagte Ferdinand zu, dass er die Privilegien Straßburgs erhalten und die Stadt nicht durch Garnisionen oder Truppendurchzüge beschweren werde. In einem feierlichen Akt in Anwesenheit von zahlreichen Gästen wurde die Universitätsgründung am 14. August 1621 offiziell begangen.

Universität

Ab 1621 hatte Straßburg eine Volluniversität. Im Frieden von Münster 1648 nach dem Dreißigjährigen Krieg kamen Teile des Elsass unter französische Herrschaft. 1681 sah sich auch Straßburg gezwungen, sich den französischen Armeen zu ergeben. König Ludwig XIV. sicherte den Elsässern erhebliche Privilegien zu. Nicht nur durften sie ungehindert die deutsche Sprache verwenden, sondern sie erhielten auch Religionsfreiheit – und dies zu einer Zeit, als in Zentralfrankreich die Hugenotten heftig verfolgt und drangsaliert wurden. Letztlich wurde das Elsass wie eine Art deutsche Provinz des Königs von Frankreich behandelt. Die Stadt Straßburg erhielt ihre Privilegien weitgehend garantiert und die Verfassung der Universität blieb unangetastet. Die Studenten kamen weiterhin ganz überwiegend aus dem Reich. Einer der prominentesten war Johann Wolfgang von Goethe, der hier 1770/71 Rechtswissenschaft studierte, nachdem sein Vater befunden hatte, dass er in Leipzig zu viel Zeit in Auerbachs Keller verbrachte. Insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm aber der kulturelle französische Einfuss in Straßburg und die katholische Einwohnerschaft in Straßburg allmählich zu. Im Jahr 1761 hatte die Universität 14 Ordinariate, je 3 für Theologie, Jurisprudenz und Medizin, sowie 5 für Philosophie. Bedeutende Universitätsleher im 18. Jahrhundert waren der Historiker Johann Daniel Schöpflin und der Staatsrechtslehrer Christoph Wilhelm Koch. 1773 wurde die Universitätssternwarte eröffnet.

Die Vorlesungen fanden vor der Französischen Revolution noch in deutscher Sprache statt – und natürlich in lateinischer.

Von der Französischen Revolution bis 1871

Georg Büchner begann hier 1831 sein Medizinstudium (und beendete es dort nach der Flucht aus Hessen-Darmstadt infolge der Beschlagnahme des „Hessischen Landboten“). Zu dieser Zeit, nach Revolution, napoleonischer und Restaurationszeit, waren insbesondere die Naturwissenschaften vollkommen in französischer Hand. Allenfalls in Theologie und Geisteswissenschaften blieb noch ein („alt-“)elsässischer und damit deutscher Einfluss.

Kaiser-Wilhelms-Universität

1871, nach der Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg und der Abtretung des Elsass im Frieden von Frankfurt, wurde sie am 1. Mai 1872 als deutsche Universität[5] im Deutschen Reich neu gegründet und erhielt ihren Namen erst anlässlich ihres fünfjährigen Stiftungsfestes. Ein großer Teil der Bildungs-, Wirtschafts- und Verwaltungselite der Region verließ das Elsass, um in Frankreich zu bleiben, so dass viele Bereiche des öffentlichen Lebens, und somit auch die Universität, von Grund auf mit Material und Zuzug aus dem „Altreich“ neu organisiert werden mussten – und konnten. Bei der Belagerung und deutschen Bombardierung Straßburgs – der Stadt des Buchdrucks – war die städtische Bibliothek in der ehemaligen Dominikanerkirche getroffen worden und somit eine der größten und ältesten humanistischen Bibliotheken des gesamten Kontinents verbrannt. Diesen Verlust wollte man mit Buchspenden aus dem ganzen (neu gegründeten) Reich ausgleichen; allein das Preußische Staatsarchiv Königsberg überließ der Bibliothek 70.000 Dubletten. Das führte dazu, dass die Bibliothek der Universität (BNUS – Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg) heute noch eine der größten und bestbestückten deutschsprachigen Bibliotheken ist.

Nach dem Waffenstillstand von Compiègne am 11. November 1918 besetzte französisches Militär Ende November Straßburg; Anfang Dezember untersagten französische Behörden den Universitätsbetrieb.[6] Die 1872 deutschen Mitarbeiter und Professoren mussten die Kaiser-Wilhelm-Universität verlassen, der Pharmakologe Oskar Schmiedeberg blieb als letzter bis zum Jahresende 1918. Insgesamt rund 200.000 Deutsche waren von dieser Umsiedelung im Elsass betroffen. In Deutschland wurde die Tradition der Universität Straßburg von der Universität Frankfurt am Main fortgeführt. Siehe auch: Liste der Studentenverbindungen in Straßburg und Liste der Rektoren der Universität Straßburg

Französische Universität

Am 22. November 1919, nach dem Ersten Weltkrieg und dem Versailler Vertrag, mit dem das Elsass und Straßburg wieder Teil Frankreichs geworden waren, nahm die französische "Université de Strasbourg" den Betrieb offiziell auf.[8] Der Lehrbetrieb wurde nunmehr vollständig auf Französisch umgestellt. Um Lucien Febvre und Marc Bloch entstand in dieser Zeit in Straßburg die Annales-Schule der Geschichtswissenschaft.

Sie wurde nach Kriegsausbruch Anfang September 1939 nach Clermont-Ferrand evakuiert und dort mit Lehr- und Forschungsbetrieb unter gleichem Namen weitergeführt.[9]

Reichsuniversität Straßburg

Nach dem Waffenstillstand zwischen Frankreich und Deutschland im Juni 1940 und der Besetzung des Elsass sowie von Teilen Frankreichs durch deutsche Truppen und Sicherheitskräfte wurde eine Zivilverwaltung für das Elsass eingerichtet. Der Chef der Zivilverwaltung im Elsass, Robert Wagner, der zugleich auch als Reichsstatthalter für Baden agierte, ließ schon ab Juli 1940 Entwürfe und Planungen zur Gründung einer Universität in Straßburg erstellen.[10] Eröffnet wurde die Reichsuniversität Straßburg mit einem Festakt am (Sonntag) 23. November 1941 im Lichthof des Universitätshauptgebäudes. Französisches wie amerikanisches Militär rückten am 23. November 1944 in Straßburg ein, wobei die Universitätsangehörigen größtenteils flüchteten und damit der Universitätsbetrieb endgültig zum Erliegen kam. Offiziell wurde die Reichsuniversität erst am 18. Dezember 1944 auf Anordnung des Reichwissenschaftsministerium nach Tübingen verlegt.[11]

Heute

Nach 1945 kehrten die französischen Abteilungen der Universität nach Straßburg zurück.

Die Universität Straßburg ist in der Europäischen Konföderation der Universitäten am Oberrhein (EUCOR) mit der Universität Karlsruhe, der Universität Basel, der Universität des Oberelsass und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg verbunden.[12] Sie verfügt wegen der kirchenrechtlichen Sonderstellung vom ehemaligen Reichsland Elsass-Lothringen als einzige in Frankreich über zwei staatlich finanzierte theologische Fakultäten (Katholizismus und Protestantismus).

In den 1970er Jahren wurde die Universität Straßburg dreigeteilt:

Université Louis Pasteur – Naturwissenschaften

Université Marc Bloch – Sprachen und Geisteswissenschaften

Université Robert Schuman – Recht, Politik- und Sozialwissenschaften

Die Universität Straßburg wurde am 1. Januar 2009 wiedergegründet als Vereinigung der Universität Louis Pasteur, der Universität Marc Bloch, der Universität Robert Schuman und des Institut universitaire de la formation des maîtres (IUFM) Straßburg. Erster Präsident nach der Wiedervereinigung wurde der Pharmakologe Alain Beretz, vormaliger Leiter der Université Louis Pasteur. Anfang 2009 zählte die Université unique de Strasbourg (Unistra) 42.000 Studenten und 5.200 Angestellte.

Siegelmarken

Verzeichnis der Siegelmarken mit einem Bezug zur Universität.

Text: Wikipedia

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