Paula Modersohn-Becker Museum

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Paula Modersohn-Becker Museum

Das Paula Modersohn-Becker Museum ist ein 1927 erbautes Museum in Bremen. Es ist das erste Museum weltweit, das dem Werk einer Malerin gewidmet wurde. Hauptwerke aus allen Schaffensphasen belegen den herausragenden Stellenwert Paula Modersohn-Beckers (1876–1907) für den Aufbruch in die Kunst der Moderne in Deutschland.


Geschichte und Bedeutung des Hauses

Entworfen wurde das expressionistische Gebäude des Paula Modersohn-Becker Museums von Bernhard Hoetger (1874–1949), den Ludwig Roselius um 1924 damit beauftragte. Ludwig Roselius war Gründer der Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Erfinder des koffeinfreien Kaffees und ein großer Bewunderer der Kunst Paula Modersohn-Beckers. Dies verband ihn mit dem Architekten Bernhard Hoetger, der selbst einige Bilder von Paula Modersohn-Becker besaß. Hoetger und die Künstlerin hatten sich bereits 1906 in Paris kennengelernt.


Bau des Museum und Umgestaltung der Böttcherstraße

Der Gedanke, die Böttcherstraße umzugestalten, war ursprünglich unabhängig von Ludwig Roselius Kunstsammlung entstanden. Anfang des 20. Jahrhunderts war die kleine Gasse durch verfallene Wohnhäuser und mangelhafte hygienische Bedingungen geprägt. Mit den Neubauten wollte Roselius der Straße neuen Glanz verleihen und sie zu einem touristischen Anziehungspunkt ausbauen. Erst während des Baus entwickelte er den Plan, in einem der Gebäude Kunst und speziell seine Werke von Paula Modersohn-Becker öffentlich zugänglich zu machen. Der Bau des heutigen Museums begann 1926 und wurde bereits am 2. Juni 1927 – dem 53. Geburtstag von Roselius –, ebenso wie die gesamte umgestaltete Böttcherstraße offiziell eröffnet. Das Gebäude bekam unter Voranstellung des Geburtsnamens der Künstlerin den Namen „Paula-Becker-Modersohn-Haus“. Der Wunsch von Roselius war es, in dem Bau Tradition und Fortschritt gleichzeitig zu verwirklichen, wobei er in Bernhard Hoetger den geeignetsten Architekten für dieses Vorhaben sah. Hoetger sei laut Roselius mit der niedersächsischen und nordischen Heimattradition eng verbunden und daher prädestiniert für die Umsetzung eines Neubaus in der Böttcherstraße. Der Gegensatz zwischen Tradition und Moderne wurde von Hoetger schließlich in einer Synthese in Form des Backsteinexpressionismus zusammengeführt. Roselius sah im Paula-Becker-Modersohn-Haus nicht nur ein Zweckgebäude, sondern selbst ein Kunstwerk, das seinen Platz in der Straße finden sollte. Die Frankfurter Zeitung schreibt zur Eröffnung, es sei ein „lebendes Museum“ geschaffen worden, das Gegenwart und Vergangenheit gelungen miteinander verbinde: „Hoetgers Stil ist überall in Bewegung: er gebirt [sic!] ihn. Wirre, kontrastierende Lichtquellen, durch unvermittelt herausspringende Klinker aufgerissene Wände, unregelmäßige Konturen, der fantastische Schmuck der Decken und der Wände, die Superlative der Ausdruckssucht geben Hoetgers Schaffen das Gepräge.“


Das Paula Modersohn-Becker Museum zwischen 1933 und 1945

Kritik am expressionistischen Stil des Paula-Becker-Modersohn-Hauses war nicht ungewöhnlich, doch unter den Nationalsozialisten erreichte sie ihren Höhepunkt. In einer Rede auf dem Parteitag in Nürnberg 1936 verdammte Hitler die gesamte „Böttcherstraßen-Kultur“ und forderte Ludwig Roselius auf, sich davon zu distanzieren. Als Beispiel der „Verfallskunst“ sollte die Straße jedoch erhalten bleiben, die Paula Modersohn-Becker Sammlung von Roselius wurde zur Privatsammlung deklariert und konnte nur noch auf besonderen Wunsch besichtigt werden. Der Museumsführer wurde angepasst, man distanzierte sich nun deutlich vom Stil Hoetgers. 1936 wurde auch der Eingang zur Böttcherstraße erneuert. Die wie in Bewegung erscheinenden Ziegel an der Überbrückung wurden durch das Bildnis „Der Lichtbringer“ von Hoetger ersetzt, auf dem der Erzengel Michael gegen einen Drachen kämpft. In der christlichen Tradition gilt Michael als Bezwinger des Teufels in Gestalt des Drachen und als Anführer der himmlischen Heerscharen. Gemäß nationalsozialistischer Interpretation soll der Erzengel eine neue Weltsicht bringen. Er tötet die Vergangenheit und führt die Menschen in das tausendjährige Reich. Assoziiert werden sollte hier Adolf Hitler, der das deutsche Volk erlöst und in ein neues Reich leitet. Auch die Widmung auf einer Tafel am Eingang zur Böttcherstraße wurde zwischenzeitlich geändert. Hieß es 1927 noch „Dieses ist das Paula-Becker-Modersohn-Haus aus alter Häuser Fall und Umbau errichtet von Bernhard Hoetgers Hand zum Zeichen edler Frauen zeugend Werk das siegend steht, wenn tapfrer Männer Heldenruhm verweht“, wurde das Wort „wenn“ durch das Wort „bis“ ersetzt. Es sollte nicht unterstellt werden, dass das Werk einer Künstlerin tapfere Heldentaten von Männern überdauern könnte. In der heutigen Zeit wurde das „wenn“ jedoch wieder an seine ursprüngliche Stelle gesetzt.


1945 bis heute

Nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Großteil der Böttcherstraße zerstört und wurde bis 1954 wieder aufgebaut. Bereits seit 1973 steht die Straße unter Denkmalschutz. 1988 erwarb die Sparkasse Bremen nahezu die gesamte Böttcherstraße, darunter auch das Paula Modersohn-Becker Museum. Zur gleichen Zeit machte sich eine erneute Beschädigung der Bausubstanz bemerkbar, sodass das Museum bis 1994 saniert und erweitert wurde. Träger der Museen Böttcherstraße ist die Böttcherstraße GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Finanzholding der Sparkasse in Bremen.


Sammlungen

Der Kernbestand der Sammlung von Ludwig Roselius wurde 1988 von der Stadtgemeinde Bremen gemeinsam mit der Bundesrepublik Deutschland (BRD) erworben. Bedeutende Kunstwerke der Sammlung von Ludwig Roselius wurden durch Leihgaben der Paula Modersohn-Becker Stiftung ergänzt. Die Stiftung wurde 1978 von Tille Modersohn, der Tochter der Malerin, ins Leben gerufen und verwaltet ihren künstlerischen Nachlass. Dieser umfasst unter anderem etwa 50 Gemälde und 500 Zeichnungen und Skizzen von Paula Modersohn-Becker. Die Werke werden im Paula Modersohn-Becker Museum und in der Kunsthalle Bremen verwahrt und gezeigt. Gemeinsam besitzen das Museum, die Kunsthalle und die Stiftung mit über 100 Gemälden und 700 Handzeichnungen einen Großteil des Gesamtbestands des Werkes der jung verstorbenen Künstlerin. Neben den Werken Modersohn-Beckers beherbergt das Museum die umfangreichste Sammlung von Werken des Bildhauers, Kunsthandwerkers und Architekten Bernhard Hoetger. Zwar ist Hoetger hauptsächlich für seine Plastiken und architektonischen Bauwerke bekannt, doch war er auch als Maler und Grafiker tätig. Unter anderem malte er die Landschaft in und um Worpswede und ähnelt so in seiner Motivwahl teilweise Paula Modersohn-Becker.


Jenny Holzer im Paula Modersohn-Becker Museum

Die US-amerikanische Künstlerin Jenny Holzer besuchte das Paula Modersohn-Becker Museum 2002 und zeigte sich beeindruckt sowohl von der Biografie Paula Modersohn-Beckers als auch von der Architektur des Gebäudes. Ihre 1990 auf der Biennale in Venedig ausgezeichnete Installation „Mother and Child“ wandelte sie inspiriert von Hoetgers Plastik „Mutter und Kind“ ab und stellte sie dem Paula Modersohn-Becker Museum als dauerhafte Installation zur Verfügung, die seit 2005 unter dem Titel „For Paula Modersohn-Becker“ dort zu sehen ist. Hier nimmt sie die blauen Lichtpunkte des von Hoetger gestaltenden Kuppeldachs des Himmelssaals im Haus Atlantis auf und setzt sich inhaltlich mit ihrem Leben als Künstlerin und Mutter auseinander. Somit ist eine Hommage an beide Künstler gelungen. Entlang des Treppenhauses im Museum läuft der blaue Schriftzug auf Deutsch und Englisch und in unterschiedlichen Schrifttypen und -größen. „Die Installation ist immer dort – da ist es gut, wenn sie anders aussieht, wenn man wann anders wieder mal hinkommt", so die Künstlerin selbst über ihr Werk.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Kunstsammlungen Böttcherstraße

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