Mahnmal Köpenicker Blutwoche

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Mahnmal Köpenicker Blutwoche

Das Mahnmal wurde in den Jahren 1966–1970 von Walter Sutkowski erschaffen.

Köpenicker Blutwoche

Die Köpenicker Blutwoche war eine Verhaftungs-, Folter- und Mordaktion der SA auf Zivilisten im Jahr 1933. Sie fand vom 21. bis zum 26. Juni 1933 im Berliner Stadtteil Köpenick statt und wurde von SA-Sturmbannführer Herbert Gehrke geleitet. Etwa 500 Gegner des Nationalsozialismus wurden dabei von der Köpenicker SA-Standarte 15 gefangengenommen, gedemütigt, gefoltert; ein Teil der Verfolgten wurde ermordet oder erlag den Folgen der Folterungen, etliche blieben dauerhaft körperlich und psychisch gezeichnet. 1950 wurden Täter gerichtlich zur Verantwortung gezogen und verurteilt.[1][2]

Die SA und andere NS-Institutionen gingen nach der Machtübernahme (Januar 1933) teils systematisch und teils mit spontanen Aktionen gegen politische Gegner vor; sie trieben unter anderem die Gleichschaltung und die Festigung der NS-Herrschaft voran. Bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 hatten in Berlin SPD und KPD trotzdem zusammen 1.377.000 Stimmen erhalten.

Orte und Ereignisse

Erstes Angriffsziel war die Wohnsiedlung Elsengrund am S-Bahnhof Köpenick. Als Anton Schmaus, einer der widerrechtlich Verhafteten des ersten Tages, in Notwehr drei SA-Männer niederschoss, hatten die Gewaltaktionen zuvor bereits ihren Anfang genommen. Die Gaststätten Demuth in Köpenick und Seidler im Siedlungsviertel Uhlenhorst, das ehemals dem Reichsbanner gehörende Wassersportheim in der Wendenschloßstraße sowie Bootshäuser in Grünau und das Amtsgerichtsgefängnis an der Puchanstraße waren Schauplätze, an denen Antifaschisten gefoltert wurden. Ein Teil der Verhafteten wurde nach Misshandlungen im Lokal Seidler ins Polizeipräsidium gebracht, von wo man manche wieder entließ.

Opfer waren Mitglieder von KPD und SPD, des Reichsbanners, des Deutschnationalen Kampfringes (DNVP), Juden, Gewerkschafter und Parteilose; unter ihnen der frühere Ministerpräsident von Mecklenburg-Schwerin Johannes Stelling, der Reichsbannerführer Paul von Essen, der Kreisleiter des Reichsbanners Richard Aßmann und die Kommunisten Karl Pokern und Erich Janitzky. Zahlreiche Personen starben an Verletzungen, die ihnen durch Folter zugefügt wurden, oder behielten bleibende gesundheitliche oder psychische Schäden. Die Angaben zu den Todesopfern schwanken zwischen 24 und 91, dabei bis zu 70 Vermisste. Manche Leichen der Opfer wurden in Säcken verschnürt in umliegende Gewässer und den Schmöckwitzer Wald geworfen. In den Säcken, die das Wasser der Dahme wenige Tage nach den Gräueltaten nahe der Grünauer Fähre anschwemmte, wurden unter anderen die oben erwähnten Johannes Stelling, Paul von Essen und Karl Pokern identifiziert.

Direkte Nachwirkung

Illegal und unter Lebensgefahr brachten Nazigegner die Wahrheit über das Massaker an die Öffentlichkeit, z. B. mit der Tarnschrift „Luftschutz ist Selbstschutz“. Der Zentrumspolitiker Heinrich Krone protestierte beim Innenministerium, Pfarrer Ratsch beim NS-Bürgermeister, aber ohne Erfolg.[3]

Am 25. Juli 1933 erging vom Reichsjustizminister Franz Gürtner für diese, wie andere mit der „Machtergreifung“ zusammenhängende Straftaten, ein „Gnadenerweis“.

Prozess in Ost-Berlin

Im Jahr 1950 fand vom 5. Juni bis 19. Juli unter großer öffentlicher Anteilnahme vor dem Landgericht Ost-Berlin ein Prozess gegen 61 identifizierte Angeklagte statt. Darunter waren zur Tatzeit 47 SA-Männer, drei NSDAP-Mitglieder, ein SS-Mann und zehn Nichtorganisierte. Von den Angeklagten befanden sich 34 in Untersuchungshaft, 13 waren unbekannten Aufenthalts, zehn hielten sich in Westdeutschland auf, drei waren flüchtig und einer jüngst verstorben. Das Gericht verurteilte 15 zum Tode, 13 zu lebenslänglich, sieben zu 25, zwei zu 20 Jahren, acht zu 15, drei zu 12 und fünf zu zehn Jahren Zuchthaus sowie vier zu fünf Jahren Zwangsarbeit.[4] Sechs der zum Tode verurteilten starben am 20. Februar 1951 unter dem Fallbeil in der Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit in Frankfurt (Oder).[5]

Nach 1990

Die Angehörigen eines Verurteilten verlangten 1992 eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie beriefen sich auf politische Säuberungsaktionen und stalinistische Schauprozesse in den frühen Jahren der DDR, die aus rechtsstaatlicher Sicht nicht anerkannt werden könnten. Dem Verurteilten Otto Busdorf, einem Polizeibeamten, zur Tatzeit NSDAP-Mitglied und SA-Scharführer, war im Prozess von 1950 angelastet worden, er sei wegen der Vernehmung des Reichsbannerfunktionärs Paul von Essen für dessen Ermordung mitverantwortlich (aus dem veröffentlichten Gerichtsurteil geht hervor, dass Busdorf [geb. 1878], der Mitglied der SPD und des Schrader-Verbandes war, 1931 als Kriminalkommissar ein Gerichtsverfahren gegen den NSDAP-Gauleiter Joseph Goebbels eingeleitet hatte, das mit dessen Verurteilung endete. Danach war er vorsichtshalber heimlich förderndes Mitglied der SS und nach dem 31. Januar 1933 der NSDAP und der SA geworden. Sein Doppelspiel führte 1934 zur Entlassung aus der Polizei, zum Ausstoß aus der SA, zu Verhaftungen durch die Gestapo und einer viermonatigen KZ-Haft. Nach 1945 war Busdorf Mitglied der LDPD und stellvertretender Leiter der Landeskriminalpolizei im Land Brandenburg). Das Kammergericht in Berlin lehnte 1992 nach ausführlicher Erörterung des Urteils von 1950 die Kassation mit der Begründung ab, das Strafurteil der DDR-Justiz sei ausgewogen gewesen und nicht politisch motiviert.

Der Südwestrundfunk sendete am 8. Februar 2015 ein Radiofeature über Otto Busdorf,[6] in dem die Köpenicker Blutwoche eine zentrale Rolle spielt.

Gedenken

Seit 1980 befand sich im ehemaligen Amtsgerichtsgebäude von Berlin-Köpenick in der Puchanstraße 12 ein Gedenkraum und seit 1987 die (1993 und 1995 neu strukturierte) „Gedenkstätte Köpenicker Blutwoche“. Im gesamten Stadtteil sind mehrere Gedenksteine sowie Gedenktafeln an den ehemaligen SA-Sturmlokalen und den Wohnorten einiger Opfer. Die Jugendfreizeiteinrichtung der Falken in Neukölln-Britz trägt den Namen des Opfers Anton Schmaus, der Mitglied der SAJ war und während der Blutwoche von der SA erschossen wurde.

Fallbeispiel: Anton Schmaus

Der gelernte Zimmermann Anton Schmaus, geboren am 19. April 1910 in München, unter fünf Geschwistern der zweite Sohn der Familie, gehörte der Sozialistischen Arbeiter-Jugend, der SPD und seit 1931 der Reichsbannerjugend an. Sein Vater Johannes war Gewerkschaftssekretär und Reichsbannermitglied.

Die Aktionen der SA-Stürme, die als Rollkommandos, in Wäschereiautos versteckt, vor den Häusern bekannter Gegner des Nationalsozialismus im Bezirk Köpenick vorfuhren und sie in ihre Gewalt brachten, fanden am Morgen des 21. Juni 1933 ihren Höhepunkt, als mindestens 200 Personen im Laufe des Tages in SA-Lokalen misshandelt wurden.

Anton Schmaus, der sich neben seiner Berufstätigkeit in Abendkursen an einer Baufachschule weiterzubilden suchte, wurde abends am Bahnhof gewarnt. Nach Schilderungen von Willy Urban und Paul Hasche, Freunde und Nachbarn der Familie Schmaus, hatte die SA bereits um die Mittagszeit die Wohnräume der Familie überfallen und nach Vater und Sohn durchsucht. Anton wies den Rat seiner Freunde, zu fliehen, jedoch mit der Bemerkung zurück: „Ich habe die Rechtlosigkeit satt, ich will mich nicht ständig verstecken.“[7]

Als sich die SA in der Nacht vom 21. Juni auf den 22. Juni 1933 gewaltsam Zutritt in das Haus der Familie Schmaus verschafften – Vater Johannes war zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend – stellte sich Antons Mutter, Katharina Schmaus, ihnen in den Weg, woraufhin die Eindringlinge sie mit Tritten zurückstießen und niederschlugen. Anton wurde durch die Hilferufe seiner Mutter aus dem Schlaf gerissen und sah sich auf der obersten Treppenstufe des ersten Stockwerks den heraufstürmenden SA-Leuten gegenüber. Er rief ihnen zu, dass sie das Haus verlassen sollten, andernfalls würde er schießen. Als sich die SA-Leute davon nicht abschrecken ließen, schoss Anton Schmaus. Zwei der Angreifer brachen tödlich getroffen zusammen, ein dritter geriet in die Schusslinie eines anderen SA-Mannes, was Anton dazu nutzte, sich mit einem Sprung aus dem Fenster ins Freie zu retten.

Nach seinem Entkommen stellte er sich freiwillig der Polizei, da die SA hinter ihm her war und die Köpenicker Polizeidienststelle die letzte, vermeintlich rechtsstaatliche Zuflucht bot. Zwei Schutzpolizisten überführten Anton ins Polizeipräsidium, wo schon eine Gruppe von etwa 30 bis 40 SA-Leuten darauf wartete, sich seiner zu bemächtigen. In dem sich anschließenden Gerangel mit den Schutzpolizisten fiel ein Schuss, der Anton eine schwere Rückenmarksverletzung mit Lähmung zufügte, an deren Folgen und weiteren Misshandlungen durch die SA er am 16. Januar 1934 im Polizeikrankenhaus im Alter von 23 Jahren starb. Antons Vater, Johannes Schmaus, wurde von der SA zu Tode gequält und am 22. Juni 1933 in seinem eigenen Hause erhängt aufgefunden.

Text: Wikipedia

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Walter Sutkowski

Walter Sutkowski (* 4. Oktober 1890 in Danzig; † 10. Februar 1983 in Berlin) war ein deutscher Bildhauer und Medailleur.

Leben

Er absolvierte nach einer vierjährigen Steinmetzlehre in Danzig ab 1911 an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin eine Ausbildung zum Bildhauer und schloss 1914 als Meisterschüler von Joseph Wackerle ab. Danach wurde er Sanitäter im Ersten Weltkrieg. In den zwanziger Jahren machte Walter Sutkowski vor allem architekturbezogene Kunst (Fries im U-Bahnhof Wittenbergplatz), Keramikarbeiten (angekauft durch das Thaulow-Museum Kiel, 1921, das Märkische Museum Berlin, 1925 und das Bayrische National-Museum München, 1926), Holzplastiken, Terrakotten (Segnender Christus), Supraporte für die Kirche auf dem Tempelhofer Feld in Berlin und Restaurierungen (Trierer Domfiguren).

Er war Mitglied des Werkbunds und nahm bis 1933 an über 25 Ausstellungen im In- und Ausland teil. Zu seinen wichtigsten Arbeiten dieser Jahre gehören die Plastiken Der Jüngling und Die Fliehende. Während des Dritten Reichs galten seine Arbeiten als „Entartete Kunst“. Er erhielt keine öffentlichen Aufträge und konnte sich nicht an Ausstellungen beteiligen. Ein Mietatelier in der Prinz-Albrecht-Straße 8, das er seit 1924 mit anderen Bildhauern hatte, verlor er 1933, als die Gestapo das Gebäude übernahm. Danach baute er sich ein Haus mit Atelier in Berlin-Köpenick, in dem er fortan arbeitete und ausstellte.

Nach 1945 begann eine zweite Schaffensperiode für Walter Sutkowski. In dieser Zeit engagierte er sich auch im Verband Bildender Künstler in Ost-Berlin und war Gründungsmitglied des Kulturbundes in Berlin-Köpenick, zog sich in den sechziger Jahren aber aus diesen Ämtern zurück. Er schuf zahlreiche Plastiken und Keramikarbeiten, unter anderem für den Tierpark Berlin-Friedrichsfelde die Bronzeplastiken Zwei Gazellen (1956), Springende Hechte (Brunnenfiguren, 1958) und ein Klettergerüst auf dem Kinderspielplatz mit Tiermärchen- und Fabelfiguren (1965). Eine weitere wichtige Arbeit dieser Zeit ist die Großplastik Der erste Schritt, die heute auf dem Münsterlandplatz in Berlin-Rummelsburg steht. Daneben führte er Restaurierungen aus wie den Bärenbrunnen von Lederer, das Denkmal Friedrich II. von Rauch, Stuckdecken in den Schlössern Charlottenburg, Tegel und Köpenick. Außerdem fertigte Sutkowski weiter architekturbezogene Kunst, so Ornamente für Kindertagesstätten und Schulen (Schmetterling, Ahornblatt, Fische).

Als große, das Lebenswerk Walter Sutkowskis abschließende Arbeit gilt sein Denkmal für die Opfer der Köpenicker Blutwoche Die Faust, das er 1969, im Alter von fast 80 Jahren, fertigstellte. Die Reliefwand kam 1971 hinzu.


Adresse: Platz des 23. April, Berlin-Köpenick

Text: Wikipedia

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