Kindertag

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Der Kindertag, auch Weltkindertag, internationaler Kindertag oder internationaler Tag des Kindes ist ein in über 145 Staaten der Welt begangener Tag, um auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder und speziell auf die Kinderrechte aufmerksam zu machen. Die Art seiner Ausrichtung reicht von einem Gedenk- bzw. Ehrentag für Kinder über einen Quasi-Feiertag mit Festen und Geschenken bis zu politischen Pressemitteilungen, Aktionen und Demonstrationen in der Tradition eines Kampftages. Ziele des Tages sind Themen wie Kinderschutz, Kinderpolitik und vor allem die Kinderrechte in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Es gibt kein international einheitliches Datum, was historisch begründet ist (siehe Geschichte). In über 40 Staaten wie in China, in den USA (teilweise), vielen mittel- und osteuropäischen Ländern sowie Nachfolgestaaten der Sowjetunion wird am 1. Juni der internationale Kindertag begangen. In vielen anderen Ländern sind es gänzlich andere und sehr verschiedene Daten. In Deutschland und Österreich wird am 20. September der Weltkindertag ausgerichtet, aber auch der 1. Juni als internationaler Kindertag gefeiert.[2]

Die Vereinten Nationen selbst begehen den Weltkindertag am 20. November als Internationaler Tag der Kinderrechte, dem Jahrestag, an dem die UN-Vollversammlung die Kinderrechtskonvention von 1989 verabschiedete; auch diesem Datum haben sich viele Staaten angeschlossen.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken mit einem Bezug zum Kindertag.

Volkskindertag 1913

Geschichte

Erste Ideen reichen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück und sind eng mit der Entwicklung der Kinderrechte verbunden. 1902 veröffentlichte die schwedische Reformpädagogin Ellen Key ihr Buch Jahrhundert des Kindes, womit sie den Schutz, die Bedürfnisse und Rechte der Kinder in das Blickfeld einer zunehmend aufgeklärten Öffentlichkeit rückte.

„Dabei war es nicht etwa ein Staat Westeuropas, sondern die Türkei, die 1920 als erstes Land einen Kindertag einführte“,[2] zeitgleich mit der Staatsgründung. Seit 1921 begeht die Türkei den Tag des Kindes (Ulusal Egemenlik ve Çocuk Bayramı) am 23. April.[3]

Aufgerüttelt durch das massenhafte Elend der Flüchtlingskinder vor allem in Osteuropa nach dem Ersten Weltkrieg gründete die englische Grundschullehrerin Eglantyne Jebb das britische Komitee „Save the Children“. Überzeugt von der Notwendigkeit, für die Interessen des Kindes einzutreten, entwarf sie ein Fünf-Punkte-Programm, welches sie 1923 an den Völkerbund in Genf schickte. Diese Charta – bekannt als Genfer Erklärung - wurde am 24. September 1924 von der Generalversammlung des Völkerbundes verabschiedet. Auch wenn es bei dieser Erklärung vor allem um den Schutz und das Wohl der Kinder ging, enthielt sie mit dem Artikel 5 ein wichtiges Element des sozialistisch geprägten internationalen Kindertages: „Das Kind soll in dem Gedanken erzogen werden, seine besten Kräfte in den Dienst seiner Mitmenschen zu stellen.“[4] Im Zuge dieser und weiterer Entwicklungen führten einige Staaten einen entsprechenden Tag ein. In Deutschland propagierte vor allem die Arbeiterbewegung einen Kindertag.[5] Als 1931 in Wien die 2. Internationale Arbeiterolympiade stattfand, begannen die Feierlichkeiten am 19. Juli mit einem „Fest des Kindes“ und es wurde ein Internationaler Kindertag ausgerufen. Wegen der politischen Verhältnisse wurde dieser Aktionstag als sozialistische Propaganda angesehen.[6]

Mit der Gründung der UNO am 26. Juni 1945 und der darauffolgenden Auflösung des Völkerbundes 1946 wurde die Genfer Erklärung nicht übernommen und verlor somit ihre völkerrechtliche Grundlage. Zunächst beschäftigte man sich mit den Menschenrechten im Allgemeinen, welche 1948 verabschiedet wurden.

Internationaler Kindertag, 1. Juni

Die Einrichtung eines internationalen, jährlich stattfindenden Kindertages wurde im Dezember 1948 in einer Resolution des in Budapest tagenden 2. Weltkongresses der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF) vorgeschlagen. Auf der Ratstagung der IDFF im November 1949 in Moskau wurde dann der 1. Juni als Datum des Kindertags festgelegt. Der ebenfalls sozialistisch ausgerichtete Weltbund der Demokratischen Jugend schloss sich dieser Idee im Januar 1950 an.[7] Der erste internationale Tag des Kindes wurde noch im selben Jahr am 1. Juni begangen[8] und etablierte sich gleichzeitig oder kurz darauf in vielen sozialistischen Ländern.

Die Gründe für die Wahl des 1. Juni sind nicht mehr klar greifbar. Möglicherweise geht es auf zwei Ereignisse zurück. Zum einen fingen wohl die Konferenzen von 1924 bereits im Juni an und man bezog sich auf ein entsprechendes Datum. Zum anderen besagt eine Theorie, dass dies auf einen chinesischen Konsul in San Francisco zurückgeht, der anlässlich des chinesischen Drachenbootfestes Anfang Juni ein Fest für Waisenkinder in der amerikanischen Westküstenstadt veranstaltete.[3][9] Anfänglich und in den offiziellen Schriften der sozialistischen Länder war der Kindertag – analog zum Internationalen Frauentag ein „Kampftag für die glückliche und friedliche Zukunft aller Kinder“[10] weltweit. Entsprechend lag der Schwerpunkt auf dem Recht eines jeden Kindes, in Frieden und Wohlstand aufwachsen zu dürfen.

Weltkindertag

Als die Geburtsstunde des UN-Weltkindertages gilt der 21. September 1954. An diesem Tag empfahl die 9. Vollversammlung der UNO ihren Mitgliedsstaaten die Einrichtung eines weltweiten Kindertages. So sollte

der Einsatz für die Rechte der Kinder gefördert werden sowie

die Freundschaft unter den Kindern und Jugendlichen.

Außerdem sollten sich die Regierungen einmal im Jahr öffentlich verpflichten, die Arbeit des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF zu unterstützen.[8]

Die Staatengemeinschaft beauftragte UNICEF mit der Ausrichtung dieses weltweiten Tages.[1] Damit griffen die Vereinten Nationen sowohl den Vorschlag auf, den die amerikanische Organisation „International Union for Child Welfare“ unterbreitete, die bereits 1952 für einen weltweiten Kindertag plädierte,[8] als auch trugen sie dem Umstand Rechnung, dass sich in den sozialistischen Staaten schon seit 1950 ein internationaler Kindertag (1. Juni) zu etablieren begann. Die Wahl eines geeigneten Datums wurde jedem UN-Mitglied freigestellt, ebenso der Schwerpunkt und die Art und Weise.

Am 29. November 1959 wurde von der Generalversammlung der UN die „Erklärung der Rechte des Kindes“ – 35 Jahre nach der Genfer Erklärung – einstimmig verabschiedet, aber noch immer nicht völkerrechtlich bindend. 1979 wurde von der UN das gesamte Jahr zum Internationalen Jahr des Kindes erklärt. Im Zuge dessen wurde auf polnische Initiative hin eine Kommission eingesetzt, die eine Kinderrechtskonvention erarbeiten sollte. Weitere 10 Jahre später, 1989, wurde das „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ völkerrechtsverbindlich von der UN-Vollversammlung verabschiedet. Das Datum, der 20. November, wird seitdem von der UN als Internationaler Tag der Kinderrechte gefeiert.

Kindertag in Deutschland

Internationaler Kindertag in der DDR, 1. Juni

Auch in der DDR wurde der Kindertag im Jahre 1950 eingeführt. Anlässlich des 1. Kindertages 1950 wurde z. B. in Dresden eine Kindereisenbahn, die spätere Pioniereisenbahn und heutige Parkeisenbahn, eröffnet.[11] Fortan gehörte der 1. Juni – wie in den meisten anderen Ostblockstaaten auch – zu den herausragenden jährlichen Ereignissen im Leben vieler Kinder. Für die Kinder war der Tag ganz pragmatisch ein unterrichtsfreier Feiertag. In Schulen und Kindergärten wurden Kinderfeste veranstaltet. Es gab Kinder- bzw. Pionierfeste, Veranstaltungen mit Gratulationen und kleinen Geschenken von den Eltern, Lehrern und Erziehern. In Schulen und Kindereinrichtungen wurde der Tag mit Umzügen, Spielveranstaltungen und festlichen Programmen gestaltet, wobei politische Kinderlieder wie Kleine weiße Friedenstaube, Immer lebe die Sonne oder Über allen strahlt die Sonne auch an den Charakter des Festes für Frieden und Völkerverständigung erinnerten.

Gefeiert wurden die Kinder an sich - die Träger der zukünftigen Gesellschaft. Aber immer auch das sozialistische System mit seinen tatsächlichen (z. B. konsequentere Abschaffung der Prügelstrafe) und vermeintlichen Errungenschaften gegenüber den kapitalistischen Ländern.[12] Entsprechend wurde vor allem propagandistisch die Kinderarmut, ein rückständigeres Familienrecht und der Analphabetismus in der westlichen bzw. dritten Welt gegeißelt. Eigene Probleme wurden komplett ausgeblendet bzw. erst angesprochen, wenn diese erfolgreich angegangen werden konnten, wie z. B. die prekäre Ernährungssituation vieler Kinder Anfang der 1950er Jahre.

Weltkindertag in der Bundesrepublik Deutschland, 20. September

Mit der Verabschiedung der Resolution von 1954 wählte die Bundesrepublik Deutschland den 20. September als Weltkindertag. Abgesehen von vereinzelten Aktionen und Festen wurde dieser Tag von der Bevölkerung kaum wahrgenommen.[8] Dies zeigte sich zum Beispiel auch in der Tatsache, dass der Kindertag in keinem bedeutenden westdeutschen enzyklopädischen Werk als Stichwort zu finden ist; ganz im Gegensatz zum 1. Juni in vergleichbaren Schriften der DDR und auch im Gegensatz zum internationalen Frauentag. Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen wurde dieser Tag nicht propagandistisch genutzt. Im Zentrum standen vor allem nach innen gerichtete familienpolitische Themen, Missstände in der Jugendhilfe und Forderungen nach einer kindergerechteren Gesellschaft z. B. bei der Städteplanung. Zum anderen gab es nicht zu unterschätzende gesellschaftspolitische Vorbehalte. Eine konsequente Entwicklung und Umsetzung einiger Kinderrechte stand im Gegensatz zum damaligen deutschen Familienrecht (letztlich unterschrieb Deutschland die Kinderrechtskonvention von 1989 deshalb nur unter Vorbehalt und nahm diesen erst 2010 zurück). Erwähnenswerte, regelmäßige Aktionen mit Kinderfesten und politischen Forderungen wurden z. B. von der Deutschen Sektion von UNICEF und vom Deutschen Kinderschutzbundes durchgeführt.[13][14]

Erst als das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) 1989 – im Zuge der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention – den Weltkindertag mit einem Kinderfest in Bonn feierte, wuchs die Bedeutung dieses Datums wieder an.[8] Fortan gab es von der Bundesregierung bzw. –Ministerien jährliche Pressemitteilungen.

Entwicklung im wiedervereinigten Deutschland

In fast jeder größeren deutschen Stadt werden zum Kindertag Kinderfeste gefeiert, oft von freien Trägern der Jugendhilfe, Kinderschutzorganisationen und Kommunen gemeinsam. Das größte Fest mit über 100.000 Besuchern findet in der Hauptstadt Berlin auf dem Potsdamer Platz um den 20. September statt. Als bundeszentrale Festveranstaltung zum Weltkindertag übernimmt jährlich ein bedeutender Politiker die Schirmherrschaft; in den Jahren 2011 bis 2013 war es der jeweilige Bundespräsident, seit 2014 ist es die Familienministerin.[15][16][17]

Beim Datum ist die Republik noch immer klar zweigeteilt: In den alten Bundesländern feiert man am 20. September den Weltkindertag, in den neuen Bundesländern traditionell den 1. Juni als internationalen Kindertag.[18] Von der Bundesregierung wurde die ersten 15 Jahre nach der Wende der 1. Juni relativ ignoriert und offiziell ausschließlich der Weltkindertag am 20. September begangen. Nach und nach akzeptierte man auch das andere Datum mit seiner Tradition,[2] welches – vielleicht auch wegen des durchschnittlich besseren Wetters – nicht aufgegeben wurde, und begeht auch diesen Tag ganz bewusst.[19] In Berlin findet das größte Kindertagsfest um den 1. Juni auf dem Alexanderplatz statt. Die Veranstaltung zum 1. Juni im FEZ wird auch von den beiden Hauptträgern des Weltkindertagfestes Unicef und Deutsches Kinderhilfswerk unterstützt.[20]


Text: Wikipedia

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