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Eichwalde unterm Hakenkreuz

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Die Gemeindeschule oder auch Volksschule (Klassen1 bis 8) Eichwalde leitete schon seit 1917 Rektor Richard Froböse, die gehobene und höhere Schule, später Reformrealprogymnasium (Klassen 5 bis12) seit 1920 Studien-Direktor Dr. Karl Hohmann. Die Leiter beider Schulen waren für geeignet befunden worden, ihre Ämter weiter auszuüben. Sie waren dem NS-Regime nicht verdächtig. Beide hielten es wahrscheinlich für opportun und berufserhaltend, Mitglied der NSDAP zu werden, wie es in der Beamtenschaft besonders viele Lehrer taten. Bereits seit 1929 waren Eichwalder Lehrer im NS-Lehrerbund des Kreises Teltow organisiert, bevor sich 1934 eine der NSDAP angeschlossene selbständige Ortsgruppe mit dem "Ortsgruppenamtswalter" Studienrat Richard Klein bildete, die auch pensionierte Lehrer einschloß. Im Schulbetrieb wurden sehr schnell mehrere Schritte der Gleichschaltung eingeleitet. "Seit dem Tage der nationalen Erhebung am 30.1. regte sich auch in unserer Schule ein neuer Geist...", schrieb Dr. Hohmann im Bericht über das Schuljahr 1932/33. Hierzu einige Beispiele für die Zerschlagung demokratischer Strukturen:
Der Elternbeirat der Schule wurde mit Runderlaß des Preußischen Innenministers vom 10. April 1933 abgeschafft, dafür ein Schulausschuß gebildet, in dem jetzt mehrere Mitglieder der NSDAP, u.a. Rechtsanwalt Lesser und Fabrikant Micklei sowie der Ortsgruppenführer des "Stahlhelm" und Lehrer am örtlichen Gymnasium, Studienrat Krönke, vertreten waren. Ihm durften keine Mitglieder angehören, dieeinmal auf Vorschlag der SPD oder KPD in den Elternbeirat gewählt worden waren. Lt. Runderlaß vom 7. August 1933, nach dem Verbot der SPD, mußten Schulbeamte und andere Schulangestellte, die der SPD angehört hatten, eine entsprechende Loyalitätserklärung an die Schulabteilung des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg einreichen. Eine "Konferenzordnung für höhere Schulen" bestimmte, daß künftig nicht mehr in Form von "wechselnden Mehrheitsbeschlüssen der Lehrerschaft " über Maßnahmen des Direktors entschieden werde. Sie wies der Konferenz nur noch beratende Befugnisse zu. Der Direktor war jetzt gegenüber der 'Schulabteilung beim Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg und von Berlin' persönlich " für den nationalsozialistischen Geist und die Leistungen seiner Schule verantwortlich ".  Systematisch wurden Schulen als Bestandteil faschistischer ideologischer Ausrichtung profiliert, insbesondere durch Richtlinien zur Vermittlung eines heroischen nationalistischen Geschichtsbildes sowie der Rassen- und Vererbungslehre. Hier wurden jene Vorstellungen von deutschem Weltmachtanspruch entwickelt und rassistisch begründet, die sich zuerst in der Ausgrenzung und Verfolgung von Juden und weiterer Minderheiten in Deutschland und darauf im Kampf für die Gewinnung von "Lebensraum" gegen slawische "Untermenschen" und den "jüdischen Bolschewismus" während des Krieges furchtbar verwirklichen sollten. Eichwalder Lehrer hatten sich seit April 1934 zu Kursen über Vererbungslehre, Rassenkunde, Rassenhygiene, Familienkunde und Bevölkerungspolitik anzumelden. Die Formung von Kindern und Jugendlichen im NS-Geist war aber in erster Linie Angelegenheit der HJ. In den Schulen Eichwaldes existierten schon seit 1930 NS-Jugendgruppen, ebenso eine 80 Mitglieder zählende Schulgruppe des "Vereins für das Deutschtum im Ausland (VDA)“, der seit Juni 1933 als Zeichen aktiver Zielstellung "Volksbund “ hieß. Im Gymnasium war von Studienrat Krönke am 20. März 1933 noch eine sogenannte Scharnhorstgruppe mit zunächst 27 Schülern gegründet worden, sozusagen eine Jugendorganisation des Stahlhelm. Aber auch sie wurde nicht neben der Hitlerjugend geduldet. Im Sommer 1933 wurde die letzte der neben der HJ bestehenden Eichwalder Jugendgruppen, die Reichspfadfindergruppe, gewaltsam von Mitgliedern der HJ aufgelöst, indem die einen Ausflug unternehmende Gruppe in ihrem Heim überfallen wurde. Als die Werbung für die HJ durch Lehrer im August 1935 angeordnet wurde, konnte Eichwalde schon eine Mitgliedschaft von 90 Prozent aller Schüler melden. Öffentlich wurden Eltern ermahnt, daß die Zugehörigkeit zur Hitlerjugend das beste Bekenntnis zum Nationalsozialismus sei. Von 1934 bis 1937 wurden wöchentlich in den Schulen sogenannte Staatsjugendtage durchgeführt. Obwohl nach dem 30. Januar 1933 der NS-Geist auch in die Eichwalder Schulen offiziell eingezogen war, seit 21. März neben Hindenburg-Bildern auch Hitlerbilder in der Schule anzubringen waren, seit 22. Juli der Hitlergruß als sogenannter "Deutscher Gruß“ an Schulen obligatorisch wurde und Auszüge aus Hitlers "Mein Kampf “ an der Eichwalder Schule als Vorlage für den Kurzschrift-Unterricht verwendet wurden, blieb dennoch für die Infiltration des "neuen Geistes" viel zu tun.Der Gemeinderat bewilligte im Juni 1933 Geldmittel zur Anschaffung einer Radioanlage für die Schule. Nun konnten Führerreden und NS-Veranstaltungen original verfolgt werden. Anschließend berichteten die Schüler darüber in den Familien und trugen so zur Verbreitung der NS-Ideologie bei. Zwei HJ-Mitglieder des Eichwalder Gymnasiums durften im September 1933 zum Reichsparteitag der NSDAP nach Nürnberg fahren, nachdem sie in einem Vorbereitungslager auf dem Schütte-Lanz-Gelände in Zeesen in ihre Statistenrolle eingewiesen worden waren. Lehrer betätigten sich auch als Führer von NS-Jugendorganisationen. Der Volksschullehrer Zinngraf, ein trotz reichlicher Anwendung des Rohrstocks beliebter Lehrer, zeigte hier als SA-Mitglied besonders viel Engagement. Gleichzeitig trat er judenfeindlich in Erscheinung. Frau Weis, geb. Freudenberg, erzählte:" In der Volksschule gab es zu meinem Glück den Rektor Froböse, der mich gegen antisemitische Anfeindungen mancher Mitschüler ("Judensau!") in Schutz genommen hat und mitunter deren Eltern zur Aussprache in die Schule bestellte. Ein feiner Mensch! Danach hatte ich vor denen dann Ruhe. Weniger gut erging es mir bei dem Lehrer Zingraff, einem Super-Nazi. Ich lebte nur in Angst vor diesem Lehrer, er hat mich regelrecht gequält, weil er wußte, daß mein Vater ein Jude war." Frau Judith Hartung erinnerte sich schwärmerisch an den Rektor der Volksschule, Froböse: „Welch ein Pädagoge!“ Leider war für ihn, so erzählte sie, wie bei allen Lehrern dieser Zeit der Rohrstock ein unerläßliches und teilweise häufig angewandtes Erziehungsmittel, aber kaum jemand verstand damals, wie er es fertig brachte, den zur Pflicht gewordenen "deutschen Gruß“ stets mit einem Räuspern und Hustenanfall beim Betreten der Klasse zu vermeiden." Einmal übergab er ihr, da sie Lehrerin werden wollte, ein Reclamheft mit Lessings "Nathan der Weise“, empfahl ihr, es zu lesen und bot an, mit ihr darüber zu sprechen. "Ob er sich mit aller Konsequenz klar war, welcher Gefahr er sich möglicherweise aussetzte?“, so fragte sich seine ehemalige Schülerin rückblickend. Am 26. Oktober 1937 wurden Reichsrichtlinien für den Schulunterricht im NS-Geist erlassen. Für die Höheren Schulen war der Erlaß über Erziehung und Unterricht vom 29. Januar 1938 verbindlich, mit welchem der seit 1936 laufende Prozess der Vereinheitlichung der Höheren Schulen abgeschlossen wurde. Der bislang neunjährige Besuch der Höheren Schule wurde mit Anschluß an vier Volksschuljahre auf acht Jahre verkürzt. Seit April 1939 war Turnen Abiturfach. Seit 1938 benannte man das bisherige "Reformrealprogymnasium mit Realschule" in Eichwalde offiziell als "Deutsche Oberschule für Jungen. (Miterziehung von Mädchen)". Während bislang Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichtet wurden, gab es jetzt getrennte Klassen. Jahre später, in einer "Amtlichen Bekanntmachung" von 1944, lautete die örtliche Schulbezeichnung "Oberschule für Jungen, Eichwalde (Sonderklassen für Mädchen 1-5)". Aus Berichten ehemaliger Schüler geht hervor, daß sich diese Neuorganisation nicht nachteilig auf die Bildungsqualität und das Leistungsniveau auswirkte, denn die Eichwalder Lehrerschaft soll äußerst bemüht gewesen sein, mit entsprechenden Anforderungen weiterhin ein hohes Bildungsniveau zu gewährleisten.Erinnerungen an Dr. Hohmann als Direktor des Gymnasiums bieten bei Rückblicken auf Eichwalder Schulverhältnisse in der NS-Zeit immer wieder interessanten Gesprächsstoff, nicht nur, weil er sich als Ur- und Frühgeschichtsforscher bereits damals einen Namen gemacht hatte. Als Mitglied der NSDAP, der 1935 am Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg teilnehmen konnte, galt er einerseits als zuverlässige Vertrauensperson des Regimes in der Schule. Andererseits hatte er sich trotz der herrschenden Verhältnisse seine grundsätzlich humanistische Gesinnung bewahrt, was ihm nach 1945 nicht vergessen wurde. Ein ehemaliger Kollege Dr. Hohmanns erinnerte sich:" Während der Terrorzeit war ich ein Jahr lang an der Schule in Eichwalde/Mark als Studienassessor tätig. Meine wichtigste Erinnerung daran ist die an das hochanständige, menschliche Verhalten des damaligen Schulleiters, Herrn Direktor Hohmann. Entgegen dem, was damals von einem Beamten als selbstverständlich erwartet wurde, war ich nicht in der Partei, also kein 'Pg', auch nicht in der sogenannten SA. Überdies gehörte ich der Bekennenden Kirche an, war Mitglied ihrer Schulkammer in Berlin, auch als sie ausdrücklich verboten wurde. Deshalb wurde ich von Schule zu Schule versetzt und so meine Anstellung als Studienrat verhindert. Trotzdem blieb Herr Direktor Hohmann ein korrekter und kollegialer Vorgesetzter und hat nie etwas gegen mich unternommen. Ihm galt und gilt meine Hochachtung...Meine Hauptpflicht bei der Erinnerung an diese Zeit ist also das ehrende Andenken an eine in demoralisierender Zeit lautere Persönlichkeit, Herrn Direktor Hohmann, Eichwalde / Mark.“  Die Stunde der Gleichschaltung und des Bekenntnisses der Freiwilligen Feuerwehr Eichwaldes zum NS-System war der 8. April 1933. Anlässlich ihrer Hauptversammlung ergriff im Anschluß an die Übergabe des neu errichteten Steigerturms der Amts- und Gemeindevorsteher Hans Friedrich das Wort zu seiner Ansprache. Er ging auf die 'nationale Erhebung' ein und sagte:" Nationales Bewußtsein ist Pflicht; auch die Feuerwehr muß sich auf den Boden der nationalen Regierung stellen. Wer dies nicht kann, muß sich eben zurückziehen. Mit einem dreifachen Sieg Heil schloß die inhaltsreiche Ansprache." Die "Interessengemeinschaft Eichwalder Grundbesitzer e.V." hatte am 12. Februar einen neuen Vorstand gewählt, der "zum Zwecke der Gleichschaltung" am 20. Mai seine Ämter zur Verfügung stellte. Nur zwei bisherige Vorstandsmitglieder wurden in einer 'außerordentlichen Generalversammlung auf legalem Wege' wieder gewählt; beide waren Mitglieder der NSDAP. Vorsitzender wurde der Ortsgruppenleiter der Nazipartei, Erich Rix. In der Mitgliederversammlung am 15. Juli wurde bekanntgegeben, daß der neue Vorstand inzwischen von der NSDAP bestätigt worden sei. Selbst das bislang von den Vereinen des Ortes vorbereitete "Eichwalder Volksfest " wurde vom 27. bis 29. August 1933 nun unter Leitung der NSDAP-Ortsgruppe veranstaltet. Das NS-System hatte begonnen, die Fest- und Feiertagskultur gleichzuschalten, sie mit dem Stempel 'völkischen Geistes' zu versehen. Während sich in der evangelischen Kirche die Gleichschaltung allgemein kompliziert, vollzog, waren dagegen in Eichwalde die Verhältnisse eindeutig. Hier dominierten von Beginn an die mit dem Parteiprogramm der NSDAP übereinstimmenden "Deutschen Christen“, deren Ortsgruppe weitere Anmeldungen in der Moltkestraße 10 (Schulzendorfer Str.) oder direkt beim Pfarrer entgegenzunehmen bereit war. Bei der anstehenden Wahl des Gemeindekirchenrates im Juni 1933 erübrigte sich deshalb eine Wahlhandlung, weil die Mehrheit der Kandidaten nicht nur dieser Glaubensbewegung angehörte, sondern auch Mitglied der Hitlerpartei oder ihres Koalitionspartners, mindestens aber mit dem neuen Zeitgeist konform war. Auch bei der örtlichen katholischen Gemeindeführung konnte von einer Abgrenzung zum NS-Regime nicht die Rede sein. "Gleichschaltung" konnte aber auch nur Verdrängung oder Vereinnahmung bedeuten. So wurde der "Kyffhäuserbund“ im Mai 1933 nach dem NS-Führerprinzip zu unbedingter Gefolgschaft gegenüber Hitler verpflichtet. Alle Mitglieder waren "auf Gesinnungstreue“ zu prüfen. Dieses 'Prinzip' bedeutete, egal wo es durchgesetzt wurde, praktisch die weitgehende Ausschaltung demokratischer Gepflogenheiten, die Unterordnung unter den Willen des von der NSDAP berufenen Führers der jeweiligen Organisation, den widerspruchslosen Befehlsempfang. Am 13./14. Mai 1933 zelebrierte die Ortsgruppe des Stahlhelm eine zum Volksfest gestaltete Fahnenweihe. Es war sozusagen die verspätete Siegesfeier nach den März-Wahlen dieser seit dem 22. Februar 1933 als Hilfspolizei verwendeten militaristischen Vereinigung und als eine programmatische Veranstaltung für kommende Jahre gedacht. Der Stahlhelm-Landesführer mahnte "Einigkeit im nationalen Lager“ an und brachte seine Freude "über das gute Einvernehmen. zwischen dem Stahlhelm und der braunen Garde Hitlers“ in Eichwalde zum Ausdruck. Nachdem der Stahlhelm-Führer Seldte als Kabinettsmitglied am 26. April zur NSDAP übergetreten war, ahnte der 'Stahlhelmer' wohl die bevorstehende Gleichschaltung seines Vereins. Am 21. Juni 1933 unterstellte sich der Stahlhelm der SA-Führung, wurde 1935 aufgelöst und in die SA als SA-Reserve I eingegliedert.  Als am 15.Februar 1934 der Männerturnverein Eichwalde 04 e.V. seine Hauptversammlung abhielt, vollzog sich die Besetzung der Ämter wie folgt: Nur der Vereinsführer und die Kassenprüfer wurden gewählt. Die übrigen Ämter und seinen "Führerstab“ berief der Vereinsführer, der wiedergewählt worden war. Dem war allerdings im Dezember 1933 eine Intervention des Ortsgruppenleiters der NSDAP vorausgegangen, weil ihm der bisher amtierende Vorsitzende des Turnvereins, Walter Fielitz, nicht nationalsozialistisch genug erschien. Offenbar hatte sich Rix im Verlaufe des Jahres durchgesetzt. Die Kasse des Arbeitersportvereins wurde beschlagnahmt, der Verein mußte sich auflösen. Ein seit 1927 bestehender Arbeitergesangsverein "Schubert-Chor“ löste sich nach der "Gleichschaltung“ des Arbeiter-Sängerbundes auf. Bedauernd stellte der " Männergesangsverein Eichwalde 1919 “ fest, daß diese nun "frei gewordenen Sänger“ sich ihm jedoch nicht anschlossen. Der Eichwalder Männerchor hatte längst seinen Frieden mit den neuen politischen Verhältnissen gemacht. In Eichwalde bestand seit 1932 eine Ortsgruppe des radikalen "NS-Kampfbundes für den gewerblichen Mittelstand“, der vor seiner Überführung in die NS-Hago, die "Nationalsozialistische Handwerks-, Handels- und Gewerbe-Organisation“, am7. August 1933 die Gewerbetreibenden heftig umwarb, noch ehe sie zwangsläufig Mitglieder dieser der NSDAP angeschlossenen Organisation wurden. Leiter der Eichwalder NS-Hago-Ortsgruppe war zunächst der Inhaber der Tischlereifirma Rottschäfer, seit 1934 der Inhaber eines Foto-Kino-Geschäfts, Johannes Wollermann. Das "Führerprinzip“ wurde im Handel und Handwerk mit der Bildung von Reichsständen und Pflichtinnungen durchgesetzt. So zeigte sich am Beispiel Eichwaldes, wie die "Gleichschaltung" hinunter in die Gemeinden, bis in ihr gesellschaftliches- und Vereinsleben reichte. Alles und jeder hatte sich den Nationalsozialisten zu unterstellen. Recht schnell entschlossen sich jetzt mehrere Eichwalder, bei den eben noch belächelten oder als nicht gesellschaftsfähig angesehenen Nazis mitzumachen. Ende Dezember 1932 hatte die Hitlerpartei im Ort 51 Mitglieder aufzuweisen, im Dezember 1933 schon 117 Mitglieder und 211 Parteianwärter. Dazu hatte auch die Auflösung bürgerlicher Parteien beigetragen, die mitunter ihren Parteigängern die Mitarbeit bei den Nazis empfahlen. Die SA konnte sich von einem der Zeuthener SA angeschlossenen "Trupp“ zu einem eigenständigen "Sturm“ verstärken.Mit dem "Gesetz gegen die Neubildung von Parteien“ vom 14. Juli 1933 hatte die NSDAP die Gleichschaltung der Parlamente vollzogen und setzte diesen Prozeß auf breiter Front in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen fort. Ein Organisationsprinzip der Nazis, die Verschmelzung politischer und staatlicher Ämter, hatte in Eichwalde durch Personalunion des Bürgermeisteramtes und der Funktion des Ortsgruppenleiters einen prägnanten Ausdruck gefunden. Das "Gemeindeverfassungsgesetz" vom 15. Dezember 1933 beseitigte die Gemeinderäte als gewählte Organe. Die alleinige Machtbefugnis und Verantwortung erhielt der von der NSDAP eingesetzte "Gemeindeleiter", der den Gemeinderat zu Sitzungen einberufen konnte, wenn er wollte. Im Vorfeld der Berufung des 'Gemeindeleiters' der Landgemeinde Eichwalde kam es zu einem unter Aktendeckeln gehaltenen Skandal. Es war in Eichwalder Nazi- und deutsch-nationalen 'Kampfbund'- Kreisen bekannt, daß die Kreisleitung Teltow der NSDAP sich für den Handelsvertreter Erich Rix als ehrenamtlichen Gemeindeschulzen entschieden hatte. Da platzte am 7. Juni 1934 ein mehrseitiges Schreiben an den Potsdamer Regierungspräsidenten in das mit Amtseinführungen von Bürgermeistern und Gemeindeschulzen voll beschäftigte Landratsamt des Kreises Teltow. Am gleichen Tage war schon die amtliche Berufung für Rix verfügt worden und seine Einführung stand bevor. Der Absender, ein P. Behrendt, warnte ausdrücklich vor Rix und dem als Gemeindeältesten vorgesehenen Nazi Sommer, vor letzterem, weil er in 'wilder Ehe' lebte. Rix wurde als Speichellecker, Intrigant und Karrierist bezeichnet, hinter dem nur 5 Prozent der Eichwalder stünden, besonders die SA und die in der NS-Hago organisierten Handels- und Gewerbetreibenden würden ihn gänzlich ablehnen. Es wurden Zeugen für diese Behauptungen genannt, die umgehend dazu befragt wurden. Es stellte sich heraus, daß weder der Absender bekannt war noch die Zeugen von dem Schreiben Kenntnis hatten, es sich somit um ein anonymes Schreiben handelte. Der Absender konnte nie ermittelt werden. Allerdings bestätigten sich einige Behauptungen. Vermutlicher Hintergrund waren Eichwalder 'Fraktionskämpfe' zwischen ehemals deutschnationalen und den 'siegreichen' nationalsozialistischen Kreisen. Ebenso, wie sich führende konservativ-nationale Kreise bei ihrem Versuch der "Einrahmung" von drei NSDAP-Vertretern mit acht deutschnationalen oder parteilosen Ministern im Hitlerkabinett verkalkuliert hatten, so waren im Ort gleichfalls gewisse bürgerlich-konservative Kräfte in Eichwalde enttäuscht, von den Nazis derart an den Rand gedrängt zu werden. Besonders schwerwiegend war, daß die örtlichen SA-Führer Gusinde und Schoener erklärten, von der Eichwalder SA werde Rix rein gefühlsmäßig abgelehnt. Die Berufung von Sommer wurde zurückgezogen, aber durch Entscheid der NS-Führung des Kreises blieb es bei der Berufung von Rix. Die Beschwerde wurde mit folgender Ergänzung zu den Akten gelegt:" Sollte Rix die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen, so bliebe immerhin die Möglichkeit, ihn gemäß § 37 des Gemeindeverfassungsgesetzes bis zum Ablauf des ersten Amtsjahres jederzeit abzuberufen."  Am 11. Juni 1934 wurde nach Verfügung des Landrates vom 7. Juni 1934 der Ortsgruppenleiter der NSDAP, Erich Rix , an die Spitze der Gemeindeverwaltung gestellt. Zu Gemeindeschöffen (Beigeordnete) wurden Willi Micklei (Mitglied der NSDAP seit 1. August 1930), Albert Schwerdtner (Mitglied der NSDAP seit 1. April 1931) und der später kriminell gewordene Nazi Megow ernannt. Von da an tat Rix alles, um den jederzeit widerrufbaren Vertrauensvorschuß zu rechtfertigen. Er war bestrebt, in jeder Hinsicht nach seinem Motto "Eichwalde voran!" an der Spitze zu stehen, als organisationsbegabter Gemeindeleiter, markanter 'NS-Führer' gegenüber der Bevölkerung, scharfmacherischer Propagandaredner und als konsequenter Judenfeind. So konnte er mit Wirkung vom 24. November 1937 als hauptamtlicher Bürgermeister (Beamter auf Zeit) für 12 Jahre bestätigt werden.  Entsprechend dem Preußischen Gemeindeverfassungsgesetz vom 15. Dezember 1933 bezeichnete man den Leiter der Gemeindeverwaltung (ab 3. Januar 1934) als "Gemeindeschulze“. Die NSDAP berief die Mitglieder der Gemeinderäte, die nicht mehr gewählt, sondern ebenso wie der Bürgermeister nach Bestätigung durch die NS-Aufsichtsbehörde eingesetzt wurden. Im Oktober 1935 zum Beispiel waren 11 ortsbekannte Nazis in den Gemeinderat berufen worden, von denen keiner bei der letzten Wahl am 12. März 1933 gewählt worden war. Die Mitarbeiter des Amtes galten, wie in allen Betrieben und Einrichtungen, als Gefolgschaft. Erst mit der neuen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 hieß das Amt wieder "Bürgermeister“, ohne etwas an den diktatorischen Vollmachten des NS-'Dorfkönigs' – scherzhaft wurde Rix gelegentlich mit 'Rex' tituliert, Eichwalde als 'Rixdorf' – zu verändern. Anläßlich dieser gesetzlichen Neuregelung hatte der Reichsinnenminister nochmals eindringlich die "unbeschränkte Führerverantwortlichkeit“ als Grundsatz der Gemeindeverwaltungen betont. " Der Parlamentarismus ist aus den Gemeindestuben endgültig verbannt“, ließ Reichsinnenminister Frick verlauten. Als im Januar 1935 der Gauleiter der NSDAP vor den Gemeindevorstehern sprach, erklärte er: "Gemeindeschulze im Dritten Reich ist mehr, als Oberbürgermeister von Berlin in der Judenrepublik zu sein!“  -------------------------------------------------------------------------------------------------
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