Rochus von Rochow

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Rochus v. Rochow – Stülpe vor 1900
Schloss Stülpe 1900; Die Hofeinfahrt ist noch nicht mit den großen Pfeilern gesäumt. Andere Bilder von der Parkseite des Herrenhauses sind auch markant, hier sind erste nennenswerte Änderungen erst in den 20´- und 30` er Jahren baulich umgesetzt worden. Aber insgesamt ist die hier genutzte Hofseite konkreter für einen Artikel um die Zeit 1900 (Bsp. Farblich abgesetzte Putzflächen in den Achsen).
Gedenkstein 1900, Riesdorfer Heide; südlicher Teil der Stülper Herrschaft
Gedenktafel Kirche Stülpe 1901 gestiftet von seiner Ehefrau Margarethe v. Rochow, geb. v. Lücken

Bevor wir uns seiner Biographie näher widmen sollte man sich dem Begriff Junker erklären. In jüngerer Zeit „proletarisierend“ negativ besetzt stammt der Begriff eigentlich aus dem mittelhochdeutschen und bedeutet so viel wie Junger Herr. Im Militär nachfolgend für den Beginn einer Offizierslaufbahn stehend nutzte der Adel im internen Kreis das Wort wieder selbst, voller Stolz.

Rochow war auch Junker, aus ältestem brandenburgischen Adel stammend, aus einer der wenigen schlossgesessenen Geschlechter mit eigener Burg und vielen Dörfern, die dann aufgeteilt feste Sitze von mehreren Familienlinien wurden. Der überwiegende Rest des Adels nannte sich im Mittelalter Zaunjunker, berechtigt das eigene Gutshaus mit einem Zaun zur Abgrenzung zu den kleineren Grundstücken der einfachen Bevölkerung zu halten. Gutsherrschaft und Junkertum gehören so oder so eng zusammen. Junker, also Junger Herr war zunächst dem höheren Adel vorbehalten, kurz vor dem Ritterschlag, und kultivierte sich dann allgemein als Ansprache jünger Adliger. 1) In durch den Stand und die Familie vorgegebenen Wegen ging Rochus v. Rochow seine Laufbahn an. Wie alle seine drei Brüder Hans Wichard (1853-1881) Friedrich (Fritz) Ludwig (1858-1914) und Gustav Hans (1864-1936) war er als Zögling auf die Ritterakademie Brandenburg gleich neben dem dortigen Dom gelegen. 1705 gegründet, mit Internat und Standesschule. Das verwundert nicht, Rochows Vater war mit seinen Brüdern und Cousins ebenso schon dort Schüler und selbst sogar zuletzt Kurator und gut gestellter und höchst anerkannter Domherr. Fast alle weiteren hier nicht genannten Vorfahren aus der Rochowschen Familienlinie Plessow - Stülpe waren dort Zöglinge. Die Golzower und Reckahner Rochows starteten ebenfalls auf der Ritterakademie ihre Karriere. 2)

Rochus v. Rochow wurde am 20. Mai 1856 in Plessow geboren, seine Eltern waren Hans Wilhelm (1824-1891) und Emmy, geborene v. Gundlach – Möllenhagen (1830-1879). Nach der Zeit auf der besagten Ritterakademie war Rochus etwas ungewöhnlich ein Jahr Kadett bei der Marine und anschließend drei Jahre bei einem Jägerbattaillon. Anschließend ging es zum 17. Mecklenburgischen Dragoner-Regiment in Ludwigslust, der Nebenresidenz der Herzöge von Mecklenburg-Schwerin und nicht unbedeutende Garnisonsstadt. Wenig bekannt war bis dato seine halbjährliche Bildungsreise nach Konstantinopel, Griechenland und Palästina. Dann auf ein Jahr als Inspekteur bei der Kriegsschule in Hannover. Hier ist er dann zum Premierleutnant (Oberleutnant) befördert worden. 3) Zu jenem Zeitpunkt übernahm Rochows Vater die Stülper Gutsherrschaft von den Cousins Wichard v. Rochow und Ernst Adam III. v. Rochow, die beide keinen männlichen Erben hinterließen. Rochus führte die Verwaltung von Stülpe mit Holbeck, Schmielickendorf, Ließen und der Riesdorfer Heide. Noch in seinem alten Regimentsstandort Ludwigslust heiratete er 1888 Margarethe v. Lücken (1867-1927). Im Jahr 1889 kam die erste Tochter Anna Luise zur Welt, 1894 die Tochter Emmy Margarete. Am 25. Juni 1898 ist der Familie Rochus und Margarethe v. Rochow der Erbsohn Hans Wichard geboren, Rufnahme Hans. 4) Somit war die Tradition und Zukunft der Rochow schen Familienlinie Plessow - Stülpe gewährleistet. Die Taufen aller Kinder nahm Pfarrer Kratzenstein vor, Taufpaten von Rang und Namen waren in Stülpe zugegen. 5) Rochow war schließlich auch Patron der Kirche, mit gesonderten Gestühl der Vorahnen im südlichen Anbau der Kirche. Schon fünf Jahre zuvor fand Rochow Aufnahme in die Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem, kurz Johanniterorden, als Ehrenritter. 6) Bis 1949 blieb es dem Adel im Übrigen vorbehalten in dieser evangelischen Kongregation Mitglied zu werden. 7) Die Johanniter sind heute der älteste Ritterorden der Welt; die Malteser der katholische Zweig.

Nach dem Tod des Vaters 1891 ist dann Rochow Gutsherr auf Stülpe und damit freier Eigentümer geworden. Den Plessower Besitz erbte der Bruder Friedrich Ludwig, genannt Fritz. Die zehnjährige Wirkungszeit Rochows in Stülpe ist insbesondere durch seine Bemühungen geprägt die soziale Lage der angestellten Forstarbeiter zu organisieren. Dienstverträge dürften selbst in den umliegenden Städten noch nicht Gang und Gäbe und üblich gewesen sein. Neben den jährlichen Dienstgehalt, Deputatszulagen in verschiedensten Formen gab es Dienst- und Nebenzulagen und eine freie Dienstwohnung, wenn gleich der Lohn sicher dadurch nicht allzu üppig war. Besonders wichtig war die Tatsache das nach bestandener Ablaufzeit der Probezeit die lebenslange Festanstellung im Forstbetrieb v. Rochow-Stülpe folgte.

In der Forstwirtschaft wird ja in mehreren Menschengenerationen geplant. Daher rührt auch bis heute ein besonderer Berufsstatus. Rochus v. Rochow ließ im selbstständigen Revier Riesdorf ein neues Forsthaus mit Hof errichten. Die Försterstelle erhielt Hermann Letz (1868-1947). Dessen Gesamtgehalt umfasste 2094 Mark. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben das Letz die Stelle mit nur wenigen Unterbrechungen bis zum Lebensende ausübte, und später auf einen besonderen privaten Friedhof in der Nähe des Forsthauses beerdigt wurde. Zum Verdienstvergleich, Oberförster Busse in Stülpe hatte ein Einkommen von 3021 Mark, Revierförster Nagel in Holbeck 2539 Mark und Revierförster Köhler in Ließen ein Grundgehalt von 1200 Mark, mit Nebenverdiensten 1800 Mark. Das Einkommen des Försters Maeter in Schmielickendorf (Schmielkendorf) umfasste 1926 Mark. Die Anstellungsurkunden sind sämtlich von Herrn v. Rochow – Stülpe unterschrieben. 8) Im vorgenannten Forstrevier Riesdorfer Heide schoss der Gutsherr Rochus v. Rochow auch seinen letzten Hirsch, im Jahre 1900, ein Gedenkstein erinnert daran, siehe Foto. Rochow galt schon vorher als passionierter Waidmann der obwohl bereits schwer erkrankt mehrfach erfolgreich traf. 9) Am 30. August 1901 starb Rochus v. Rochow 10) an den Folgen einer Wundbrandinfektion. Seine letzte Ruhe fand er auf eigenen Wunsch in einer neuen kleinen Begräbnisstätte im hinteren westlichen Stülper Schlosspark, umsäumt von einem gepflanzten Rondell aus Bäumen. Eine würdige aber bescheidene Stätte, mit Metallgitter umrahmt, nach 1990 wieder teilweise durch die Nachfahren hergestellt. Seine Frau Margarethe, geb. v. Lücken, 11) folgte ihm 1927 und wurde an der Seite ihres Mannes beerdigt.

Mit Volljährigkeit übernahm dann der Sohn 1919 die Gutsbesitzungen 12), das Allodialgut Stülpe und Fideikommiß Plessow, bis zum Schluss dann 1945, stellte einen neuen Forstbetriebsplan gleich bis 1955 auf und bildete die Güter noch in einen gemeinsamen Schutzforst Stülpe - Plessow um. Dies waren bei mehreren Gutsbesitzerfamilien üblich geworden. 13)


Text + Bilder: Andreas Kitzing, „Das Leben eines märkischen Junkers-Hans Wichard von Rochow-Stülpe 1898-1945“


Quellen:

1) F. L. Carsten, Geschichte der preußischen Junker, 1988, S. 9 ff.

2) Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H., 1913, S. 16, ff., beginnend mit Zögling No. 90, der spätere Generalleutnant Hans Friedrich v. Rochow a. d. H. Plessow

3) Geschichte des 1. Großherzoglich Mecklenburgischen Dragoner=Regiment No. 17, Band II, Anlage 8 b Lebensläufe, S. 92

4) Gothaisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser, 1904, S. 716

5) Taufbuch der Kirchengemeinde Stülpe, ab 1888, Einträge dort selbst, vgl. auch Standesbeamten-Unterlagen Stülpe-Holbeck, 1889, No. 18; 1894, No. 13, 1898 No. 14

6) Liste der Mitglieder der Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem 1898, S. 105 und 188

7) 125 Jahre Brandenburgische Provinzial – Genossenschaft des Johanniterordens, 1979, S. 47

8) Familienarchiv v. Rochow, Einkommen und Anstellungsurkunden, Acta der Herrschaft Stülpe

9) ebenda, vgl. Fotoaufnahme Gedenkstein; vgl. Erinnerungen Familie Kratzenstein- Manuskript - Abschrift

10) Gothaisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser, 1904, S. 503; vgl. Standesbeamtenakten Stülpe-Holbeck, 1901, No. 8, angezeigt durch den Königlichen Forstassessor Georg Redlich; vgl. dito Deutsches Adelsblatt 1901

11) Gothaisches Taschenbuch der Adeligen Häuser 1936, S. 526

12) Gothaisches Taschenbuch der Adeligen Häuser 1936, S. 526

13) Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Aktenbestände Rep. 2 Reg. Potsdam, 2 A, Nr. 18642, und 2 A III F Nr. 17132