Mauerbau Brandenburger Tor

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Kampfgruppen der DDR sichern die Grenze am Brandenburger Tor

Mauerbau

Die Entscheidung zur Schließung der Sektorengrenze fiel bei einer Besprechung zwischen Chruschtschow und Ulbricht am 3. August 1961 in Moskau, nachdem sich die sowjetische Führung seit Mitte der 1950er Jahre lange gegen ein solches Vorhaben verwahrt hatte. Der Plan zum Mauerbau war ein Staatsgeheimnis der DDR-Regierung. Erst am 10. August 1961, drei Tage vor dem Mauerbau, bekam der Bundesnachrichtendienst erste Hinweise auf einen Mauerbau. Die Mauer wurde auf Geheiß der SED-Führung unter Schutz und Überwachung durch Volkspolizisten und Soldaten der Nationalen Volksarmee von Bauarbeitern errichtet – entgegen den Beteuerungen des Staatsratsvorsitzenden der DDR, Walter Ulbricht, auf einer internationalen Pressekonferenz in Ost-Berlin am 15. Juni 1961. Die Journalistin Annamarie Doherr von der Frankfurter Rundschau hatte damals die Frage gestellt:

„Ich möchte eine Zusatzfrage stellen. Doherr, Frankfurter Rundschau: Herr Vorsitzender, bedeutet die Bildung einer freien Stadt Ihrer Meinung nach, dass die Staatsgrenze am Brandenburger Tor errichtet wird? Und sind Sie entschlossen, dieser Tatsache mit allen Konsequenzen Rechnung zu tragen?“

Walter Ulbricht antwortete:

„Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Mir ist nicht bekannt, dass [eine] solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft dafür voll ausgenutzt wird, voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“

Ulbricht war damit der erste, der den Begriff „Mauer“ in diesem Bezug öffentlich verwendete – zwei Monate, bevor sie überhaupt stand. Über den Bau der Mauer war zu jenem Zeitpunkt jedoch noch nicht entschieden.

Zwar wurden die westlichen Alliierten durch Gewährsleute über die Planung „drastischer Maßnahmen“ zur Abriegelung von West-Berlin informiert, vom konkreten Zeitpunkt und Ausmaß der Absperrung gaben sie sich jedoch öffentlich überrascht. Da ihre Zugangsrechte nach West-Berlin nicht beschnitten wurden, griffen sie nicht militärisch ein. Die Außenminister der drei Westmächte und der Bundesrepublik beschlossen am 7. August in Paris, vorbereitende Maßnahmen zu treffen, um einer kritischen Situation in Berlin begegnen zu können.

Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) hatte ähnliche Informationen bereits Mitte Juli erhalten. Nach Ulbrichts Besuch bei Chruschtschow während des hochrangigen Treffens der Staaten des Warschauer Pakts von 3. bis 5. August 1961 in Moskau stand im BND-Wochenbericht vom 9. August:

„Vorliegende Meldungen zeigen, daß das Pankower Regime sich darum bemüht, die Einwilligung Moskaus für die Inkraftsetzung durchgreifend wirksamer Sperrmaßnahmen – wozu insbesondere eine Abriegelung der Berliner Sektorengrenze und die Unterbrechung des S- und U-Bahn-Verkehrs in Berlin gehören würde – zu erhalten. […] Es bleibt abzuwarten, ob und wie weit Ulbricht […] in Moskau […] mit entsprechenden Forderungen durchzudringen vermochte.“

In der veröffentlichten Erklärung der Teilnehmerstaaten des Treffens des Warschauer Pakts wurde vorgeschlagen, „an der Westberliner Grenze der Wühltätigkeit gegen die Länder des sozialistischen Lagers den Weg zu verlegen und um das Gebiet Westberlins eine verlässliche Bewachung und wirksame Kontrolle zu gewährleisten.“ Am 7. August kündigte Ministerpräsident Chruschtschow in einer Rundfunkrede eine Verstärkung der sowjetischen Streitkräfte an den Westgrenzen und die Einberufung von Reservisten an. Am 11. August billigte die Volkskammer der DDR die Ergebnisse der Moskauer Beratung und bevollmächtigte den Ministerrat der DDR zu allen entsprechenden Maßnahmen. Dieser beschloss am 12. August den Einsatz der „bewaffneten Organe“ zur Besetzung der Grenze zu West-Berlin und zur Errichtung von Grenzsperren.

Am Samstag, dem 12. August, ging beim BND aus Ost-Berlin folgende Information ein:

„Am 11. August 1961 hat eine Konferenz der Parteisekretäre der parteigebundenen Verlage und anderer Parteifunktionäre beim Zentralkomitee der SED (ZK) stattgefunden. Hier wurde u. a. erklärt: […] Die Lage des ständig steigenden Flüchtlingsstroms mache es erforderlich, die Abriegelung des Ostsektors von Berlin und der SBZ in den nächsten Tagen – ein genauer Tag wurde nicht angegeben – durchzuführen und nicht, wie eigentlich geplant, erst in 14 Tagen.“

Ein Volkspolizist und ein Kampfgruppenangehöriger sichern den Mauerbau, August 1961

In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 begannen die NVA, 5000 Angehörige der Deutschen Grenzpolizei (Vorläufer der Grenztruppen), 5000 Angehörige der Schutz- und Kasernierten Volkspolizei und 4500 Angehörige der Betriebskampfgruppen die Straßen und Gleiswege nach West-Berlin abzuriegeln. Sowjetische Truppen hielten sich in Gefechtsbereitschaft und waren an den alliierten Grenzübergängen präsent. Alle noch bestehenden Verkehrsverbindungen zwischen den beiden Teilen Berlins wurden unterbrochen. Dies betraf allerdings nur noch die U-Bahn und die S-Bahn. Allerdings waren die West-Berliner S-Bahn- und U-Bahn-Linien auf den Tunnelstrecken unter Ost-Berliner Gebiet nur insoweit betroffen, dass die Stationen abgesperrt wurden und ein Ein- bzw. Ausstieg nicht mehr möglich war. Die Züge fuhren ab dem 13. August abends ohne planmäßigen Halt durch die zu sogenannten „Geisterbahnhöfen“ gewordenen Stationen. Nur die den Bahnhof Friedrichstraße berührenden Linien hatten einen Halt zum Erreichen der dort eingerichteten Grenzübergangsstelle. Erich Honecker war als damaliger ZK-Sekretär für Sicherheitsfragen für die gesamte Planung und Umsetzung des Mauerbaus politisch im Namen der SED-Führung verantwortlich.

Der 13. August 1961 ist symbolisch der „Tag des Mauerbaus“. Eigentlich wurde an diesem Tag nur die Sektorengrenze abgeriegelt. Als Grenzsicherung wurden an diesem und den Folgetagen an einigen Stellen Mauern gebaut, an anderen wurden Zäune aufgestellt und Stacheldraht gezogen. In der Bernauer Straße im Bezirk Wedding standen z. B. Gebäude direkt auf dem Grenzverlauf, so dass der Bordstein zu West-Berlin gehörte, während der Bau auf Ost-Berliner Gebiet stand. In solchen Fällen wurden die Hauseingänge zugemauert. Die Bewohner gelangten nur über die Hinterhöfe zu ihren Wohnungen. In den Tagen nach der Abriegelung der Sektorengrenze kam es zu vielen Fluchtversuchen, die später durch z. B. den Zubau der Fenster, die sich an der Sektorengrenze nach West-Berlin öffneten, und den weiteren Ausbau der Grenzsicherungsanlagen erschwert wurden.

Die Abriegelung brachte auch skurrile Situationen mit sich, vor allem im Bereich der Exklaven, wo es später teilweise auch zu Gebietsaustauschen kam. So wurde das Lenné-Dreieck am Potsdamer Platz, obwohl zu Ost-Berlin gehörend, bei der Mauer ausgespart. Mangels Befugnis der West-Berliner Behörden entwickelte sich das Terrain zeitweise zu einem faktisch rechtsfreien Raum.

Die sowjetische Regierung erklärte am 24. August, dass die Luftkorridore nach West-Berlin zur Einschleusung westdeutscher „Agenten, Revanchisten und Militaristen“ missbraucht würden. West-Berlin gehöre nicht zur Bundesrepublik; deshalb könne sich die Kompetenz von Amtsstellen der Bundesrepublik nicht auf Berlin erstrecken.

Bis zum September 1961 desertierten allein von den eingesetzten Sicherungskräften 85 Mann nach West-Berlin, außerdem gab es 216 gelungene Fluchtversuche von 400 Menschen. Unvergessen sind bekannt gewordene Bilder von Flüchtlingen, die sich an Bettlaken aus angrenzenden Häusern abseilten, einer alten Frau, die in ein Sprungtuch der West-Berliner Feuerwehr springt, und dem den Stacheldraht überspringenden jungen Grenzpolizisten Conrad Schumann in der Bernauer Straße.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Bundesarchiv, Bild 183-85458-0002 / Junge, Peter Heinz / CC-BY-SA

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