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Hans Baluschek

Hans Baluschek (Wohnung)

Hans Baluschek (* 9. Mai 1870 in Breslau; † 28. September 1935 in Berlin) war ein deutscher Maler, Grafiker und Schriftsteller. Er gehörte zur Berliner Secession und war nach 1920 aktives Mitglied der SPD.

Baluschek war ein Hauptvertreter des deutschen kritischen Realismus, wobei Baluschek selbst jede Form des „-ismus“ für seine Kunst ablehnte, und stellte anklagend das Leben des Proletariats dar. Seine Bilder beschäftigten sich entsprechend vor allem mit den Menschen des Arbeiterstandes in Berlin.

Bekannt wurde er vor allem durch seine Gemälde und Illustrationen von Büchern wie Peterchens Mondfahrt und verschiedenen Zeitschriften.


Kindheit und Jugend (1870–1889)

Hans Baluschek war der Sohn von Franz Baluschek, Regierungslandmesser und Eisenbahningenieur. Er hatte drei Schwestern, von denen allerdings zwei bereits im Kindesalter an Tuberkulose verstarben. Durch die Euphorie in Breslau als preußischer Residenzstadt nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 versuchte sich Franz Baluschek als selbstständiger Unternehmer im Eisenbahnbereich und wirkte vor allem in Haynau (heute: Chojnów), das entsprechend für seinen Sohn neben Breslau zu dessen Hauptwohnorten wurde. Durch den Vater wurde zudem die Faszination für die Eisenbahn bereits in der frühen Kindheit erstmalig manifestiert.

Im Jahr 1876 zog die Familie mit dem erst sechsjährigen Hans Baluschek nach Berlin und bis 1886 wechselte sie insgesamt fünfmal die Wohnung, wobei sie immer in den sich ausbreitenden Neubaugebieten für Arbeiter vor dem Halleschen und dem Kottbusser Tor, dem heutigen Berlin-Kreuzberg blieb. Berlin befand sich zu dieser Zeit in einer durch die Weltwirtschaftskrise 1873 ausgelösten Depression und insbesondere die private Eisenbahnindustrie befand sich nach dem Zusammenbruch der Unternehmen von Bethel Henry Strousberg in einer sehr schwierigen Lage. Franz Baluschek arbeitete als königlicher Eisenbahningenieur bei der staatlichen Eisenbahn, in die die privaten Unternehmen überführt wurden, und konnte so die Familie finanzieren, die in bürgerlichem bis kleinbürgerlich-proletarischem Milieu inmitten von anderen Arbeiterfamilien lebte. Nach dem Besuch der Gemeindeschule wurde Hans Baluschek mit neun Jahren in das Ascanische Gymnasium aufgenommen, das als eine der wenigen höheren Schulen in Berlin 1875 gegründet wurde und die Schüler auf der Basis eines humanistischen und naturwissenschaftlich betonten Lehrplan ausbildete.

In den Jahren 1882 bis 1886 stellte der russische Künstler Wassili Wassiljewitsch Wereschtschagin in mehrere Bildzyklen seine Gemälde vom Russisch-Osmanischen Krieg 1877–1878 und andere Kriegsdarstellungen aus, die in Berlin viel diskutiert wurden und den Künstler aufgrund seiner Inhalte und des ungewohnten Realismusses populär werden ließen. Für Baluschek stellte der Besuch der Ausstellungen ein entscheidendes und prägendes Erlebnis dar. Er begann damit, Bilder zu kopieren und selbst zu malen und versuchte sich in seinen frühen Bildern unter anderem an Kriegsdarstellungen, die Wereschtschagin nachempfunden waren; auch in späteren Kriegsbildern zeigt sich der deutliche Einfluss dieses Vorbilds.

Sein Vater wurde 1887 für den Eisenbahnbau auf der Insel Rügen nach Stralsund versetzt, wo Baluschek die beiden letzten Jahre seiner Schulzeit bis zum Abitur verbrachte. Hier traf er auf den Lehrer Max Schütte, der seine Schüler mit den Ideen und Zielen des Sozialismus vertraut machte und über Klassenstrukturen der Gesellschaft und ökonomische Zusammenhänge aufklärte; aufgrund des noch gültigen Sozialistengesetzes wurde er jedoch aus dem Lehrdienst entlassen. Baluschek und seine Mitschüler begannen mit dem Studium sozialistischer Schriften und den in Deutschland populär werdenden Schriften Leo Tolstois und Emile Zolas. 1889 beendete Baluschek seine Schullaufbahn mit dem Abitur und dem Wunsch, Maler zu werden.


Frühe Künstlerjahre (1890–1894)

Nach seinem Abitur erhielt Hans Baluschek noch im selben Jahr die Zulassung für das Studium an der Königlichen Akademie der bildenden Künste in Berlin und lernte hier Martin Brandenburg kennen, mit dem ihm lebenslang eine enge Freundschaft verband. Die Hochschule wurde von Anton von Werner geleitet, der die Hochschule trotz vbieler Neuerungen sehr konservativ führte. Er lehnte vor allem die durch den französischen Impressionismus geprägten Strömungen um die gerade populär werdenden Maler Max Liebermann, Lesser Ury und Franz Skarbina ab und war bemüht, keinerlei Einfluss dieser künstlerischen Ausprägungen in den Unterricht der Akademie einfließen zu lassen. Stattdessen legte er Wert auf bewährte Themen der akademischen Malerei und stellte vor allem die Historienmalerei, die in der offiziellen Kunstwahrnehmung die höchste Wertschätzung hatten, in den Fokus der Ausbildung. Baluschek wohnte in Berlin-Schöneberg, sein ältestes bekanntes Skizzenbuch stammt aus dem Jahr 1889 und zeigt ihn in einem Selbstbildnis als Student mit Mütze und Band in der Couleur eines Corpsstudenten. Ob er Teil einer Studentenverbindung war, ist allerdings nicht bekannt; spätere Bilder zeigen Kenntnisse der Organisation und auch in seinen Novellen wird das Thema aufgegriffen. In den frühen Arbeiten finden sich zudem auffällig häufig Kriegsszenen und militärische Kampfszenen neben Darstellungen des Stralsunder und des Berliner Straßenlebens. in den 1890er Jahren nimmt die Anzahl der Darstellungen der sozialen Klassenunterschiede und des Arbeiterlebens in Berlin deutlich zu, wodurch er sich von der akademischen Malerei zunehmend löste.

Im Sommer 1893 beendete Baluschek sein Studium an der Akademie, um als freier Künstler zu arbeiten. Anders als die meisten akademisch ausgebildeten Maler fokussierte er sich weiter auf die Klassenunterschiede und wurde so sehr schnell zu einem Außenseiter des wilhelministischen Kunstbetriebs. Er ließ sich vor allem durch die Schriften von Gerhart Hauptmann, Leo Tolstoi, Henrik Ibsen, Johannes Schlaf und Arno Holz beeinflussen, die den Mittelpunkt der naturalistischen Literaturbewegung in Berlin darstellten und verband sie mit seinen Studien theoretischer Schriften der sozialistischen Literatur sowie weiterer Studien der Medizin, Philosophie und Volkswirtschaft.


Künstlerische Findung (1894–1914)

Die Hauptzeit der künstlerischen Findung Baluscheks begann 1894 und reichte bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914. In dieser Zeit entwickelte er seine individuelle Position in der Kunstszene Berlins, in der er die Opposition zur traditionellen akademischen Malerei zunehmend verstärkte und Freundschaften mit Gleichgesinnten aufbaute. Diese fand er vor allem in Künstlern des Umfelds Liebermanns. Seine Motive stellten vor allem die Randbereiche Berlins dar, in denen durch die Baustellen für den Wohnungsbau und die Eisenbahn ein enormes Wachstum stattfand. Die Fabrikanlagen, die Friedhöfe und vor allem die Menschen, die er als Protagonisten seiner Werke nutzte, traf er hier. Der literarische Naturalismus wurde für ihn zur entscheidenden künstlerischen Prägung, die seinen Kampf gegen die Konventionen und die Autorität der Inhalte und der Formalia begleitete und seinen sehr eigenständigen Stil bis in das 20. Jahrhundert definierte. In seinem 1894 entstandenen Bild Mittag, in dem er einen Ausschnitt aus einem Zug von Frauen und Kindern darstellte, die in Körben ihren Männern in den Fabriken das Mittagessen bringen, zeigt sich diese Prägung sehr deutlich. Die Protagonistinnen sind „durch die gleiche endlose Schufterei und die kaum unterschiedlichen dürftigen Wohnbedingungen […] zu entindividualisierten Typen geworden. […] Jede einzelne der Frauen ist lediglich Bestandteil der Menge, denn nicht die Einzelpersonen, sondern die in gleichen Verrichtungen funktionierende Menschenmenge stellt einen gesellschaftlichen Faktor dar.“

Beim Eisenbahner-Feierabend aus dem Jahr 1895 wird dieser Inhalt fortgeführt. Die Personenmasse wird hier durch die Arbeiter selbst dargestellt, die vor einem Hintergrund aus Bahnanlagen, Schornsteinen und Oberleitungen müde von der Arbeit kommen und teilweise von ernst blickenden Kindern empfangen werden. Zur Zeit der Entstehung unterhielt Baluschek eine freundschaftliche Beziehung zu dem Literaten Richard Dehmel, der durch Gedichte wie Der Arbeitmann und Vierter Klasse bekannt wurde und dessen 1896 erschienene Gedichtsammlung Weib und Welt ein von Baluschek entworfenes Deckblatt bekam. Baluschek zeichnete 1897 ein Porträt des Lyrikers. Weitere Verbindungen bestanden zu Hermann Bang, Caesar Flaischlen, Hans Land und vor allem Arno Holz, zu dessen engerem Freundeskreis er gehörte. 1897 spielte Baluschek in Holz' selbst finanzierter Vorführung der Sozialaristokraten unter dem Pseudonym Fritz Gieseke die Rolle des „Sprödowski“, seine erste und einzige Rolle als Schauspieler. Holz wird für Baluschek als Schlüsselfigur des Naturalismus und geistiger Mentor betrachtet, wobei Baluscheks Arbeiten erst begannen als der literarische Naturalismus bereits abebbte.

Baluschek entwickelte eine eigene Maltechnik, die vor allem auf Aquarellen und Gouachen aufbaut, Ölfarben benutzte er dagegen vergleichsweise selten. Der Untergrund wurde mit Ölkreidestiften vorbereitet um einen sehr farbigen und zugleich stumpfen Gesamteindruck zu bilden. Laut Baluschek sollte dies der Berliner Atmosphäre entsprechen, „wie ich sie mir in ihrem grauen Charakter empfinde.“ Er schrieb weiter: „Mir war die Ölfarbe für diesen Zweck zu satt und zu speckig; außerdem gestattet sie mir bei den verhältnismäßig kleinen Formaten nicht den scharfen Ausdruck der Gesichtslinien meiner Figuren und gewisse Einzelheiten, wie der gespitzte Stift, mit dem ich farbig zeichnen konnte.“

In der zweiten Hälfte der 1890er Jahre trat Baluschek mehr und mehr in das Bewusstsein der Berliner Kunstszene, vor allem durch seine Ausstellungen in den Jahren 1895, 1896 und 1897 in der „Galerie Gurlitt“ gemeinsam mit Martin Brandenburg, bei denen er erstmals seine Bilder einem größeren Publikum präsentierte. Obwohl es bereits vorher Darstellungen aus dem Berliner Klein- und Spießbürgertum gab und auch Liebermann, Franz Skarbina, Fritz von Uhde und andere Maler des deutschen Realismus Darstellungen aus der Arbeitswelt und Großstadtszenen malten, waren Baluscheks Bilder für seine Zeit neuartig und außergewöhnlich. Laut Bröhan unterschied sich Baluschek durch eine direkte Wahrhaftigkeit, die seinen gemalten Wirklichkeitsausschnitten etwas beunruhigend Provozierendes gaben. Die Darstellung der unmenschlichen Lebensumstände und der trostlosen Arbeitsbedingungen kamen hinter der oftmals amüsanten Fassade hervor und der Kritiker Willy Pastor zeigte auf, dass sich in dieser harmlosen Novellistik etwas verbarg, daß mehr war als bloße Erzählung. Nach seiner Darstellung gingen die Kritiker amüsiert von Bild zu Bild oder wandten sich ab, weil Baluschek zum „geschmacklosen Volke der Naturalisten“ gehörte und sich durch „zu wenig Parfüm, zu viel Pfütze“ auszeichnete. Deutlich wird dieser Kontrast unter anderem bei Werken wie Vergnügungspark – In der Hasenheide (1895), in dem die oberflächliche Feststimmung durch die Gesichter der Protagonisten und die Darstellung der Jahrmarktbuden relativiert wird. In dem Bild Hier können Familien Kaffee kochen (1895) wird die kartikative Darstellung von sechs Frauen vor Kaffeekannen durch die verlebten und faltigen Gesichtszüge durchbrochen während in Tingeltangel (1890) das Innere eines mit Kaiserbüste und schwarz-rot-goldenem Behang geschmückten Vergnügungsetablissements dargestellt und durch die Darbietungen eines Lustmädchens kontrastiert wird. Im Berliner Rummelplatz mit einer farbenprächtigen Karusseldarstellung wird einem zigaretterauchenden Arbeiterjungen ein luftballonaufblasendes Kind gegenübergestellt. Einen Vorgriff auf die Neue Sachlichkeit stellt das Aquarell Neue Häuser (1895) dar, dass ohne Schönung einen monotonen und menschenleeren Häuserkomplex in Fabriknähe zeigt.

Aufgrund der Unzufriedenheit der Berliner Künstler gegenüber der Vormachtstellung der offiziellen Kunstanschauung des Anton von Werner und die überfüllten Kunstausstellungen mit großen Bildermengen kam es im auslaufenden 19. Jahrhundert in Berlin zu einer Spaltung der Kunstszene. Unter der Leitung Leistikows gründete sich 1892 die Vereinigung der XI als exklusive Ausstellungsgemeinschaft. Auch Baluschek wurde gebeten, sich an den Ausstellungen der Vereinigung zu beteiligen. Durch den Skandal um die Absetzung einer Ausstellung Edvard Munchs im Herbst 1892 durch Anton von Werner kam es zu weiterer Unzufriedenheit innerhalb der Berliner Künstlerschaft, die 1898 in der Gründung der Berliner Secession durch die modernen Künstler der Stadt, ebenfalls angeführt von Leistikow, mündete. Auch Baluschek gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Secession und wurde zum Schriftführer gewählt. Gemeinsam mit Käthe Kollwitz, Otto Nagel und Heinrich Zille vertrat er die bodenständige und sozialkritische Kunst in der Secession, wodurch sie sich von den weitgehend durch den französischen Impressionismus, Pointillismus und Symbolismus beeinflussten Künstlern der Vereinigung unterschieden. Während Zille und Kollwitz als Zeichner allerdings auf die Schwarz-Weiß-Ausstellungen der zeichnenden Künste angewiesen waren, konnte Baluschek seine Gemälde regelmäßig auf den Ausstellungen der Secession präsentieren und stellte damit eine ständige Provokation für die konservativen Kreise dar. Bereits das Bild Singknaben (1895), das Baluschek zur ersten Ausstellung der Secession 1899 präsentierte, kontrastierte mit der Gesellschaft, die in eleganter Garderobe zu diesem gesellschaftlichen Ereignis erschienen war. Während man in Folge die „harmlosere Seite der Secession“ durchaus als Gewinn betrachtete, war die „Elendsmalerei“ beispielsweise für den nationalliberalen Reichstagsabgeordneten Waldemar von Oriola ein „zügelloses Produkt jenseits ästhetischer Normen“.

Baluschek heiratete 1902 die Theaterschauspielerin Charlotte von Pazatka-Lipinsky, die er einige Jahre vorher durch seine Verbindungen zur Theaterwelt kennengelernt hatte. 1900 schuf er eine er eine gemalte Liebeserklärung in Form eines Märchenbildes, auf der er selbst als Elfenritter einer Dame mit des Gesichtszügen von Charlotte von Pazatka-Lipinsky eine Rose überreicht. Gemeinsam mit ihr zog er in ein Haus in der Klopstockstraße in Berlin-Tiergarten, die anfangs sehr romantische Ehe verlief jedoch unbefriedigend und wurde 1913 kinderlos geschieden.

Im Jahr 1904 erschien in der Reihe Moderne Illustratoren erstmals eine Monographie über Hans Baluschek von Hermann Eßwein, angeregt durch den Verleger Reinhard Piper. Die Serie, die neben Baluschek die Illustratoren Thomas Theodor Heine, Eugen Kirchner, Adolf Oberländer, Edvard Munch, Henri de Toulouse-Lautrec und Aubrey Beardsley porträtierte, konzentrierte sich auf die Arbeiten zur Buchillustration, zeigte jedoch im Fall von Baluschek neben seinen Märchenillustrationen vor allem seine Bilder zu Berlin. 1908 wurde Baluschek Teil des Vorstands der Berliner Secession, in der Folge geriet jedoch auch diese zunehmend in die Kritik. Die Offenheit, die sie bei ihrer Gründung gegenüber der neuen Malerei des Impressionismus zeigte, wandelte sich mit dem Aufkommen des Expressionismus und Max Liebermann verhinderte als Leiter der Secession eine Ausstellung von Henri Matisse; andere Künstler wie das Secessionsmitglied Max Beckmann beschwerten sich über „eine unverschämte Frechheit nach der anderen“. 1910 kam es nach Ablehnung weiterer zur Abspaltung der Neuen Secession um Georg Tappert und Max Pechstein und zur „Ausstellung von Werken Zurückgewiesener der Berliner Secession“. 1913 wurde mit der Herbstausstellung mit Werken von Edvard Munch, Pablo Picasso und Ernst Ludwig Kirchner ein letzter Versuch unternommen, die Situation in der Berliner Secession zu beruhigen – im gleichen Jahr führten jedoch massive Vorwürfe gegen Paul Cassirer in seiner Doppelfunktion als Jurymitglied der Secession und als Kunstverkäufer zum Austritt von 42 Künstlern aus der Secession. Unter diesen befanden sich Max Liebermann und der gesamte Vorstand, die nun die Freie Secession gründeten. In der verbleibenden Berliner Secession blieb vor allem Lovis Corinth als international bekannter Künstler zurück, der sie weiterhin leitete. Baluschek heiratete im selben Jahr nach seiner Scheidung seine ehemalige Malereischülerin Irene Drösse, die 25 Jahre jünger war als er. Mit ihr blieb er bis zu seinem Tod zusammen und in den Weltkriegsjahren 1916 und 1918 brachte sie die gemeinsamen Töchter Regine und Renate zur Welt.


Entwicklung während des Krieges (1914–1918)

Der Erste Weltkrieg hatte sowohl auf das künstlerische Umfeld in Berlin wie auch auf die einzelnen Künstler einen großen Einfluss. Die Kriegserklärung des Deutschen Reichs gegen Russland und Frankreich führte in der Bevölkerung zu einer Entladung aufgestauter Spannung, die durch eine vorher stattgefundene kriegstreibende und aggressive Stimmung aufgebaut wurde. Auch in der Künstlerschaft kam es zu kriegsoptimistischen Äußerungen, etwa durch Lovis Corinth, Karl Scheffler oder Thomas Mann, und patriotischen Arbeiten und nur wenige Künstler wie Käthe Kollwitz und Otto Nagel ließen sich hiervon nicht mittreiben. Zur künstlerischen Unterstützung erschienen Zeitschriften wie die von Paul Cassirer herausgegebene Kriegszeit, für die auch Max Liebermann und auch Hans Baluschek Arbeiten beisteuerten. Heinrich Zille erfand für den Ulk die humoristischen Figuren „Vadding und Korl“, „die das Fronterlebnis als unfreiwilligen Sonntagsspaziergang erscheinen lassen“, und für die wöchentlich erschienenen Künstlerblätter zum Krieg arbeiteten neben Liebermann, Corinth, Zille und Baluschek auch Philipp Franck, Friedrich Kallmorgen und Martin Brandenburg. Auch Max Slevogt, Gerhart Hauptmann, Ernst Barlach, August Gaul und viele andere beteiligten sich mit ihren Arbeiten an der patriotischen Unterstützung der Kriegstruppen oder meldeten sich wie Richard Dehmel, Erich Heckel und Max Beckmann sogar freiwillig zum Armeeeinsatz.

Wie bei anderen war die Beteiligung an dieser Unterstützung auch bei Baluschek auf eine trotz seiner Auflehnung grundsätzlich positive Einstellung gegenüber der konstitutionellen Monarchie und zugleich einer seit langem vorhandenen Unzufriedenheit über die Bevorzugung vor allem der französischen Kunst in der deutschen Künstlerszene zurückzuführen. Bereits in den Vorjahren hatte Baluschek sich an Kunstausstellungen des Werdandibundes 1907/1908, mit dem er aufgrund der sich rasch abzeichnenden antisemitischen und intoleranten Einstellungen brach, beteiligt und militaristische Werke zur Erinnerung an die Befreiungskriege durch Zeichnungen von Militärangehörigen in privater Umgebung unterstützt. 1915 erschien eine Mappe mit dem Titel Der Krieg 1914–1916 mit 22 Bildern Baluscheks, die vom Verband der deutschen Kranken-Pflegeanstalten vom Roten Kreuz herausgegeben wurde. Sie enthielt einen „glühend patriotischen Text“ des Historikers Richard Du Moulin-Eckart, der von Zeichnungen Baluscheks von modernem Kriegsgerät wie Mörsern und anderen Geschützen, U-Booten, Flugzeugen und Zeppelinen illustriert war. Hinzu kamen zwölf ganzseitige Farbtafeln mit Kriegsszenen, „in denen unter die Kriegsfurie geratene Menschen in grauenhaften Szenen [bei] der Vernichtung des Feindes“ gezeigt werden. Abgebildet sind Kriegszerstörungen, Verwundete und Leichen in verschiedenen Kriegsszenen, wobei die Tafelserie in dem Bild Die Hilfe endet, auf dem ein Rot-Kreuz-Zelt mit Verwundeten dargestellt ist.

Baluschek meldete sich wie andere Kollegen ebenfalls wahrscheinlich freiwillig zum Kriegsdienst und wurde als Landsturmmann 1916 an der Westfrond und später im Osten eingesetzt. Während dieser Zeit illustrierte er weiterhin Kriegsszenen, u. a. im Wachtfeuer, die jedoch nüchterner wurden und die die von den Frauen übernommenen Dienste ihrer Männer zeigen. Baluscheks enger Freund Martin Brandenburg wurde bereits 1915 durch einen Kopfschuss schwer verwundet und verlor ein Auge, 1919 starb er an den Folgen dieser Kriegsverletzung. In seinem Bild Zur Heimat, bei dem ein Sarg unter soldatischer Ehrbezeigung verladen wird, verarbeitete Baluschek 1917 den Kontrast zwischen der väterländischen Hingabe des Soldaten und der Opferung seines Lebens. Das Ende des Krieges und vor allem der für Deutschland katastrophale Ausgang erschütterten Baluschek und viele andere und die Novemberrevolution 1918 nahm er nur mit Distanz wahr. Baluschek malte 1918 nur wenig, sein Oeuvre beschränkt sich in dieser Zeit auf wenige Zeichnungen der Berliner Straßenkämpfe und ein Selbstporträt, das Baluschek in ruhiger Konzentration zeigt.


Wirken in der Weimarer Republik (1918–1935)

In den Folgejahren traten vor allem Illustration von Märchen in den Vordergrund. Einem breiten Publikum sind bis heute seine Illustrationen zu Peterchens Mondfahrt aus dem Jahr 1919 vertraut, die er im Auftrag des Klemm-Verlangs für das von Gerdt von Bassewitz geschriebene Märchen schuf. Für diesen Auftrag malte und zeichnete Baluschek 16 ganzseitige Farbtuschzeitungen und 37 Federzeichnungen. Bereits in früheren Jahren hatte er sich gelegentlich mit Fantasiedarstellungen befasst und sich als Buchillustrator einen entsprechenden Ruf erarbeitet – die Bilder zu Peterchens Mondfahrt wurden jedoch zu seinen bekanntesten Märchenillustrationen. Anders als etwa Max Slevogt, der im Auftrag von Bruno Cassirer in den 1920er Jahren Märchen illustrierte, konnte sich Baluschek in die Gedankenwelt der Kinder eindenken und schuf entsprechende fantasievolle Bilder.

Hans Baluschek illustrierte weitere Kinder- und Märchenbücher für den Klemm-Verlag, darunter Was der Kalender erzählt (1919), Pips, der Pilz (1920), In's Märchenland (1922), Prinzessin Huschewind (1922) und Von Menschlein, Tierlein, Dinglein (1924). Zudem illustrierte er für den Comenius Verlag eine Ausgabe von Grimms Märchen (1925). Neben diesen Arbeiten gestaltete er Kostümzeichnungen, Plakate und Bühnenbildentwürfe für das Theater und teilweise auch für den Film, außerdem gestaltete er 1927 die Kellerräume der Weinstube Lutter & Wegner mit phantasievollen und zugleich humoristischen Szenen aus Berlin.

Baluschek war, wie viele andere Künstler, durch den Ausgang des Krieges in eine Krise geraten, zugleich nutzte er jedoch die sich bietenden Möglichkeiten zur Neugestaltung aktiv. Er entschloss sich, die am 11. August 1919 in Weimar ausgerufene Weimarer Republik aktiv zu unterstützen und vor allem im Bereich der Kultur und Bildung zu gestalten. So gehörte er 1920 zu den ersten Organisatoren und Dozenten der neu gegründeten Volkshochschule Groß-Berlin und lehrte seinen Schülern die Malerei. Bereits 1919 gehörte er zudem zum amtlichen Filmprüfungsauschuss, wo er versuchte, den oberflächlichen Unterhaltungsfilmen mit der Förderung politischer Filme entgegenzuwirken. Der 1929 von Piel Jutzi gedrehte Film Mutter Krausens Faht ins Glück, der als erster echter Zille-Film gefeiert wurde, stand unter dem Protektorat von Baluschek, Otto Nagel und Käthe Kollwitz. Ebenfalls 1919 gehörte er zu den Gründern des Bundes für proletarische Literatur und 1924 wurde er neben Arno Holz, Martin Andersen Nexø, Karl Henckell, Paul Kampfmeyer und Friedrich Wendel in den literarischen Beirat des sozialdemokratischen Bücherkreises berufen.

Im Jahr 1920 trat er in die SPD ein und wurde Vorsitzender der Kunstdeputation in Schöneberg. Ebenfalls 1920 erschien sein Novellenband Enthüllte Seelen. Gemeinsam mit den Schauspielern Erwin Piscator und Leopold Jessner wurde er unter dem Vorsitz von Berlins Oberbürgermeister Gustav Böß Bürgerdeputierter in der Deputation für Kunst- und Bildungswesen und damit zuständig für Wirtschaftsfragen im Bereich der Kunst und Künstler. Er bekam dadurch eine führende Rolle bei der Gründung der Unterstützungskasse Berliner Künstler und im Reichsverband bildender Künstler Deutschlands wurde er zeitweise Vorsitzender.

Baluschek zeichnete für die Zeitschriften Der wahre Jakob, Lachen links, Frauenwelt, Kulturwille, Der Bücherkreis, Proletarier und die Illustrierte Reichsbannerzeitung sowie für Schulbücher und Romane, wobei er seine Begeisterung von technischem Fortschritt, insbesondere dem Schienenverkehr jener Zeit, in seinen Darstellungen oftmals zeigte. Innerhalb der SPD gehörte Baluschek dem linken Flügel an und er hatte keine Berührungsängste mit kommunistischen Aktivitäten. Sein Gemälde Zukunft von 1920 erschien als Titelblatt der kommunistischen Zeitschrift Sichel und Hammer und zu den Amsterdamer Internationalen Antikriegstagen 1924 brachte Otto Nagel die Broschüre 8 Stunden der Künstlerhilfe heraus, eine Reaktion auf den Aufruf der KPD zum „Aufruf zur Erhaltung des 8-Stunden-Tags“, der unter anderem von Baluschek, Zille, Dix, Grosz, Sella, Hasse, E. Johansson, Völker, Schlichter und E. Hoffmann unterzeichnet wurde.

Baluschek eröffnete 1923 gemeinsam mit dem Reichspräsidenten Friedrich Ebert die Große Berliner Kunstausstellung und 1929 bis 1933 wurde er Leiter derselben. Zugleich war er Vorsitzender der Kunstdeputation seines Wohnbezirks Schöneberg und bemühte sich um die Wahrung der geschichtlichen Überlieferung des Bezirk. So verfasste er für eine Ausstellung die Schrift Das alte Schöneberg im Bilde. Er erhielt eine Ehrenwohnung im Atelierturm in den damals gerade neu erbauten Ceciliengärten im Ortsteil Schöneberg, in der er lebte und arbeitete.

Die Nationalsozialisten setzten Baluschek 1933 als „marxistischen Künstler“ von seinen Ämtern ab und schlossen ihn von allen Arbeits- und Ausstellungsmöglichkeiten aus. Seine Werke brandmarkten sie als „Entartete Kunst“.

Am 28. September 1935 starb Hans Baluschek im Berliner Franziskus-Krankenhaus und wurde auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof in Stahnsdorf beigesetzt (Grabstelle: Abt. L I–S III–334).


Ehrungen und Nachleben

Hans Baluschek gehörte nicht zu den bekanntesten Künstlern der Berliner Secession, entsprechend ist seine Rezeption vor allem in der Bundesrepublik Deutschland verhältnismäßig gering, während sie in der DDR vor allem durch Aktivitäten des Märkischen Museums durchaus vorhanden war. Hier gab es regelmäßig zu runden Todestagen kurze Gedenkmeldungen über Baluschek, so etwa zu seinem 30. Todestag in der Zeitung Neue Zeit am 28. September 1965. Zudem wurden seine Bilder der arbeitenden Bevölkerung regelmäßig zur Illustration verwendet.

Ausstellungen gab es vor allem zu runden Todestagen des Künstlers, eine Besonderheit stellte die Sonderausstellung zum 100-jährigen Bestehen des Märkischen Museums im Jahr 1974 dar. 1975 zeigte die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Gemälde, Zeichnungen und Grafiken anlässlich des 40. Todestags Baluscheks und 1985 fand eine Sonderausstellung zu seinem 50. Todestag statt, erneut im Märkischen Museum. Die letzte größere Ausstellung wurde 1991 in der Kunsthalle Berlin gezeigt, organisiert durch den Berliner Kunstsammler Karl H. Bröhan.

In der Semperstraße wurde am Haus Ceciliengärten 27 in Berlin-Schöneberg, in dem Hans Baluschek eine Ehrenwohnung hatte, am 28. September 1981 eine Gedenktafel für Baluschek angebracht und vom damaligen Volksbildungsstadtrat Ottokar Luban übergeben. Die Tafel zeigt neben dem Text „Hier lebte, malte, zeichnete und schrieb Hans Baluschek, 1929–1933“ eine Straßenszene in der für Baluschek typischen Art.

Seit 2004 trägt auch eine Grünverbindung in Berlin seinen Namen: Der Hans-Baluschek-Park ist eine schmale Grünanlage zwischen den S-Bahnhöfen Priesterweg und Südkreuz mit einer Länge von 1,5 Kilometer und einer Größe von sieben Hektar.

Eine seiner Schülerinnen war Anna Dräger-Mühlenpfordt.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Bundesarchiv, Bild 183-R05358 / CC-BY-SA

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