Waldheim
Waldheim ist eine Kleinstadt im Landkreis Mittelsachsen.
Reklamemarken und Siegelmarken
Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Waldheim.
Waldheimer Parfümerie- und Toilettenseifenfabrik A. H. A. Bergmann
Sonstige
Geschichte
Im Jahr 1198 wurde der Name Waldheim als „ein Ort an der Salzstraße von Halle nach Böhmen“ erstmals erwähnt. 1271 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung der Burg, die unter markmeißnischer Landesherrschaft stand. Im Jahre 1286 erhielt Waldheim das Stadtrecht. 1324 belehnte Markgraf Friedrich der Ernsthafte den Burggrafen Otto von Leisnig mit Waldheim und Zubehör. Seit 1364 war Waldheim im Besitz von Friedrich, Herr von Schönburg, der die Herrschaft Waldheim 1395 mit der Herrschaft Kriebstein vereinigte.[2] Im Jahr 1537 wurde die Reformation durch Elisabeth von Rochlitz eingeführt, zu deren Wittum die Herrschaft Kriebstein mit Waldheim gehörte. 1549 wurde das im Jahr 1405 gegründete Kloster aufgelöst. 1588 erwarb der sächsische Kurfürst Christian I. die Herrschaft Kriebstein mit Waldheim und integrierte sie ins Amt Rochlitz. Unter Kurfürst August dem Starken wurde das stark verfallene Schloss in ein Zucht-, Armen- und Waisenhaus umgewandelt. Das 1716 eröffnete Haus existiert bis in die Gegenwart als Justizvollzugsanstalt Waldheim.
Ab dem 25. April 1813 marschierte Napoléon Bonaparte von Erfurt durch das damalige Sachsen und am 25. Oktober 1813 zurück und von Erfurt nach Frankreich. Am 6. Mai 1813 rücke er mit seinen Truppen in Waldheim ein. In seinem Gefolge waren 15 Marschälle und Generäle, über 400 weitere Offiziere, fast 3.000 Unterführer, Mannschaften, Bedienstete und etwa 600 Pferde, diverse Kutschen, Wagen und Kanonen. Er übernachtete im Haus des Tuchmachers Riehle, das nach seiner Sanierung seit 2017 als Museum die städtische Sammlung von Arbeiten Georg Kolbes beherbergt.
Im Jahr 1852 eröffnete die Bahnstrecke Riesa–Chemnitz, an der Waldheim einen Bahnhof erhielt.
Waldheim wurde seit 1856 durch das Gerichtsamt Waldheim und seit 1875 durch die Amtshauptmannschaft Döbeln verwaltet. Vom 7. bis zum 9. Mai 1945 war Waldheim eine zwischen den Alliierten USA und Sowjetunion geteilte Stadt, bevor sie am 10. Mai 1945 vollständig an die Sowjetunion fiel und sich die Amerikaner zurückzogen. 1952 kam die Stadt zum Kreis Döbeln im Bezirk Leipzig, der 2008 im Landkreis Mittelsachsen aufging. Zu DDR-Zeiten betrieb der VEB Typodruck Oschatz im Ortsteil Massanei ein Kinderferienlager.
Wirtschaftsgeschichte
Ursprüngliche Haupterwerbsgebiete der Stadt waren Landwirtschaft, Webereien und Tuchmachereien. Die holzverarbeitende Industrie, die Schuhindustrie, die Seifen- und Kosmetikherstellung kamen, wie die Zigarrenfabrikation, erst im 19. Jahrhundert hinzu. 1827 soll der Leipziger Kaufmann Wilhelm Thost in der Waldheimer Strafanstalt die erste Zigarrenfabrik eingerichtet haben. Einige Jahre später kam als Teilhaber der Kommerzienrat Konrad Adolph Weißker (7. Juni 1810 – 23. Februar 1881) in die Firma, der ab 1838 – außerhalb der Anstalt – Arbeiter zur Herstellung von Zigarren anlernte. Somit war er der „Gründer der freien Zigarrenindustrie“. Den Rohtabak bezog man anfangs mit Pferdefuhrwerken aus der Pfalz. Adolph Weißker gilt – seit spätestens 1856 – auch als Gründer der Waldheimer Zigarren-Haus-Industrie, heute würde man es Heimarbeit nennen.
Auch die Firmen C. A. Döring (1848), C. F. Günther (1852) und Br. Fritsch (1854) gründeten sich infolge des wirtschaftlichen Engagements von Adolph Weißker, ebenso Firmen wie Altmann (1858 als Firma Riehle & Co. gegründet), Pause & Leonhardt (1878) oder Küchenmeister, deren Gründer auch bei Weißkers tätig gewesen waren. 1881, im Jahre seines Todes, beschäftigte die von Adolph Weißker begründete Zigarrenindustrie ein Fünftel aller Einwohner von Waldheim. Waldheims Zigarrenindustrie dehnte sich in ihrer Hochzeit auf Nachbarortschaften wie Hartha, Geringswalde, Mittweida, Döbeln, Frankenberg und ab Mitte der 1930er-Jahre nach Rochlitz aus. Ihr jähes Ende fand sie mit der staatlich angeordneten Gesamtverlagerung der Tabakproduktion von Zigarren nach Thüringen zum Ende der 1960er-Jahre.[3]
Der Waldheimer Apotheker Adolf Heinrich August Bergmann erfand die Zahnseife als Vorläuferin der Zahncreme. Dieses Zahnpflegemittel wurde anfänglich aus Seife hergestellt. Im Jahr 1852 gründete er eine kleine Seifenfabrik, 1889 wurde die Waldheimer Parfümerie und Toilettenseifenfabrik ins Handelsregister eingetragen, als einer der ersten Kosmetikbetriebe in Deutschland. Nach 50 Jahren des Bestehens konnte man auf ein Sortiment von etwa 800 Artikeln blicken. In Waldheim beschäftige die Gesellschaft zum 50. Firmenjubiläum 75 Mitarbeiter, und bis 1928 belieferte man fast ganz Europa, Nord-, Südamerika und Südafrika. Die Zahnreinigungsmittel blieben der Kern der Produktion während der und über die Weltwirtschaftskrise hinaus.
Wenngleich bereits 1920 der Name Florena vom Reichspatentamt in München als Marke registriert wurde, dauerte es noch viele Jahre, bis er als Creme eine breite Öffentlichkeit erreichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb volkseigen. Der Name wechselte zu „VEB Rosodont-Werk“ in Waldheim. Erst 1955 kam die erste Florena-Creme mit dem Slogan „Florena… ich fühl’ mich wohl in meiner Haut“ auf den Markt. 1989 änderte sich der Name der Gesellschaft in Florena Cosmetic GmbH. Die Marke blieb erfolgreich, Produkte wurden seit 1998 in über 35 Länder exportiert. Seit 2002 war Florena eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Beiersdorf AG, bis es 2012 zur Verschmelzung der Gesellschaften kam. Heute firmiert der Waldheimer Standort unter dem Namen „Beiersdorf Manufacturing Waldheim GmbH“.[4]
Das Blechspielzeug aus Waldheim stammt vom wohl ältesten Hersteller, der Firma „Rock & Graner“. Sie hatte ihren Sitz in Biberach an der Riß in Baden-Württemberg. Ihre Geburtsstunde erlebte die Unternehmung, als sie 1813 aus dem Handelshaus „Wißhack“ in Biberach an der Riß hervorging. Ihre Namensgeber waren Christoph Gottfried Rock, der bereits 1825 ausschied und sein Schwager Johann Wilhelm Graner. Ab 1826 führten die Brüder Julius und Heinrich Graner die Firma, die bereits 1837 über 100 Mitarbeiter beschäftigten und die Produkte wie Puppenstuben, Spardosen, Blechburgen, Kutschen, Kaleschen und Schiffe auf der Weltausstellung London 1851 präsentierten und damit große Aufmerksamkeit erregten. Zu Beginn des Jahres 1896 übernahm Oscar Egelhaaf das Unternehmen, dessen Firma in „Rock u. Graners Nachfolger“ geändert wurde. Die Produktion wurde um Eisenbahnen erweitert, die mit einem Uhrwerk oder Friktionsantrieb betrieben wurden,– wieder eine Neuheit, der noch einige weitere folgen sollten, von denen zum Beispiel die Fernsteuerung von Modelleisenbahnweichen als Gebrauchsmuster eingetragen wurde.
1904 wurde die Produktion jedoch eingestellt, kamen zu wenige Bestellungen und wurde die Handfertigung durch maschinelle Fertigungsmöglichkeiten abgelöst; Egelhaaf hatte die Entwicklung verpasst. Zuletzt wurde die Gesellschaft 1905 liquidiert, 1907 aus dem Handelsregister gelöscht. Teile der Einrichtung und der Werkzeuge des Unternehmens gingen aus der Liquidierung heraus an Georg Kühnrich über, der damit weiterhin Eisenbahnen und Autos mit Uhrwerk baute und unter dem Namen „Mech. Spielwaren“ vertrieb. Die Fabrik vergrößerte sich nach dem Ersten Weltkrieg und beschäftigte 250 Arbeiter. Man kann sagen, dass seine Spielzeugproduktion weltweit durch ihre Detailgenauigkeit und ihre stetige technische wie auch designerische Entwicklung beeindruckte, parallel dazu Waldheim als Standort weit über die Grenzen des damaligen Deutschlands hinaus bekannt machte, er maßgeblich dazu beitrug, die deutsche Blechspielzeugindustrie zu einem weltweiten Markenzeichen werden zu lassen. Dieser Unternehmer starb 1929 und mit ihm die Firmengeschichte. Jahre später standen die Produktionsstätten im Eigentum der Firma „Bellmann & Seifert“, die mit der Produktion des Blechspielzeugs nichts mehr zu tun hatte, aber die Spielzeugproduktion in Waldheim in anderer Weise beförderte, indem sie die Produktion des Spielzeuges BOB von Heinrich Huft für einige Jahre übernahm.[3]
Der Wahl-Waldheimer Heinrich Huft (11. Oktober 1889 in Kassel geboren, am 27. Juni 1960 in Innsbruck gestorben) entwickelte Anfang der 1950er Jahre das System „Bauen ohne Bindemittel“ (BOB), bei dem die Steine ohne Bindemittel zusammengehalten wurden, da er ihnen Noppen gab – eine Neuheit. Seine Idee war, aus Kalksteinmehl und Wasserglas Bausteine zu entwickeln, – erst einmal als Lehrmittel für die Bauberufe. Daraus entwickelte sich das berühmte Spielzeug für Kinder. Die Bausteine wurden im Verhältnis 1:7 hergestellt, in zwei verschiedenen Farben (Weiß und Rot) und in mehreren Größen produziert. Parallel dazu wurden auch Dachziegel aus PVC-Folie hergestellt, später aus Pappe. Um dem Ganzen nach unten hin Stabilität zu geben, wurde zum Bausatz eine Bodenplatte mitgeliefert. Zudem wurden Türen und Fenster aus farbiger Pappe gefertigt oder „Bogensteine“ für die Überbindung der Fenster.
Das von Heinrich Huft nach 1946 entwickelte Konzept fand viele Jahre in den auf Architektur und Bau spezialisierten Hochschulen der DDR gern Verwendung, war es in der Mangelwirtschaft ein probates Mittel, günstig zu Übungszwecken zu bauen. Es folgten eigene Produktionsstätten und der Siegeszug des Konzeptes als beliebtes Spielzeug. In Folge wurden die BOB-Steckbaukästen ebenso auf der Leipziger Messe, wie auf der Spielzeugmesse in Nürnberg gezeigt, anschließend über die DDR hinaus auch in die BRD und weitere Teile der Welt geliefert. Nach seinem Rückzug nach Westdeutschland übernahm ein Herr Döring die Geschäftsführung seines Betriebes in Waldheim. Nur drei Jahre später verstarb Heinrich Huft, die Firma wurde aufgelöst, die Produktion aber noch einige Jahre von der Firma „Bellmann und Seifert“ fortgeführt.[3]
Das Kurt-Schwabe-Institut für Mess- und Sensortechnik e.V. befindet sich auch in Waldheim und wurde von seinem Namensgeber (seit 1990) Kurt Schwabe (29. Mai 1905 – 4. Dezember 1983) 1944 unter dem Namen „Forschungsinstitut für chemische Technologie“ gegründet. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war das Institut Teil der heutigen „Kübler & Niethammer Papierfabrik Kriebstein AG“, in der Schwabe als Forschungsleiter tätig war.[3]
Ludwig Albert Julius Niethammer (29. September 1833 – 17. April 1908) pachtete mit seinem Schwager Friedrich Kübler (1833–1865) 1856 eine Öl-, Graupen-, Säge- und Papiermühle in Kriebstein. Schon 1860/61 bauten sie die erste Holzmassefabrik der Welt in Georgenthal bei Johanngeorgenstadt auf und führten damit den 1845 erfundenen Holzschliff in eine fabrikmäßige Produktion. 1867 erwarb man die erst einmal gepachtete Papierfabrik, errichtete 1883 eine weitere Holzschleiferei in Albertsthal bei Johanngeorgenstadt und kurz danach dann die Zellulosefabrik Gröditz bei Riesa. Die Anlagen in Kriebstein wurden stetig erweitert. Der Konzern umfasste 1880 bereits zehn Betriebe, die zusammen etwa 1.000 Angestellte hatten. Nach 1945 wurden die Werke jedoch enteignet, demontiert und nach Russland transportiert. 1953 erfolgte der Wiederaufbau auf Betreiben der damaligen Regierung der DDR. Seit dem 2. Juli 1990 firmiert die Gesellschaft unter dem alten Namen und ist im Eigentum der Nachfahren der früheren Eigentümer.[3]
Auch auf dem Gebiet der Möbelindustrie nahm Waldheim eine einmalige Position ein. Es war Friedrich August Ludwig (1819–1879), der als Begründer der Waldheimer Möbelindustrie gilt. Zu Beginn seiner Produktion wurden die hergestellten Stühle noch im „Hausierhandel“ vertrieben. Die Möglichkeiten der heutigen Justizvollzugsanstalt und der damaligen Strafanstalt waren es dann auch in diesem wirtschaftlichen Bereich, die der Unternehmung einen Schub nach vorn gaben,– günstige Arbeitskräfte, zudem in der benötigten Anzahl. Das Unternehmen wuchs, die Betriebsstätte wurde verlegt und erweitert. Die genauen Besitzverhältnisse nach Tod des Gründers Friedrich August Ludwig 1879 sind nur wenig bekannt.
Daneben entwickelten sich noch andere Möbelfabriken in Waldheim, darunter die als Tischlerei von Carl Ernst Louis Rockhausen 1866 gegründete Firma, die sich 1933 in zwei selbstständige Unternehmen teilte, 1961 eine staatliche Beteiligung aufnehmen musste und 1990 reprivatisiert wurde. Heute existiert die Gesellschaft unter dem Namen „Ernst Rockhausen Söhne KG“. Von dieser Gesellschaft soll vor 1913 die Firma „Waldheimer Möbel-Fabrik Hunger & Kegel“ gekauft worden sein, was nur anhand des damaligen Adressbuchs zu vermuten ist.
1883 wurde die Firma „Carl Gotthelf Otto und Emil Bernh. Zimmermann“ gegründet, die offenbar mehr als nur ein Werk in Waldheim unterhielt. Sie war es schon damals, die für Klappstühle aller Art bekannt war und damit auch die Basis für die Aktivitäten des späteren „VEB Sitzmöbelwerke“ (auch VEB Sitzmöbel) legte. Zu ihren Abnehmern zählten noch vor 1945 das Deutsche Opernhaus in Berlin, die Aula der Universität in Bonn ebenso wie der Große Kongresssaal in München.
1950 wurden die Firmen „F. A. Ludwig“, „A. Walde“ und „Otto & Zimmermann“ – auf staatliche Anordnung hin – zum „VEB Sitzmöbelwerke“ zusammengelegt. Es werden zwar weiterhin Polstermöbel hergestellt, doch fokussiert sich die Waldheimer Produktion auf Klappstühle für Hörsäle, Theater, Kinos und Sportstätten – als einziger Betrieb der DDR. In einem Teil waren Insassen des Zuchthauses in Waldheim beschäftigt. Durch ihre Mitwirkung konnten die Preise der Produkte niedrig gehalten werden, und so gelang es dem „Möbelkombinat Hellerau“, zu dem auch der „VEB Sitzmöbelwerke“ in Waldheim zählte, zum Beispiel 1973 Polstermöbel im Wert von 35,3 Millionen Valutamark in den Westen zu liefern, immerhin für 23,2 Millionen in die Bundesrepublik. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass einer der bedeutenden Möbeldesigner der DDR, Rudolf Horn, aus Waldheim stammt.
Text: Wikipedia
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