Flensburger Löwe

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Flensburger Löwe

Der Flensburger Löwe (auch Idstedt-Löwe, dänisch Istedløven) ist eine Plastik der spätklassizistischen Monumentalbildhauerei, die der dänische Bildhauer Herman Wilhelm Bissen 1862 als Denkmal für den Sieg der königlich-dänischen Truppen über die deutschen Schleswig-Holsteiner in der Schlacht bei Idstedt (25. Juli 1850) geschaffen hat. Das Original wurde nach dem deutschen Sieg im Krieg von 1864 und der Abtretung Schleswig-Holsteins von Flensburg nach Berlin verbracht, von wo es 1945 nach Kopenhagen gelangte. 2011 kehrte die Plastik an ihren ursprünglichen Standort in Flensburg zurück und wurde am 10. September 2011 enthüllt. Eine 2005 restaurierte Zinkkopie aus dem Jahre 1874 befindet sich im Berliner Ortsteil Wannsee am Seeufer von Heckeshorn.


Überblick

Für das Verständnis der Figur und ihrer Odyssee sind fünf Elemente bestimmend:

die dänisch-deutschen Kriege in der Mitte des 19. Jahrhunderts;

die Tatsache, dass der Löwe das Wappentier Dänemarks ist;

hinsichtlich der Berliner Kopie die Gründung der Colonie Alsen am Wannsee im Jahr 1863

hinsichtlich der Berliner Kopie der deutsch-dänische Krieg als Meilenstein auf dem Weg zur nationalen Einigung

hinsichtlich der Rückkehr nach Flensburg die seit mehr als 60 Jahren ständig wachsende Freundschaft zwischen Dänen und Deutschen im Grenzgebiet


Das Original

Die Plastik des Bildhauers Bissen

Im Streit um das Herzogtum Schleswig kam es im ersten Schleswig-Holsteinischen Krieg 1850 zur Schlacht zwischen der dänischen Armee und den Schleswig-Holsteinern bei Idstedt, das rund zehn Kilometer nördlich von Schleswig liegt. Der dänische Sieg in diesem Krieg hatte zur Folge, dass das Herzogtum Schleswig und damit auch die Stadt Flensburg weiterhin mit dem Königreich Dänemark in Personalunion verblieb.

Zur Erinnerung an diesen Triumph schuf der dänische Bildhauer Herman Wilhelm Bissen eine Bronzeplastik, die in Anlehnung an das dänische Wappen einen riesigen Löwen mit triumphal hochgerecktem Kopf auf einem steinernen Sockel darstellt. Das dänische Staatswappen zeigt drei gekrönte Löwen (auch das Wappen Schleswig-Holsteins und das Stadtwappen Flensburgs enthalten zwei Schleswigsche Löwen als bestimmendes Moment). Um eine anatomisch perfekte Plastik zu schaffen, reiste Bissen zuvor nach Paris und betrieb intensive Studien an einem Löwen, der im Jardin des Plantes gehalten wurde.

Im Jahr 1860 konnte Bissen ein erstes Gipsmodell fertigstellen, und im Juni 1862 war der Bronzeguss vollendet. Der Sockel für den Löwen bekam vier Reliefs mit den Profilen der Generäle Christopher von Krogh und Friderich Adolph Schleppegrell sowie der Colonels Hans Helgesen und Frederik Læssøe. Das 7,20 Meter (Sockel: 3,80 m; Bronzestatue: 3,40 m) hohe Siegesdenkmal wurde am 25. Juli 1862, dem 12. Jahrestag der Schlacht von Idstedt, auf dem Alten Friedhof in Flensburg enthüllt, wo der Löwe nach Süden schaute. Von den deutschgesinnten Schleswig-Holsteinern wurde das Standbild als Schmach empfunden, auch weil man die Statue auf Gräbern schleswig-holsteinischer (und dänischer) Gefallener errichtet hatte. Der dänische König hatte seine Teilnahme an der Enthüllung abgelehnt, da er es als einen symbolischen Bruch mit der Kultur des deutsch-dänischen Gesamtstaates empfand. Die Symbolik des Löwen ordnete sich deutlich in das seit 1852 von dänischen Nationalliberalen verfolgte Programm einer Einverleibung Schleswigs in einen dänischen Nationalstaat ein. Am 28. Februar 1864 versuchten einige deutschgesinnte Flensburger, das Monument zu stürzen. Dabei wurde das Bronzebildwerk beschädigt und der Schwanz abgebrochen; für seinerzeit in der Deutschen Illustrirten Zeitung veröffentlichte Zeichnungen, die eine weitgehende Zertrümmerung des Denkmals zeigen, gibt es keine weiteren Belege.


Von Flensburg nach Berlin

Im Deutsch-Dänischen Krieg, in dem Preußen und Österreich den Schleswig-Holsteinern beistanden, siegte bei der Festung Düppeler Schanzen am 18. April 1864 die deutsche Seite. Die Erstürmung der Festung gelang dem General der Kavallerie Prinz Friedrich Karl Nikolaus von Preußen, nachdem ein Spandauer Pionier, Carl Klinke, mit einem Pulversack eine Bresche in die Schanze II gesprengt hatte. Klinke, der sich dabei geopfert hatte, soll bei der Aktion den legendären Satz „Ick bin Klinke, ick öffne dit Tor!“ ausgerufen haben. Nachdem erneute Friedensverhandlungen vor allem an der Frage der künftigen Südgrenze der dänischen Monarchie scheiterten, setzten die preußischen Truppen schließlich am 29. Juni nach Alsen über. Kurz darauf ersuchte Dänemark um einen Waffenstillstand und musste im Prager Frieden eine weit nördlichere Grenzlinie akzeptieren: Fast das gesamte Herzogtum Schleswig fiel an Preußen und wurde 1867 mit dem Herzogtum Holstein eine neue Provinz im Königreich Preußen. Flensburg wurde damit deutsch.

Jeden Versuch, den inzwischen stark lädierten Löwen komplett vom Sockel zu stürzen, unterbanden nun die deutschen Befehlshaber. Auf Veranlassung von Ministerpräsident Bismarck erfolgte eine Demontage des Monuments, das mit einigen Bruchstücken zuerst im Hofe des Flensburger Ständehauses gelagert wurde. Im Jahre 1867 wurde die Bronzestatue gemeinsam mit den vier Sockel-Reliefs auf Betreiben des Generalfeldmarschalls Friedrich Graf von Wrangel nach Berlin transportiert.

Auf der dänischen Seite änderte sich die Sicht auf den Idstedt-Löwen durch die Überführung nach Berlin beträchtlich. War er als Siegesdenkmal zunächst durchaus umstritten und bei seiner Aufstellung eher das Projekt eines begrenzten nationalliberalen Kreises gewesen, fühlte man sich durch die Entfernung des Löwen gekränkt. Er wurde als Kriegsbeute empfunden und symbolisierte für viele Dänen wie kein anderes Monument oder Bauwerk den Verlust der südlichen Landesteile, die bis 1864 zwei Fünftel der Fläche ausgemacht hatten und in denen fast die Hälfte der Bevölkerung der dänischen Monarchie beheimatet war. Vom Löwen wurden zahlreiche Miniaturen angefertigt, die sich in vielen nationalbewussten Haushalten fanden.

Seine erste Wiederaufstellung fand der restaurierte Löwe am 9. Februar 1868 im Berliner Zeughaus. Aufgrund des Umbaus des Zeughauses reiste der Löwe, erneut demontiert, weiter nach Berlin-Lichterfelde und fand dort im April 1878 eine erneute Errichtung im Hof der Preußischen Hauptkadettenanstalt.


Von Berlin nach Kopenhagen

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich der Berliner Korrespondent der Zeitung Politiken Henrik V. Ringsted bei den US-amerikanischen Militärbehörden, in deren Sektor Lichterfelde lag, für eine Überführung des im Krieg unbeschädigt gebliebenen Löwendenkmals nach Dänemark ein. Der Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte in Europa und spätere Präsident Dwight D. Eisenhower veranlasste im Herbst 1945 den Transport nach Kopenhagen, nachdem er zuvor eine Stellungnahme der dänischen Regierung erbeten hatte. Am 20. Oktober nahm König Christian X. den Löwen offiziell in Empfang und drückte dabei die Hoffnung aus, dass das Denkmal zum Gedenken an die Opfer des Krieges von 1848 bis 1850 und an die Zeit danach dereinst wieder in Flensburg stehen sollte, wenn dies dort gewünscht würde.

Somit galt die Aufstellung des Löwen in Kopenhagen als ein Provisorium. Dort hatte der Idstedt-Löwe für lange Jahre einen Platz zwischen historischem Kriegsgerät im Hinterhof des Königlich Dänischen Zeughausmuseums, wo er von außerhalb des Museumsgeländes nicht sichtbar war. Nach der Einweihung des Erweiterungsbaus der nahe gelegenen Dänischen Königlichen Bibliothek im Jahre 2001 wurde der Hof entfernt. Ab diesem Zeitpunkt stand der Löwe alleine auf dem weiten und recht kahlen Platz, den eine Hauptverkehrsstraße durchzieht und der an der Südseite zum Wasser hin offen liegt. (Lage: ♁55° 40′ 25″ N, 12° 34′ 51″ O) Doch auch diese Erneuerung führte nicht dazu, dass die Diskussion über eine Rückführung des Denkmals nach Flensburg verstummte. In Fredericia, wo sich mit dem tapferen Landsoldaten ein weiteres Hauptwerk Bissens befindet, bemühte sich ein Verein, das Löwendenkmal für die dortigen Festungsanlagen zu gewinnen. Viele weitere Vorschläge für einen endgültigen Standort des Löwen wurden vorgebracht. Zum Gedenken an die Toten der Schlacht vom 25. Juli 1850 fand seit 2001 jährlich am Löwendenkmal eine kleine Gedenkfeier statt, ebenso in Flensburg am ehemaligen Standort des Löwen.


Diskussionen um die Rückkehr nach Flensburg

Für und wider von den 1960er bis zu den 1990er Jahren

Nach den Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955, die das Verhältnis zwischen Deutschen und Dänen sowie den Minderheiten im Grenzland auf eine neue friedliche Basis stellten, blieb der Wunsch nach einer Wiederaufstellung des Löwen seitens der dänischen Minderheit bestehen. Doch auch auf deutscher Seite mehrten sich im Laufe der Zeit - und der fortschreitenden Normalisierung des deutsch-dänischen Verhältnisses - die Stimmen zu einer Rückführung des Löwen. 1962 meinte der Flensburger CDU-Politiker, Stadtpräsident, Chefredakteur des Flensburger Tageblatt und damalige Vorsitzende des SHHB Hanno Schmidt, dass eine Neuaufstellung des Löwen in Flensburg als Ausdruck eines neuen Geistes dazu beitragen könnte, die historischen Gegensätze zu überwinden. Darin pflichtete ihm der aus Nordschleswig stammende Vorsitzende des Grenzfriedensbundes Hans Peter Johannsen bei.


Der Löwe in Flensburg nach seiner Rückkehr 2011

Doch in der Folgezeit geschah nichts, außer dass die Diskussion um die Rückkehr des Löwen immer wieder aufflammte. Noch in den 1980er Jahren gab es eine breite deutsche Ablehnung in der Flensburger Ratsversammlung. Eine größere Kontroverse gab es 1992, als sich mehrere deutsche Grenzlandpolitiker für die Überführung des Idstedt-Löwen einsetzten. Als erster Deutscher hielt in diesem Jahr Siegfried Matlok, Repräsentant der deutschen Nordschleswiger und Chefredakteur der Tageszeitung Der Nordschleswiger, eine Rede bei der Idstedt-Gedenkfeier in Kopenhagen, in der er sich für die Rückführung stark machte. Unterstützung erhielt er vom Vorsitzenden des Grenzfriedensbundes Artur Thomsen, der einige Jahre zuvor als Stadtpräsident noch eine reservierte Haltung gegenüber dem Löwen eingenommen hatte. Der inzwischen positiveren Stimmung gegenüber dem Idstedt-Löwen vor allem in sozialdemokratischen Kreisen stand jedoch immer noch eine heftige Ablehnung im konservativen Lager gegenüber. Der Vorstoß im Jahre 1992 scheiterte nicht zuletzt am Protest Flensburger Bürger, die den Löwen im Kontext mit seiner nationalistischen Aussage für ungeeignet hielten, "zukunftsweisendes Symbol" für den Grenzfrieden zu sein. Auch eine gemeinsam konzipierte Ausstellung der Museen in Sonderburg und Flensburg über die Geschichte des Löwen 1993/94 wurde von teilweise heftiger Polemik begleitet. Viele Befürworter resignierten, auch wenn die Diskussion über die Löwenrückkehr immer wieder im Zusammenhang mit den alljährlichen Gedenkfeiern aufgenommen wurde. Die Argumente pro und contra Rückkehr blieben im Prinzip dieselben, doch zeichnete sich immer stärker ein Generations- und Gesinnungswechsel ab, der vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Normalisierung des deutsch-dänischen Verhältnisses zu sehen ist.


Stimmen für eine Rückführung nach Flensburg

Mit der Überführung nach Berlin hatte die Symbolik des Löwen eine neue Dimension erhalten. Für viele national gesinnten Dänen war er nun zu einem Opfer geworden, das auf seine Weise die als Fremdherrschaft empfundene Lage der schleswigschen Dänen im Deutschen Reich widerspiegelte. Nach der Grenzziehung von 1920 betraf dies vor allem noch Südschleswig. So setzten sich bereits Ende der 1920er Jahre wiederholt Vertreter der dänischen Minderheit für die Rückkehr des Denkmals ein. Dabei betonten sie nicht zuletzt die Bedeutung des wachsamen Löwen als Grabmal für die auf dem Alten Friedhof bestatteten Toten von 1850. Auf deutscher Seite stießen sie damit jedoch regelmäßig auf Ablehnung. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der Überwindung des Grenzkampfs ab 1945 und den Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 meldeten sich die ersten deutschen Stimmen zu Wort, die sich für eine Rückkehr des Idstedt-Löwen aussprachen. Wie erwähnt waren dies zuerst der Vorsitzende des Grenzfriedensbundes Hans Peter Johannsen, selbst deutscher Nordschleswiger, zum anderen war dies Hanno Schmidt, Chefredakteur beim Flensburger Tageblatt, Mitglied der CDU-Ratsfraktion und zeitweiliger Vorsitzender des SHHB. Dieser meinte, dass ein in Flensburg wiederrichteter Löwe ”das Zeugnis eines neuen Geschichtsabschnitts, ja eines die Völkerbeziehungen beherrschenden neuen Geistes” sein könnte. Doch erst ab Ende der 1980er Jahre mehrten sich in deutschen Kreisen die Stimmen für eine Rückführung. Siegfried Matlok meinte, dass ”ein Beschluss in Flensburg, den Löwen zu nehmen, eine schöne politische Geste von deutscher Seite sein wird, die dokumentiert, dass Deutsche und Dänen aus der Geschichte gelernt haben” und der Mythos um den Löwen durch die Neuaufstellung entmythologisiert werden könnte. Auch Johannsens Nachfolger beim Grenzfriedensbund, der frühere Flensburger Stadtpräsident Artur Thomsen, änderte bis 1992 seine ablehnende Haltung, weil er aus vielen Gesprächen gelernt hätte, ”dass es dem Frieden im Grenzland dienen würde, wenn er wieder auf dem Alten Friedhof aufgestellt werden könnte”. Denn solange der Löwe in Kopenhagen bleibe, würde er den Dänen signalisieren, dass ”es deutsche Vorbehalte gegen Dänemark gibt, die von einem Ereignis vor fast 150 Jahren abgeleitet werden”. Der Sprecher der Flensburger Europa-Union Gert Rossberg forderte wie viele andere auch dazu auf, ”die Vergangenheit nicht dem Vergessen zu überantworten” und den Löwen gerade als Zeugnis jener konfliktreichen Zeiten zurückzuholen, aus denen man lernen müsse. Der SPD-Ratsfraktionschef Knut Franck meinte, dass der Löwe vor allem zum Nachdenken anrege und an die konfliktreiche Geschichte erinnere, die eben auch eine gemeinsame sei, und dass er gerade durch eine historisch gut eingebettete Neuaufstellung zu einem Symbol neuer Toleranz werden könnte. Der damalige Stadtpräsident Peter Rautenberg hob zudem den museumspädagogischen Wert des ”Stadt- und Kulturdenkmals” hervor. In Berlin zeigte man sich über die lange Kontroverse verwundert und verwies darauf, dass die dort am Wannsee stehende Kopie des Löwen zu keiner Zeit umstritten gewesen sei. Dänische Stimmen nannten zudem weiterhin die Bedeutung als Grabmal und betonten wiederholt, dass die von den Erbauern beabsichtigte Funktion als Siegesmal überhaupt keine Rolle mehr spiele. Dies sahen auch die deutschen Fürsprecher so. Gerade durch die Neuaufstellung des einst als dänisches Siegesdenkmal geplanten Löwen auf deutschem Boden sollte man ein Symbol für die Überwindung der seinerzeitigen Gegensätze setzen. Zudem war es lange her gewesen (und ohnehin nur kurz), dass der Löwe seine Rolle als Siegesdenkmal hatte spielen können. Seither hatte sich seine Symbolik vielfältig entwickelt.


Gegenstimmen gegen eine Rückführung

Die Gegner einer Rückführung des Idstedt-Löwen verwiesen fast durchgehend auf eben die genannte ursprüngliche Funktion eines dänischen nationalen Siegesdenkmals und sprachen ihm jede andere geschichtliche Bedeutung ab. ”Seine Zeit ist nicht mehr die unsere; er kann uns nichts mehr sagen...”, schrieb der Chefredakteur des Flensburger Tageblatt und CDU-Ratsherr Hans-Wilhelm Pries, der zudem Besuche dänischer Nationalisten fürchtete, die den Grenzfrieden stören könnten. Der Löwe sei von ”monströser Scheußlichkeit”. Sein Fraktionskollege Dieter Pust forderte eine museale Aufstellung in Kopenhagen, weil man dort selbst zu wenig über den Löwen wüsste. Eine museumstechnische Aufstellung in Flensburg wäre ”Augenwischerei” und eine neue Friedensbotschaft wäre in Flensburg schwer vermittelbar, zumal es in dieser ”von Anfang bis Ende politischen Frage” viele Widersprüche gebe. Auch Uwe Ronneburger, Vorsitzender des SHHB, befürchtete eine Destabilisierung des Grenzfriedens und verwies wie viele andere darauf, dass man bei der Aufstellung 1862 pietätlos Gräber beseitigt habe. Der neu aufgestellte Löwe würde den Grabfrieden stören. Die Flensburger Stadtarchivare Hans Friedrich Schütt und Broder Schwensen forderten eine Entpolitisierung und stärkere ”Historisierung” des Idstedt-Löwen und anderer Denkmäler, wobei sie den Löwen in seiner ursprünglichen Botschaft des nationalen Alleinanspruchs als Pendant zum deutschen Knivsberg-Denkmal sahen. Eine Aufstellung als Zeichen neuer deutsch-dänischer Zusammenarbeit hielten sie damals nicht für sinnvoll und schlugen eine museale Aufstellung am Sonderburger Schloss vor, wo er in eine umfangreiche regionalgeschichtliche Sammlung hätte einbezogen werden können.


Wiederaufstellung und Festakt 2011

Anlässlich des 725-jährigen Stadtjubiläums der Stadt Flensburg im Jahre 2009 beauftragten alle Fraktionen der Flensburger Ratsversammlung den Oberbürgermeister Klaus Tscheuschner, die Rückkehr des Löwen nach Flensburg zu prüfen. Mit lediglich fünf Gegenstimmen wurde ein Antrag auf Rückführung an die dänische Regierung gestellt, den diese positiv beantwortete. Mit nur drei Gegenstimmen beschloss die Ratsversammlung am 18. Februar 2010 die Wiederaufstellung am ursprünglichen Standort im Rahmen eines Festaktes. Geplant war, den Löwen am 12. September 2010 (Europäischer Tag des offenen Denkmals) wieder auf dem Alten Friedhof, der heute zum Gesamtkomplex des Museumsbergs Flensburgs gehört, aufzustellen. Dabei sollte auf der Vorderseite des Sockels eine neue Plakette mit folgender Inschrift aufgebracht werden: Isted den 25. Juli 1850, Rejst 1862, 2010 wieder errichtet als Zeichen von Freundschaft und Vertrauen zwischen Dänen und Deutschen. Nachdem dieser Termin wegen der aufwändigen, noch in Kopenhagen vorgenommenen gründlichen Renovierung des Bronzedenkmals nicht eingehalten werden konnte, war die Rückkehr der Figur zum 10. September 2011 vorgesehen.

Anders als noch zu Beginn der 1990er Jahre gab es keine nennenswerte Kontroverse um die Rückführung. Dennoch gab es einige kritische Stimmen, die in erster Linie die oben genannten Kritikpunkte am Löwen wiederholten. Von einigen wurde kritisiert, dass es keine öffentliche Diskussion im Vorfeld der Aufstellung gegeben habe. Dies wies Bürgermeister Tscheuschner u.a. mit der Begründung zurück, dass es seit langem eine Diskussion gegeben habe, in der die gegensätzlichen Standpunkte unverändert geblieben waren. Hingegen wäre eine Emotionalisierung des Themas wie 1992 und 1994 nicht gut gewesen. Tatsächlich blieb die Debatte weitgehend sachlich. Lediglich ein Journalist, der das Gerücht aufwarf, dass Tscheuschner die Rückkehr des Löwen gegen den Verzicht des SSW auf Aufstellung eines eigenen Kandidaten bei der nächsten OB-Wahl eingefädelt hätte, und ein Historiker, der einen "kleinen, aber sehr einflussreichen" und "sich hermetisch abschließenden Kreis ideologisch konditionierter Funktionäre" für die Rückführung des Löwen verantwortlich machte, sorgten kurzzeitig für Kontroversen, änderten aber nichts mehr an der planmäßigen Aufstellung des Denkmals an seinem ursprünglichen Standort.

Am 10. September 2011 fand die offizielle feierliche Enthüllung der neugestalteten Gedenktafel durch Prinz Joachim von Dänemark statt. Die Bronzetafel, ein Werk des renommierten Kunstschmiedes Klaus Bösselmann, befindet sich auf der Vorderseite des Monumentes. Sie trägt den ursprünglich geplanten Schriftzug, jedoch mit geänderten Datum 2011. Auf der Rückseite ist eine (ebenfalls von Klaus Bösselmann gestaltete) vierzeilige Plakette mit dem Wortlaut 1862 Flensborg • 1868 Berlin • 1945 København • 2011 Flensburg angebracht. Neben Joachim von Dänemark waren der Flensburger Oberbürgermeister Simon Faber, Stadtpräsident Christian Dewanger, der dänische Kulturminister Per Stig Møller und der deutsche Botschafter in Kopenhagen als Redner des Festaktes auf dem Alten Friedhof zu Füßen des Löwen geladen. Begleitend hierzu gab es im benachbarten Museum die Ausstellung Gut gebrüllt, Löwe! Nachbarschaftliches rund um den Idstedt-Löwen statt. Seither hat sich der Idstedt-Löwe zu einem neuen Besuchermagnet auf der westlichen Höhe der Fördestadt entwickelt.


2012: Der (Rück-)Blick hinter die Kulissen - „In Freundschaft und Vertrauen“?

Bereits 2012, also knapp ein Jahr nach Wiedererrichtung, erschien ein Buch aus der Feder der Flensburger Historiker Lars N. Henningsen und Broder Schwensen, das neben den technischen und finanziellen Hintergründen der Löwen-Rückführung vor allem die politischen Hintergründe anhand zahlreicher Quellen rekonstruiert. Danach teilen beide Historiker die Vermutung, Oberbürgermeister Tscheuschner habe durchaus aus wahltaktischen Gründen der Rückführung zugestimmt. Die Gestaltung des Denkmals, insbesondere die Bevorzugung einer Rekonstruktion anstelle einer durchdachten Neukonzeption, ging wesentlich auf dänische Wünsche zurück. Die an den Verhandlungen beteiligten deutschen Stellen hätten in nahezu allen Punkten den dänischen Vorstellungen entsprochen und damit eigene Konzepte, die eine Neuinterpretation des Denkmals durch einen anderen Aufstellungsort oder künstlerische Verfremdung im Auge hatten, über Bord geworfen. Schließlich konnten beide nachweisen, dass die Flensburger offiziellen Stellen eine öffentliche Diskussion vermeiden wollten - vor allem, weil man kritische Stimmen fürchtete. Henningsen und Schwensen resümieren, dass nun nicht mehr das Denkmal selbst Ausdruck für „Freundschaft und Vertrauen“ sein könne, sondern lediglich der Akt der Rückführung in diesem Sinne gemeint gewesen sei. Zudem belegen Stimmen aus der schleswig-holsteinischen Landesdenkmalpflege, dass sich die Deutung des Löwen als nationales dänisches Denkmal in Flensburg bis heute gehalten habe[25], was dem bis heute weitgehend intakten nationalen Selbstverständnis in Dänemark entspräche. So sei es an künftiger, noch zu leistendender Vermittlungsarbeit, das Denkmal endgültig seinem einseitigen nationalen Kontext zu entreißen und zu einem Denkmal aller Flensburger zu machen. Noch ist das Denkmal allein Zentrum von Feiern der dänischen Minderheit, die „zahlreichen Besucher“ stammen überwiegend aus Dänemark, wo der Löwe – im Gegensatz zu Schleswig-Holstein – allgemein bekannt ist und als Zeugnis dänischer Geschichte (und nationaler Präsenz) im Landesteil Schleswig interpretiert wird.

Insgesamt wirft das Buch durch seine akribische Analyse der Quellen einen deutlichen Schatten auf die Aktion „Rückführung“; sie kann als Beispiel dafür gelten, wie in einer Grenzregion mit konfliktbeladener Geschichte nicht umgegangen werden darf: nämlich konfliktscheu und ohne Beteiligung der Bevölkerung. Da 2012 dänischerseits heftige Kritik an Plänen darüber laut wurde, ein eigens dafür entworfenes Versöhnungsdenkmal auf den Düppeler Schanzen zum gemeinsamen deutsch-dänischen Erinnern zu errichten, verstärkt sich nun durch die Aufstellung des „Idstedt-Löwen“ die Asymmetrie der Erinnerungskultur im Grenzland: Während in Dänemark fast alle deutschen Denkmäler von 1848–1851 und 1864 zerstört wurden und selbst kleine Gesten wie zweisprachige Ortsschilder in Gebieten mit deutscher Minderheit verweigert werden, werden der dänischen Kultur und ihren nationalen Erinnerungstätten südlich der Grenze stets weitgehende Zugeständnisse gemacht.


Die Berliner Kopie

Villenkolonie Alsen und der Löwe

Im Jahr 1863 gründete der Berliner Bankier und Direktor der Berliner Handelsgesellschaft Wilhelm Conrad am Wannsee die vornehme Villenkolonie Alsen, die sich schnell zu einer der ersten Adressen der vermögenden Berliner entwickelte. Im Jahr 1873 wählte Conrad den Namen der Kolonie – in einer Zeit der nationalen Begeisterung nach der Reichsgründung – zur Erinnerung an die Kapitulation der dänischen Insel Alsen im Jahr 1864, die den deutschen Sieg über Dänemark besiegelt hatte. Das historisch passende Monument für seine Kolonie fand Conrad nur wenige Kilometer entfernt mit dem Flensburger Löwen, von dem er 1874 (ältere Angaben 1869, am Denkmalssockel: 1865) eine Zinkkopie anfertigen und auf dem erhöht liegenden Bergpark aufstellen ließ. Die Informationstafel vor Ort führt dazu aus:

„Die Aufstellung an diesem Ort war neben dem dekorativen Zweck auch ein Zeichen der Verehrung, die Wilhelm Conrad für Prinz Friedrich Karl von Preußen besaß, der auf dem nahen Gut Düppel lebte. Statt der Medaillons von vier dänischen Generälen beim originalen Denkmal, führte die Kopie daher ein Porträtmedaillon des Prinzen Friedrich Karl im Sockel.“

Dieses Relief verschwand 1919 nach einem Diebstahl. Nach dem Tod Conrads und der anschließenden Aufteilung und dem weiteren Ausbau des Geländes am Bergpark blieb dem Denkmal, das 1923 in das Eigentum der Stadt Berlin überging, zunehmend weniger Platz. Im Jahr 1938 kam es nach Berichten in der dänischen Presse und nach einer Beschwerde der Botschaft über die von Gebüsch umwucherte und ungepflegte Plastik zur Umsetzung in die Ortsanlage Heckeshorn am Westufer des Großen Wannsees. Dort steht der rund zwei Tonnen schwere Löwe auch heute noch auf einem Aussichtsplateau am Tiefhornweg in einem kleinen Park neben der Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz. Die erhöhte Lage auf einem Hügelhang unmittelbar vor dem Ufer bietet einen weiten Blick auf die Havelseenkette und auf das gegenüberliegende, denkmalgeschützte Strandbad Wannsee aus den Jahren 1929/1930.


Umfassende Restaurierung 2005

Bei dem Diebstahl im Jahr 1919 hatte die Statue den Schwanz verloren. Ein notdürftiger Ersatz und weitere dringende Reparaturen erfolgten erstmals nach der Umsetzung in dem Jahr 1938. Zur lange überfälligen, umfassenden und vier Monate währenden Restaurierung kam es im Jahr 2005 in einer Berlin-Adlershofer Werkstatt. Der Restaurator Bernd Michael Helmich zerlegte die Figur in rund einhundert Einzelteile, sodass korrodierte Nahtstreifen und Verschraubungen sowie Risse ausgebessert werden konnten. Modernes Glasfasergewebe schließt nunmehr die Nahtstellen ab und eine Edelstahlkonstruktion ersetzt das hinfällige innere Stützkorsett. Um den seinerzeit unzulänglich reparierten Schwanz wieder authentisch herzustellen, nahmen Mitarbeiter der Werkstatt einen Abdruck am Kopenhagener Original.

An den Gesamtkosten von rund 90.000 Euro, die auch die Sanierung des Denkmal-Sockels und -platzes enthalten, beteiligte sich der Bezirk Steglitz-Zehlendorf mit rund 10.000 Euro. Den Rest brachten je zur Hälfte das Landesdenkmalamt und die Hinckeldey-Stiftung auf, die 1993 zum Gedenken an den preußischen Polizeipräsidenten von Berlin, Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey, gegründet worden war. Der Sockel erhielt eine neue Tafel, die in elf Zeilen die Denkmalgeschichte erläutert.

Am 1. September 2005 fielen bei einer feierlichen Übergabe die Hüllen der runderneuerten und konservierten Zinkgussplastik. Acht neue historische Schinkel-Leuchten sorgen für einen passenden Rahmen der Kopie des Isted-Löwen.



Text: Wikipedia

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