Walter Benjamin

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Walter Bendix Schoenflies Benjamin (* 15. Juli 1892 in Berlin; † 26. September 1940 in Portbou) war ein deutscher Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer der Werke von Balzac, Baudelaire und Marcel Proust.


Leben

Walter Benjamin wurde als Sohn des Antiquitäten- und Kunsthändlers Emil Benjamin (1856–1926) und dessen Frau Pauline (1869–1930) (geb. Schoenflies) in Berlin-Charlottenburg geboren. Seine Familie gehörte dem assimilierten Judentum an. Walter Benjamin war Bruder von Georg Benjamin und damit Schwager von Hilde Benjamin, zudem Cousin von Gertrud Kolmar und Günther Anders. Seine Kindheit, deren Erinnerungen in der Berliner Kindheit um Neunzehnhundert festgehalten sind, verbrachte Benjamin überwiegend in Berlin. In den Jahren 1905 bis 1907 besuchte er indes die Hermann-Lietz-Schule Haubinda, eine Reformschule in Thüringen. Dort lernte er den Lehrer Gustav Wyneken kennen, der ihn tief beeindruckte und zu einem Engagement in der Jugendbewegung veranlasste. Nach dem Abitur 1912 an der Kaiser-Friedrich-Schule begann Benjamin sein Studium der Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau und schloss dort Freundschaft mit dem Dichter Christoph Friedrich Heinle. Im Wintersemester 1912/13 setzte er sein Studium in Berlin fort.

Der Freitod Heinles am 8. August 1914 war ein tiefer Schock für Benjamin. Er widmete dem verstorbenen Freund Sonette und bemühte sich vergeblich, für dessen hinterlassenes Werk einen Verleger zu finden. Die zunehmende Kriegsbegeisterung Wynekens führte 1915 zum Bruch mit seinem Lehrer. Im selben Jahr lernte Benjamin den fünf Jahre jüngeren Mathematikstudenten Gershom Scholem kennen, mit dem er sich befreundete. 1917 heiratete Benjamin Dora Kellner. Die Ehe hielt 13 Jahre und brachte den gemeinsamen Sohn Stefan Rafael (11. April 1918 – 6. Februar 1972) hervor. Noch im Jahr der Eheschließung (auch, um einer drohenden Einberufung zum Militär zu entgehen) wechselte Benjamin nach Bern, wo er die nächsten zwei Jahre seine Dissertation mit dem Titel Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik bei Richard Herbertz schrieb. Am 27. Juni 1919 verteidigte er seine Doktorthese und bestand mit der Bestnote summa cum laude.

Wieder zurück in Berlin, machte Benjamin sich als freier Schriftsteller und Publizist selbstständig. 1921 erschien seine Übersetzung von Baudelaire-Gedichten, der er seinen selbstbewussten Aufsatz Die Aufgabe des Übersetzers vorwegstellte. Seine 1921 erschienene philosophische Schrift Zur Kritik der Gewalt erregte Aufmerksamkeit. Im selben Jahr erwarb er ein Bild von Paul Klee mit dem Titel Angelus Novus; nachdem sein Versuch, eine Zeitschrift gleichen Namens herauszugeben, gescheitert war, ging Benjamin 1923/24 nach Frankfurt am Main, um sich dort zu habilitieren. Hier lernte er Theodor W. Adorno und Siegfried Kracauer kennen. Seine Habilitationsschrift Ursprung des deutschen Trauerspiels erwies sich jedoch als zu unorthodox für den akademischen Betrieb; um sich eine offizielle Ablehnung zu ersparen, zog Benjamin sein Habilitationsgesuch 1925 zurück.

1926 und 1927 hielt Benjamin sich in Paris auf, wo er, teilweise gemeinsam mit Franz Hessel, an der Übersetzung der Werke von Marcel Proust (insbesondere Auf der Suche nach der verlorenen Zeit) arbeitete. Sein im Jahr 1924 beginnendes Interesse für den Kommunismus führte Benjamin im Winter 1926/27 nach Moskau, wo er seine Freundin Asja Lacis besuchte. Siehe: Moskauer Tagebuch, und der Aufsatz Moskau, in der Zeitschrift Die Kreatur. Trotz seiner zunehmenden Sympathie für die kommunistische Bewegung bewahrte sich Benjamin zeit seines Lebens ein, wie er es nannte, „linkes Außenseitertum“.

Zu Beginn der 1930er Jahre verfolgte Benjamin gemeinsam mit Bertolt Brecht publizistische Pläne und arbeitete für den Rundfunk. 1932 begann er, an einem Buch über seine Kindheit und Jugend zu arbeiten, das zunächst den Titel Berliner Chronik trug und dann zur Berliner Kindheit um Neunzehnhundert umgearbeitet wurde. Zu Benjamins Lebzeiten erschienen jedoch nur wenige Kapitel daraus in der Frankfurter Zeitung.

In den Jahren 1932 und 1933 verbrachte Benjamin den Sommer auf der Baleareninsel Ibiza. Bei seinem ersten Aufenthalt lernte er Jean Selz kennen, mit dem er Drogenerfahrungen austauschte und der später über ihre gemeinsame Zeit publizieren wird. Während des Sommers 1933 verliebte er sich auf Ibiza in die niederländische Malerin Anna Maria Blaupot ten Cate, für die er Agesilaus Santander verfasste. Des Weiteren schrieb er auf Ibiza Reiseerzählungen wie Die Fahrt der Mascotte, Das Taschentuch, Der Reiseabend oder Die Kaktushecke. Spanien 1932, In der Sonne, Ibizenkische Folge entstanden aus den Reflexionen Benjamins zur Kunst des Erzählens.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten zwang Benjamin, im September 1933 nach Paris ins Exil zu gehen. Hier traf er auch Hannah Arendt, die den fast mittellosen Benjamin unterstützte. Von beiden ist ein reger Briefwechsel überliefert. Finanzieren konnte sich Benjamin fast ausschließlich durch ein schmales Mitarbeitergehalt, das ihm das inzwischen nach New York emigrierte, von Max Horkheimer geleitete Institut für Sozialforschung überwies. In den Pariser Exiljahren arbeitete Benjamin vor allem an seinem Fragment gebliebenen Passagen-Werk. Außerdem verfasste er den Aufsatz Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, 1936 in der Zeitschrift für Sozialforschung veröffentlicht, und Studien zu Baudelaire.

Von 1937 bis 1939 war Benjamin Mitglied des von Georges Bataille, Michel Leiris und Roger Caillois gegründeten Collège de Sociologie sowie Batailles Geheimgesellschaft Acéphale, obgleich er den Bestrebungen des Collège, den Faschismus mit seinen eigenen Mitteln zu bekämpfen, kritisch gegenüberstand. Ein geplanter Vortrag Benjamins über die Mode konnte wegen des Kriegsausbruchs nicht mehr stattfinden. Benjamin wurde für drei Monate mit anderen deutschen Flüchtlingen in einem Sammellager bei Nevers interniert.

Nach der Rückkehr aus der Haft im November 1939 schrieb Benjamin seinen letzten Text, die Thesen Über den Begriff der Geschichte. Benjamin flüchtete nach Lourdes, von wo er zunächst weiter nach Marseille reiste, bevor er im September 1940 mit Hilfe von Lisa Fittko den Versuch unternahm, nach Spanien zu gelangen und von dort über Portugal mit seinem USA-Visum auszureisen. Im spanischen Grenzort Portbou, wo er trotz erfolgter Grenzüberschreitung die Auslieferung an die Deutschen noch immer befürchtete, nahm er sich in der Nacht vom 26. auf den 27. September 1940 das Leben. Die wichtigste Quelle für seinen Suizid ist die mündliche Überlieferung des Abschiedsbriefs an Theodor W. Adorno, den er seiner Mitflüchtenden Henny Gurland diktierte. Den Gefährten wurde auf seinen Tod hin die Weiterflucht ermöglicht. Hannah Arendt berichtete Gershom Scholem in einem Brief vom 17. Oktober 1941 über Benjamins letzte Monate und seinen Tod und erwähnte, Benjamin habe ihr gegenüber wiederholt Selbstmordabsichten geäußert.


Werk

Benjamins philosophische Lehrjahre galten neben dem Studium Kants und des Neukantianismus sowie intensiver Beschäftigung mit der Literatur der deutschen Romantik, deren Ergebnisse in seiner Dissertation Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik vorliegen, vor allem der Auseinandersetzung mit jüdischer Religiosität, die ihm in der Freundschaft mit Scholem nahekam.

Durch die emphatische Beziehung der Philosophie auf die Sprache versuchte Benjamin, den herrschenden naturwissenschaftlich orientierten Erkenntnisbegriff derart umzubilden, dass dieser wieder den Erfahrungen der Theologie mächtig werde.

In den zwanziger Jahren verschob sich die Thematik der Texte Benjamins immer stärker von sprachphilosophischen Gegenständen auf solche der Ästhetik, so mit den Abhandlungen Goethes Wahlverwandtschaften und Ursprung des deutschen Trauerspiels. Nachdem der letztgenannte Text als Habilitationsschrift von der Frankfurter Universität zurückgewiesen worden war, widmete er sich mit Vorrang literaturkritischen Arbeiten. In dieser Wendung drückt sich der antiidealistische, gegen philosophische Systematik überhaupt gerichtete Charakter seines Denkens aus, dessen Intention aufs Konkrete den Werken von Ernst Bloch, Franz Rosenzweig und Florens Christian Rang verwandt ist.

Zunächst zögernd, seit Anfang der dreißiger Jahre immer entschiedener, vertrat Benjamin die Positionen des dialektischen Materialismus. In dieser letzten Phase fanden seine Freundschaften mit Adorno und Brecht einen produktiven Niederschlag. Wie sich Benjamins Konzeption einer „Dialektik im Stillstand“, die das im Fluss Befindliche, Geschichte so anschauen wollte, dass aus den isolierten Details gleichsam physiognomisch die Wahrheit sich entziffern lasse, den offiziellen Versionen der Dialektik als universaler Vermittlung nie beugte. So enthalten auch seine marxistischen Schriften theologische Motive, vorab solche des jüdischen Messianismus. Das Spezifische seiner Philosophie, die Insistenz auf dem einzelnen Daseienden, bestimmt auch ihre literarische Form: in der Einbahnstraße (1928) bediente Benjamin sich des Aphorismus, in Deutsche Menschen. Eine Folge von Briefen (1936) des Kommentars zu überlieferten Texten, in der Berliner Kindheit um Neunzehnhundert (1934) der autobiographischen Skizze.

Dem als Hauptwerk geplanten, unvollendeten Buch über die Pariser Passagen, einer Geschichtsphilosophie des 19. Jahrhunderts, an dem Benjamin seit 1927 arbeitete, hatte er zeitweilig die Form einer surrealistischen Zitatmontage zugedacht.

Bei allem Wandel von Methode und Gegenstand, der sich in Benjamins Œuvre dokumentiert, bewahrt es doch seine Kontinuität. Es versucht auf allen Stufen sich von der Hegemonie des Allgemeinbegriffs zu lösen und der Vergötterung des Wesens gegenüber dem Unwesentlichen, des Bleibenden gegenüber dem Vergänglichen und Nichtigen Widerstand zu leisten.

Positiv möchte Benjamin dem von der Philosophie immer Vergessenen, dem Unwiederholbaren, intentionslosen Konkreten gerecht werden, es, wo möglich, „retten“. Wichtige Einsichten in Benjamins Denken verdanken sich der Kritik vorliegender Theoreme. Im Gegensatz zu dem positivistischen, an den Einzelwissenschaften orientierten Modell von Philosophie opponiert die benjaminsche Philosophie gegen die ubiquitäre Verdinglichung der Sprache zum bloßen Zeichensystem; ihre Erkenntnistheorie, die wesentlich Sprachphilosophie ist, will das in Begriffen nicht Fixierte, überhaupt begrifflich nicht Fixierbare dennoch einholen.

Anders aber auch als die neueren Ontologien, die unabhängig von wissenschaftlicher Verpflichtung zu ausweisbarer Wahrheit das Sein selber ausdenken zu können beanspruchen, ist der Philosophie Benjamins das Bewusstsein wesentlich, dass keine ewigen Wahrheiten existieren. „Entschiedene Abkehr vom Begriffe der ‚zeitlosen Wahrheit‘ ist am Platz. Doch Wahrheit ist nicht – wie der Marxismus es behauptet – nur eine zeitliche Funktion des Erkennens, sondern an einen Zeitkern, welcher im Erkannten und Erkennenden zugleich steckt, gebunden. Das ist so wahr, dass das Ewige jedenfalls eher eine Rüsche am Kleid ist als eine Idee“. Das Besondere, Nichtbegriffliche erweist sich als Substantielles nur, wo es in Konstellationen mit dem Allgemeinen, als ein gesellschaftlich Vermitteltes aufgesucht wird.

„Ausdruck“ ist Benjamin zufolge dasjenige Medium, in dem Sprache über die bloße Signifikation hinausgeht; Sprache als Ausdruck ist – in Benjamins theologischer Terminologie – der Versuch, den „Namen“ zu nennen; ein Versuch, der am ehesten noch in der Kunst hin und wieder gelungen ist. In den Kunstwerken sind Wahrheitsgehalt und Sachgehalt unlöslich aneinander gebunden; Wahrheit gelangt durch sie zur Erscheinung, darin liegt die Provokation der Kunst für die Philosophie, der Benjamin sich immer wieder mit ästhetischen und kunstsoziologischen Arbeiten gestellt hat.

Bedeutend ist vor allem seine Beschäftigung mit dem „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“. Der Titel dieser Arbeit von 1935 ist zu einer Art geflügeltem Wort geworden. Die unbegrenzte Vervielfältigung von Musik, Malerei, ja aller bildenden Künste führt nach Benjamin zum Verlust ihrer Aura. Damit ist auch der veränderte Rezeptionszusammenhang gemeint: Mussten sich die Kunstliebhaber früher in ein Konzert oder in eine Galerie begeben, um ihrer Leidenschaft nachzugehen, so kam es durch die technischen Reproduktionen, seien es Schallplatten-, Radioaufnahmen oder Kunstdrucke, zu einer „Entwertung des Originals“. Wertet Benjamin diese Entwicklung vor allem positiv, so greift Adorno die These auf und kehrt dialektisch vor allem die Regression und den Fetischcharakter der Massenkunst heraus.

Beruhten in der traditionellen Kunst die utopischen Gehalte auf dem schönen Schein, der „Aura“ von Kultwerten, so analysiert Benjamin an der modernen Kunst seit Baudelaire (vgl. Charles Baudelaire. Ein Lyriker im Zeitalter des Hochkapitalismus [1969]) einen fortschreitenden Verfall des Auratischen, mit dem die Kunst – vor allem der Surrealismus und das epische Theater Brechts (vgl. Versuche über Brecht [1966]), auf andere Art der Film (vergleiche Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit) – in den Dienst einer materialistischen Entmythologisierung eintritt und unmittelbar eine Funktion im Emanzipationskampf der Gesellschaft übernimmt. Mit seiner positiven Orientierung auf die Massen geht Benjamin über die kritische Theorie von Adorno und Horkheimer hinaus, weil er weder deren Vorbehalte, noch deren Klage teilt, „dass die Massen Zerstreuung suchen, die Kunst aber vom Betrachter Sammlung“ verlangt. Durch Fotografie und Film wird laut Benjamin das Ende der traditionellen Kunst eingeläutet, ein Vorgang, in dem er das Wirken geschichtsbildender Kraft am Werke sah.

Dieser gelten auch Benjamins Beiträge zur Geschichtsphilosophie. Seine letzte Arbeit, die Thesen Über den Begriff der Geschichte, ist ein Zeugnis seines „Erwachens aus dem Schock des Hitler-Stalin-Paktes“ (Scholem). Besonders bekannt geworden ist die erste These: Die Theologie sei heute klein und hässlich und habe sich deshalb unter dem Schutzmantel des historischen Materialismus zu verbergen. Wenn der historische Materialismus die Theologie in seinen Dienst nehme, könne er es ohne weiteres mit jedem aufnehmen. Gegenüber der Geschichtsphilosophie des Idealismus mit ihrer vom Marxismus geteilten Fetischisierung des Fortschrittsbegriffs, demzufolge der immanente Verlauf der Geschichte ein bereits fortschreitender sein, selbsttätig und unaufhaltsam aus dem Grauen der „Vorgeschichte“ in menschliche Verhältnisse einmünden soll, fordert Benjamin eine Kopernikanische Wendung, die der jüdischen Lehre des „Eingedenkens“ zu ihrem Recht verhelfen würde.

Philosophie habe den Blick auf die „Trümmer der Geschichte“ und die geschichtlichen Katastrophen zu lenken, auf all das, „was verraten, unterdrückt und vergessen“ wurde. Während die traditionelle Geschichtsphilosophie, zumal in der Hegelschen Gestalt, ihr movens in der Verklärung des Untergangs hat, im Tode des Endlichen das Unendliche, Absolute feiert, ist Benjamins Gegenstand gerade das „Unzeitige, Leidvolle, Verfehlte“, dass Geschichte immer noch in bloßer Naturgeschichte verhalte. Weit entfernt von jeder Apologetik, wird das Denken Benjamins grundiert durch die Trauer des Allegorikers. „Solange es noch einen Bettler gibt, solange gibt es noch Mythos“, heißt es in einem Fragment des Passagen-Werks.

Den „Neuen Medien“ in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg näherte sich Benjamin nicht nur theoretisch, sondern er hat in zahlreichen Rundfunksendungen seine Spuren hinterlassen. Voller Experimentierfreude gestaltete er Sendungen für den Kinderfunk, die Bücherstunde sowie Erzählungen und Hörspiele.

Dass 'Übersetzen' weltweit zu einem Schlüsselbegriff interkultureller Theoriebildung werden konnte, geht nicht zuletzt auf Walter Benjamins bahnbrechenden Aufsatz "Die Aufgabe des Übersetzers" zurück.


Rezeption

Nachdem Adorno und Scholem nach dem Zweiten Weltkrieg Benjamins Schriften neu, zum größeren Teil erstmalig ediert hatten, vor allem seit 1970 bis 1989 eine umfangreiche, praktisch vollständige Ausgabe seiner Gesammelten Schriften erschienen war, verkehrte sich Benjamins Wirkung in das Gegenteil der Erfolglosigkeit, die sein Schaffen zu Lebzeiten erfahren hatte. Seine Dissertation im Jahr 1920 war von der Fachöffentlichkeit kaum wahrgenommen, seine Habilitationsschrift von der Frankfurter Universität sogar abgelehnt worden. Nach seinem Tod wurde Benjamin zum Anreger verschiedener geistes- und sozialwissenschaftlicher Fächer, die seinen gesellschaftskritischen Impetus wiederaufnahmen.

In neuester Zeit wurde Benjamins Sprachphilosophie als indirekt dem Poststrukturalismus vorgreifend bezeichnet. In den USA wurde Benjamin der akademischen Öffentlichkeit Anfang 1969 durch den von Hannah Arendt herausgegebenen, bearbeiteten und mit einem Vorwort versehenen Sammelband unter dem Titel Illuminations. Walter Benjamin: Essays and Reflections, bekannt.


Gedenken

Am Berliner Wohnhaus Benjamins in den Jahren von 1930 bis 1933 (Prinzregentenstraße 66, Berlin-Wilmersdorf) befindet sich eine Gedenktafel. Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hat vor wenigen Jahren einem von Hans Kollhoff neugeschaffenen Stadtplatz (Leibnizkolonnaden) in der Nähe des Kurfürstendamms den Namen „Walter-Benjamin-Platz“ gegeben.

Ein Gedenkstein zur Erinnerung an Walter Benjamin befindet sich auf dem Friedhof von Portbou. Der israelische Künstler Dani Karavan hat in Portbou außerdem die begehbare Landschaftsskulptur „Passages“ zum Gedenken an Benjamin verwirklicht. Musikalisch wie szenisch wurde Benjamins Tod in der Oper Shadowtime von Charles Bernstein (Libretto) und Brian Ferneyhough (Komposition) verarbeitet.

Für Hans und Lisa Fittko wurde im Januar 2001 in Banyuls-sur-Mer eine Gedenkstätte errichtet, die daran erinnert, dass sie, obwohl selbst in Lebensgefahr, vielen von den Nazis verfolgten Menschen die Flucht nach Spanien ermöglichten. Am Fuße dieser Gedenkstätte beginnt ein Wanderweg, auf dem man in etwa fünf Stunden den alten Fluchtweg, die ehemals nach den Fittkos benannte „F-Route“ von Banyuls nach Portbou/Spanien nachgehen kann. Seit dem 24. Juni 2007 ist dieser Weg offiziell „Chemin Walter Benjamin“ benannt und als historischer Wanderweg markiert.


Adressen: Prinzregentenstraße 66 (Berlin-Wilmersdorf), Geburtshaus am Magdeburger Platz 4 in Berlin (zerstört)



Text: Wikipedia


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