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Eichwalde unterm Hakenkreuz

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== Kreuz und Hakenkreuz ==
 
Das kirchliche Leben in Eichwalde wurde während dieser Jahre von den politischen Ereignissen ebenfalls berührt und blieb von der Zerstörung humanistischer Werte nicht verschont. Führende Persönlichkeiten beider christlichen Konfessionen offenbarten seit März 1933 eine profaschistische Haltung. Der deutsche Protestantismus war während der NS-Zeit in zwei kirchenpolitische Gruppierungen gespalten. Die eine Richtung bildete die Glaubensbewegung "Deutsche Christen “, welche die faschistische Ideologie mit dem christlichen Glauben verschmelzen wollte, die andere war die im Kampf gegen faschistische Kirchenpolitik gebildete Bewegung der "Bekennenden Kirche“. Sie setzte sich innerkirchlich für die Reinhaltung des evangelischen Bekenntnisses von den Einflüssen der NS-Ideologie und die Ablehnung der Eingriffe des Staates in das Leben der Kirche ein. Allerdings war damit nicht von vornherein eine illoyale Haltung oder etwa Widerstand gegenüber dem NS-Regime verbunden.
Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Eichwaldes war von 1930 bis zum
1.März 1932 Paul Maßler. Bis zum 31. März 1933 blieb die Pfarrstelle unbesetzt, die Gottesdienste wurden von in Eichwalde lebenden pensionierten Pfarrern versehen. Im Jahre 1933 bewarb sich Pfarrer Georg Pickel für das Pfarramt in Eichwalde. Pickel hatte sich bereits 1932 der NSDAP und bald darauf den 'Deutschen Christen' angeschlossen. Diese Fakten begünstigten die einstimmige Entscheidung des Gemeindekirchenrates für ihn, zumal Pickel aus seiner antisemitischen Einstellung und nationalsozialistischen Gesinnung kein Hehl gemacht hatte. Anläßlich seines Amtsantritts am 1. April 1933 hatte ihm sein katholischer Amtsbruder Kohlsdorf schriftlich zugesichert, wie Pickel auf dessen Jubiläumsfeier 1934 verkündete, "daß sie beide an der religiös-sittlichen Erziehung ihrer Gemeinden arbeiten wollten, was ihn sehr angenehm berührt habe; und er könne zu seiner Freude bestätigen, daß zwischen ihnen ein herzliches Einvernehmen bestehe. Beide Konfessionen hätten sich in dieser schweren Zeit zusammengefunden und (es) bestehe hier am Ort ein solch freundschaftliches, aufrichtiges Zusammenarbeiten, wie es für das ganze Reich wünschenswert sei.“
Die katholische St. Antonius-Kirchengemeinde wurde von Pfarrer (bis 1948 Kurator) Kohlsdorf geführt, dessen silbernes Priesterjubiläum am 17. Juni 1934 feierlich gewürdigt worden war. Aus diesem Anlaß fand nach den Kirchenfeierlichkeiten eine weltliche Zusammenkunft in "Wiechers Gesellschaftshaus" (Gosener Str.) statt, auf der ein Erzpriester das Wort nahm und ein Gelöbnis der Treue gegenüber der weltlichen Obrigkeit abgab. " Nach einem dreifachen 'Sieg Heil' auf den Papst, den Reichspräsidenten und den Reichskanzler wurden die Papsthymne und je ein Vers des Deutschland- und des Horst-Wessel-Liedes stehend gesungen “, wie im Heimatbuch festgehalten wurde. Hier war von politischer Abstinenz nichts zu spüren.
Kurator Kohlsdorf war natürlich dem Verhaltenskodex des vom Vatikan mit dem NS-Regime geschlossenen "Reichskonkordats" verpflichtet, der seinen Priestern 'Botmäßigkeit' gegenüber der staatlichen Obrigkeit abverlangte. Kohlsdorf galt bei Stahlhelm und Kriegerkameradschaft als beliebter Volksredner, der zu Fahnenweihen und festlichen Zusammenkünften stets die rechten Worte zu finden wußte. "Nach dem Treuegelöbnis auf den Führer folgte der Gesang des Liedes ‘Vom Himmel hoch’", schrieb die Tagespresse in einem Bericht über die Weihnachtsfeier der Eichwalder Kriegerkameradschaft 1935, die sich Herrn Kohlsdorf als Festredner geladen hatte. Kein Pfarrer erhob Einspruch, als der Eichwalder jüdischen Familie Lippmann empfohlen wurde, ihre Kinder nicht mehr am evangelischen Religionsunterricht in der Schule teilnehmen zu lassen.
Die kirchenpolitische Glaubensbewegung "Deutsche Christen“ war nach der Gründung einer Ortsgruppe angestrengt bemüht, die evangelischen Gläubigen noch stärker auf den Führerstaat zu verpflichten, so auf einer Kundgebung am 9. März 1934 in der Aula des Gymnasiums mit dem Thema :"Nationalsozialismus und Deutsche Christen“. Bei anderer Gelegenheit referierte Pfarrer Pickel zum Thema: "Die deutsche Frau im Dritten Reich“. Pickel war allerdings ein moralisch labiler Mensch, der sich deshalb im Ort keinen guten Ruf erwerben konnte. Er wurde 1936 wegen erheblicher Dienstvergehen durch den Rechtsausschuß der Kirchenprovinz Mark Brandenburg suspendiert. Der Eichwalder Gemeindekirchenrat, seit 1933 vom Geist des Nationalsozialismus beherrscht, fand in dem damaligen Vikar Friedrich Schotte einen für Eichwalder Verhältnisse geeigneten Nachfolger. Schon vor 1933 war Schotte, geb.1906, überzeugter Nazi und Mitglied der SA. Seit April 1936 verwaltete er die Evangelische Pfarrgemeinde, wurde am 18.10.1936 als Pfarrer ordiniert und bekam 1938 das Amt als Hilfsprediger (bis 31.8.1941) offiziell übertragen. Ihm folgte am 1.9.1941 Pfarrer Arthur Max Datschewski (1890-1967).
Insgesamt hätte Bürgermeister Rix mit den kirchlichen Verhältnissen in Eichwalde recht zufrieden sein können. Es war ihm jedoch im Frühjahr 1938 während der "amtlichen Herstellung" des Adreßbuches für die Gemeinde Eichwalde nicht entgangen, daß zu dieser Zeit gewisse Konflikte zwischen der NS-Führung und den Kirchen öffentlichkeitswirksam ausgetragen wurden. Die katholische Kirche zum Beispiel hatte "weniger aus grundsätzlicher Gegnerschaft " manche Probleme mit dem NS-Regime. Ein Rundschreiben des Papstes, welches 1937 in allen katholischen Kirchen zu verlesen war, sprach einige dieser Bedrückungen kritisch an. Eine Verhaftungswelle gegen Pfarrer beider Konfessionen und Schauprozesse gegen geistliche Ordensbrüder füllten die Spalten der Nazi-Presse. Da konnte und wollte Rix nicht abseits stehen. Er gab seine Meinung über den gesellschaftlichen Platz der Kirche zu erkennen, indem er im Adressbuch der Gemeinde Eichwalde unter der Rubrik "Kirchen" nach der Evangelischen Kirche die St. Antoniuskirche und dann den "Gemeindemüllabladeplatz" aufzählen ließ.
In Eichwalde existierte noch eine, wenn auch unbedeutende, besonders profaschistische Alternative zu den christlichen Kirchen, die sogenannte " Deutsche Glaubensbewegung “, deren Anhänger "an die Stelle der christlichen Bekenntnisse den Mythos von der nordischen oder germanischen Rasse, den Blut- und Bodenkult und die Vergottung Adolf Hitlers setzen wollten...".
 
Seit 1932 gab es im Ort eine Neuapostolische Kirchen-Gemeinde, die im Mai 1933 Räume in der Bahnhofstraße 10 anmieten konnte, nachdem die ersten Gottesdienste zuvor in der Gaststätte "Cafe am Stern" durchgeführt worden waren. Bei aller Einflußnahme des NS-Staates auf das kirchliche Leben blieb die religiöse Betätigung von Einwohnern oft die letzte moralische Bekräftigung, um christliche Ethik zu bewahren. Dass das soziale und kulturelle Leben der Kirchen bot individuell ein Gegengewicht in einer gleichgeschalteten Öffentlichkeit. Diese Möglichkeiten wurden, besonders in der evangelischen Kirche Eichwaldes, durch Gebete für "den von Gott gesandten Führer" beeinträchtigt.
 
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1 Beiträge, S.72 ff.<br />
2 Vgl. Ploetz, S.51.<br />
3 Heimatbuch, S.355.<br />
3 Ebenda, S. 372.<br />
5 Vgl. Beiträge, S. 72.<br />
6 KWZ v. 23. Dezember 1935.<br />
7 EHG, Aktenablage , Bestand 1933, Dok. v. 15. Mai 1933.<br />
8 BLHA, Pr. Br. Rep. 2A II T, Nr. 501.<br />
9 Vgl. Otto Fischer (Bearb.): Evangelisches Pfarrbuch für die Mark Brandenburg seit der Reformation, Bd.1, Berlin 1941.<br />
10 Ploetz, S. 51, dgl. Benz, S. 98 ff.<br />
11 Adreßbuch Gemeinde Eichwalde, Kreis Teltow, März 1938, S. 12.<br />
12 Kreisarchiv, B.E., Nr. 151, Vgl. Beiträge , a.a.O.,S.72.<br />
 
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== Arbeitsbeschaffung ==
 
Mit der Machtübernahme durch die Nazis war sowohl bei ihrem Anhang als auch bei der werktätigen Bevölkerung insgesamt die Erwartung verbunden, endlich die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Bereits 1932 hatten die Regierungen unter den Kanzlern von Papen und von Schleicher Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur vorbereitet, die jetzt nach abflauender Wirtschaftskrise erste Erfolge zeitigten, aber nun vollständig der Hitler-Regierung zugeschrieben wurden. Dazu gehörte u.a. das "Schleicher-Programm“, welches den Gemeinden 500 Millionen RM für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zugewiesen hatte und das von der Hitlerregierung um weitere 100 Mio.RM aufgestockt wurde. Durch einen Gesetzeskomplex vom
1. Juni 1933 "zur Verminderung der Arbeitslosigkeit “ (das sogenannte Reinhardt-Programm) wurden neue Maßnahmen mit Bereitstellung von
1 Milliarde RM eingeleitet. Diese Mittel wurden für den weiteren Ausbau ländlicher Siedlungen, für Straßenbauten, Wasser- und Gasanschlüsse und Gebäudereparaturen bereitgestellt, wovon offenbar Eichwalde ebenfalls begünstigt werden konnte. Zunächst handelte es sich um Notstandsarbeiten, die weder ausreichende soziale Sicherstellung noch Dauerbeschäftigung boten. Ein riesiger Billiglohnsektor wurde geschaffen, in welchem die Arbeitslosen bei sehr geringer Bezahlung eingesetzt wurden. Das nutzte die Gemeindeverwaltung, indem sie Umbauten des Rathauses einschließlich einer Zentralheizung vornahm. Im Ort wurden Verschönerungsarbeiten durch Erwerbslose ausgeführt, und sieben örtliche Arbeitslose reinigten die Straßen und Gehwege. Weibliche Arbeitskräfte vermittelte man häufig als Hauswirtschaftshilfen. Wie schwierig zunächst die Arbeitsbeschaffung war, wird an der Förderung des Wohnungsbaus deutlich: Im Kreis Teltow konnten bis Juli 1933 insgesamt nur 24 500.-RM als Reichsbaudarlehen zur Verfügung gestellt werden. Davon wurde in Eichwalde der Bau eines Einfamilienhauses und eines Zweifamilienhauses unterstützt, nicht etwa finanziert.
 
Die Gemeindeverwaltung forderte begüterte Einwohner auf, Geld für zwei Jahre gegen Verzinsung von 0,75% über dem Sparkassenzins zu Gunsten der Gemeinde einzuzahlen. Damit sollten bis zum Eintreffen von staatlichen Mitteln Arbeitsplätze finanziert werden. Im September 1933 waren tatsächlich 28 000 RM eingezahlt worden, mit denen die Verlegung von Gehwegplatten in der Grünauer und Kaiser-Wilhelm-Straße (August-Bebel-Allee) durch Eichwalder Erwerbslose bezahlt werden konnte. Am 1. Oktober 1933 setzte der Reichsautobahnbau auf Teilabschnitten des Berliner Ringes ein, womit nicht nur ein gewaltiges Beschäftigungsprogramm sondern zugleich eine riesige Propagandawelle begann. Die Regionalzeitungen berichteten über weitere Beispiele des Abbaus von Arbeitslosigkeit:"Zum Zwecke der Arbeitsbeschaffung läßt die Postverwaltung jetzt Kabel für die Fernsprechleitungen in den Ortsstraßen verlegen... Eine Anzahl Arbeitsloser hat von der Gemeinde dadurch Beschäftigung erhalten, dass kranke und schiefgewachsene Straßenbäume entfernt werden. “ Arbeitslose wurden mit Erdarbeiten und im technisch rückständigen Baugewerbe beschäftigt. Die Eichwalder Lindenstraße, Friedenstraße, Schillerstraße, Caprivistraße (Leistikowstr.) und Rheinstraße wurden auf diese Weise bei Verwendung von Mitteln der Pflasterkasse ausgebaut.
 
Es waren Maßnahmen des Regimes, die Anklang fanden. Die Zahl der Eichwalder Empfänger von Arbeitslosen-, Krisen- und Wohlfahrtsunterstützung verringerte sich durch derartige Maßnahmen im Januar 1934 von 295 auf 59 im Mai 1935. In der Provinz Brandenburg fiel die Arbeitslosenzahl von Januar 1933 mit rund 892 000 bis Oktober 1934 auf 302 000 (11,1% der Bevölkerung). Das entsprach in etwa der Gesamtsituation in Deutschland. Insgesamt wurden in Deutschland noch immer 2.267 657 Millionen Arbeitslose gezählt, trotz Verdoppelung der Mannschaftsstärke der Reichswehr und trotz vieler verhafteter politischer Gegner.
Im Frühjahr 1934 mehrten sich überall in Deutschland Widersetzlichkeiten und sogar offene Proteste der werktätigen Bevölkerung, nicht nur wegen neuer Gesetze über Arbeitszeiten und -ordnungen, über geringe Löhne, steigende Lebensmittelpreise und schlechte Arbeitsbedingungen. Auch Enttäuschungen bei Nazianhängern der Mittelschichten über nicht eingelöste Versprechen der Naziführung wie Steuererleichterungen und Lohnerhöhungen ließen Gefühle des Betrogenseins entstehen. Die Führung der NSDAP ergriff deshalb eine Reihe von sozialen, politischen und ideologischen Maßnahmen, um die krisenhafte Situation zu entspannen. Dazu gehörten Gesetze zur Regelung der Arbeit, die faktisch eine Entrechtung der Arbeiter gegenüber den Unternehmern bedeuteten, zum Ausbau des "Führerprinzips“ in Staat und Gesellschaft ("Betriebsführer – Gefolgschaft “), zur Perfektionierung des Systems von Repression, Einschüchterung und Demagogie sowie weitere Regelungen zur Beseitigung der Erwerbslosigkeit. Am 20. Januar 1934 wurde das "Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit " erlassen, somit das faschistische 'Führerprinzip' in den Betrieben verankert und selbst die Deutsche Arbeitsfront in der Wahrnehmung von Arbeiterinteressen weiter eingeschränkt. Als die Gemeindeverwaltung vom Arbeitsamt befragt wurde, ob Eichwalde Umsiedler aus Großstädten und Industriegebieten aufnehmen und mit Arbeit versorgen könnte, beantwortete man die Ablehnung mit folgenden Gründen: " Unter Berücksichtigung der hiesigen Verhältnisse ist hier auch in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsmöglichkeit nicht zu rechnen. Die hier bestehende Arbeitslosigkeit ist hauptsächlich durch die Stillegung der Industriebetriebe in Wildau bedingt. Solange diese ihre Pforten nicht wieder zu öffnen vermögen, wird auch eine weitere allgemeine Besserung der Konjunktur weder die Zahl der vorhandenen Erwerbslosen erheblich senken noch Arbeitsmöglichkeiten für Umsiedler bieten." Der NSDAP-Gauleiter fuhr im Februar 1934 durch den Kreis Teltow, besuchte Ortschaften und Betriebe (u.a.Wildau), um Optimismus zu verbreiten und Front "gegen Meckerer und Miesmacher“ zu machen, womit er eine gleichlautende Kampagne vom 3. Mai bis Ende Juni 1934 schon ankündigte. Wie ernst die Lage war, ist aus einem Schreiben vom 5. Mai 1934 ersichtlich, das vom Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg an die Leiter der staatlichen höheren Lehranstalten gerichtet war. Es enthielt die Weisung, bevorzugt sogenannte " Alte Kämpfer" der NSDAP, SA, SS und des Stahlhelm in Arbeitsverhältnisse zu bringen. Darin hieß es: " Es muß als eine Ehrenpflicht betrachtet werden, die Kämpfer für die nationalsozialistische Revolution in erster Linie wieder in den Wirtschaftsprozeß einzuschalten und ihnen möglichst eine dauernde Beschäftigung bei auskömmlicher Entlohnung zu sichern...." Die bislang erwerbslos gebliebenen "Alten Kämpfer" begannen bereits über die Politik ihrer Parteiführer zu räsonieren, so daß die Phase der Machtstabilisierung empfindlich gestört wurde. Verstärkt wurden Zehntausende von Facharbeitern bei Notstandsarbeiten eingesetzt.
 
Der Ausbau von Straßen im Ort wurde durch Ausschreibungen an Firmen übertragen, die jeweils Arbeitslose zu diesen Arbeiten einzustellen hatten und deren Entlohnung aus Geldern der Arbeitsämter erfolgte. So wurde z.B. die Markgrafenstraße (Uhlandallee) 1934/35 durch eine Firma aus Waltersdorf unter Hinzuziehung von Berliner Arbeitslosen gepflastert. 1935 wurden 10 Straßenlaternen an Kreuzungen aufgestellt, weitere Gasrohre und Stromkabel verlegt. Die Regionalzeitung meldete:" Eine Umpflasterung der Werderstraße (Stadionstr.) von der Königstraße (Gerhart-Hauptmann-Allee) bis zur Schulzendorfer Chaussee (Ernst-Thälmann-Str.) wird zurzeit ausgeführt. Somit ist wieder für mehrere Eichwalder Erwerbslose Arbeit und Brot geschaffen worden. Die Pflasterarbeiten werden von der Firma Penkrath & Reckling aus Waltersdorf ausgeführt.“ Selbst in Eichwalde mußten Arbeitsmöglichkeiten für Erwerbslose aus Berlin beschafft werden. Der Ort gehörte damals noch zum Arbeitsamtsbezirk Berlin-Ost, erst seit 1. Juni 1937 zum Arbeitsamt Teltow mit einer Außenstelle in Königs Wusterhausen. Derartige Maßnahmen trugen einen Übergangscharakter und brachten selten dem qualifizierten Facharbeiter einen vollwertigen Arbeitsplatz.
 
Besonders der Kleinhandel und der Gewerbe treibende Eichwalder Mittelstand hatten große Erwartungen an den versprochenen wirtschaftlichen Aufstieg. Manch einer unterlag der Illusion, die neue Regierung werde nun mit ihrem zur Schau gestellten scheinbar revolutionären Aktionismus, wie versprochen, etwas gegen das Monopolkapital, gegen die Warenhauskonzerne und Großbanken tun, den kleinen Kaufleuten und Handwerkern mehr Chancen eröffnen. Gegen das Großkapital wurde nicht vorgegangen, aber die Konsum-Genossenschaften, in denen die Nazis 'Reste marxistischer Wirtschaftsformen' sahen, wurden zerschlagen. Daran beteiligte sich besonders der "Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand", in Eichwalde geführt von Heinrich Rottschäfer und anschließend von Johannes Wollermann. Seit März 1933 organisierte der 'Kampfbund' nicht nur Boykottaktionen gegen große Warenhäuser sondern auch gegen die Konsumgenossenschaften. Bis etwa 1934 gab es einen Konsum-Laden in der Grünauer Straße, der zur Konsumgenossenschaft Berlin und Umgebung e.G. gehörte. Diese wurde schließlich 1935 endgültig in Liquidation trieben und das Geschäft ging an den früheren Konsum-Angestellten Emil Jannutsch über, der ab jetzt Einzelhändler wurde.
Bereits vor 1933 hatten einige Eichwalder Kleinbürger wie der Kaufmann Hans Reichmann , Fabrikantenfamilie Micklei, Fabrikant Keil, Apotheker Schultze-Gebhardt, Kaufmann Schwerdtner und andere, auch mancher Selbständige sogenannter freier Berufe, die aufkommende Nazibewegung im Ort materiell unterstützt und sich ihr früher oder später angeschlossen. Zu vielen Anlässen bekundeten einige Geschäftsleute mit besonders einfallsreichen Schaufensterdekorationen ihre nationalsozialistische Gesinnung, was in der Regionalpresse als beispielhaft herausgestellt wurde. Alle Gewerbetreibenden wurden straff organisiert und mit Reichsbetriebsappellen, Handwerker-Werbewochen, Fahnenweihen und Gefolgschaftsversammlungen regelmäßig mobilisiert. "Handel, Handwerk und Gewerbe haben den Willen, an der Frühjahrsoffensive der Arbeitsschlacht zum Wohle der Gesamtheit mitzuwirken, damit auch der letzte Volksgenosse in die große Front aller Schaffenden eingereiht wird und wieder Lohn und Brot erhält ", hieß es im Aufruf zu einer großen Kundgebung der NS-Hago Eichwaldes am 23. März 1934. Die Losung lautete: " Beseitigt die Not der Erwerbslosen, gebt Aufträge!"
 
Das Eichwalder und Schulzendorfer Elektro-Handwerk veranstaltete im März 1934 gemeinsam die Werbewoche des Installateurhandwerks, um auf diese Weise den Verkauf von Elektrogeräten zu steigern und die Auftragslage verbessern zu können. Es wurde die Elektro-Gemeinschaft Eichwalde-Schulzendorf ins Leben gerufen. Koch- und Backvorführungen mit Geräten und Werbefilmen der Firmen AEG und Dr. Oetker gehörten zum Programm der Werbewoche. Am "Tag des deutschen Handwerks“ im Oktober 1934 verpflichtete sich die Eichwalder Handwerkerschaft gegenüber dem Ortsgruppenleiter und Gemeindeschulzen Rix, nur Qualitätswaren liefern zu wollen. Private Investitionen wurden kurzzeitig auch im Handwerk begünstigt. Die seit 1920 ortsansässige Elektrofirma Otto Preuß zum Beispiel baute 1935 ein Geschäfts- und Privathaus in der Augustastraße 27 (Schmöckwitzer Straße). Das 'Elektro-Haus' leitete der Sohn des Firmengründers, Artur Preuß. Der Inhaber des Foto-Geschäfts Wollermann errichtete im gleichen Jahr sein Wohn- und Geschäftshaus in der Bahnhofstraße / Ecke Grünauer Straße, ebenso die Firma Schilling (Lebensmittel / Milch) in der Bahnhofstraße / Ecke Landgrafenstraße (Beethovenstraße) . Der Masseur Bernhard Michel eröffnete 1937 in der Kurfürstenstraße 10 (Puschkinallee) eine Kurbadeanstalt.
 
Die im Verlaufe des Jahres 1934 eingeleiteten Konsolidierungsschritte, vom Terror über den Führerkult bis zur Arbeitsbeschaffung, zeitigten nun relative Erfolge. Problematisch blieb, daß sich in den Reihen der SA-Leute überall Eigenmächtigkeiten gegenüber wirtschaftlichen und staatlichen Einrichtungen sowie Stimmungen des Unmutes über die schleppende Verbesserung ihrer sozialen Lage zeigten.
Jetzt wurden von Hitler Forderungen der Großindustrie und der Reichswehrführung nach Ausschaltung dieser kleinbürgerlichen SA-Opposition erfüllt. Am 30. Juni 1934 wurde eine umfassende Mordaktion von SS - und Gestapo-Einheiten mit technischer Unterstützung der Reichswehr gegen SA-Führer und weitere Personen durchgeführt. Die SA wurde allerorts entwaffnet und als politisches Rebellionspotential ausgeschaltet. Das betraf auch die Eichwalder SA, deren im Frühjahr 1934 im Ort aufgestellte SA-Reserve II, gebildet durch den Eichwalder Kyffhäuserbund, im Dezember 1935 aufgelöst wurde. Nicht nur wegen der schon geltenden Wehrpflicht. Es gab auch im Ort zahlreiche Unzufriedene, die aus dem Kyffhäuserbund, der seit 1935 " NS-Reichskriegerbund (Kyffhäuser)“ hieß, austraten, weil ihnen "die nationalsozialistische Grundlage während der letzten Jahre nicht zusagte“, auch gab es Mitglieder, " die nach ihrer eigenen Angabe ausschieden, weil sich die erhofften wirtschaftlichen Vorteile durch ihre Mitgliedschaft nicht sofort zeigten “, wie ein Mitglied des Kriegerbundes schrieb. Deshalb fand in allen Vereinen, die nun 'gleichgeschaltet' waren, permanent eine Infiltration mit der Nazi-Ideologie statt. Von einer Monatsversammlung der NS-Kriegsopferversorgung Zeuthen-Eichwalde im Februar 1934 wird berichtet : " Um die Kameraden, die mit ihrem innersten Fühlen und Denken dem Nationalsozialismus noch immer etwas fern stehen, mit dem Programm und der Idee des Nationalsozialismus vertraut zu machen, hat der Ortsgruppen-Obmann den Versuch zu einer politischen Schulung seiner Mitglieder unternommen. Zuerst machte er gemeinsam mit dem Propagandawart Erbe die Anwesenden mit dem Parteiprogramm, d.h. mit dessen 25 Punkten, bekannt, um dann in kurzer Form die Idee des Nationalsozialismus zu erläutern."
Am 2. August 1934 starb Hindenburg. Hitler wurde durch ein vorsorglich tags zuvor verabschiedetes Gesetz zum unumschränkten Diktator. Als " Führer und Reichskanzler “ trat er an die Stelle des Staatsoberhauptes. Die Reichswehrführung veranlaßte die Änderung der verpflichtenden Eidesformel auf die Person Hitlers, statt wie bisher auf "Volk und Vaterland". Ab Februar 1938 übernahm er den Oberbefehl über die Wehrmacht. Mit einer Volksabstimmung am 19. August 1934 sollte dokumentiert werden, daß die Vereinigung des Amtes des Staatsoberhauptes mit dem des Reichskanzlers dem "Willen des Volkes“ entspräche.
 
Am 16. August hatte in "Walters Bierhallen “ der Landrat des Kreises Teltow persönlich zum Thema " Deutschland und der Führer “ vor fast 600 Teilnehmern das Erwartete heraufbeschworen. Der Eichwalder Männer-Turnverein veranstaltete eine 'Friedrich-Ludwig Jahn - und Hindenburg-Gedenkfeier' und leistete damit seinen Beitrag zum Erfolg der Volksabstimmung. Der Propagandaaufwand war nicht von ungefähr, denn man hatte nicht nur wegen der Vorgänge vom 30. Juni, sondern auch wegen deutscher Verwicklungen in den österreichischen Nazi-Putschversuch vom 23. Juli 1934 gewisse Mißstimmungen in der deutschen Bevölkerung festgestellt. Die Eichwalder stimmten mehrheitlich für Hitler, dennoch sagten 577 Stimmberechtigte Nein, 113 Stimmen waren ungültig, 162 verweigerten überhaupt die Stimmabgabe. 852 Stimmberechtigte hatten auf diese Weise zweifellos ihre Enttäuschungen, auch ihre Ablehnung der Naziherrschaft verdeutlicht. Das waren immerhin etwa 250 mehr als bei der Wahl und Volksabstimmung im November 1933. Am 16. Oktober 1934 waren in Eichwalde 2441 männliche und 2771 weibliche, insgesamt 5212 Einwohner, gemeldet. (1933= 4.902) In Eichwalde gelangte seit dieser Zeit der Führerkult, von Bittgesuchen an den, Geldsammlungen für den 'Führer' bis hin zu Gedichten über Hitler zu erstaunlicher Blüte. Die Mehrzahl der Eichwalder, getäuscht, verblendet und verführt, hatte auf dem Weg zur "Volksgemeinschaft “Tritt gefaßt und Gleichschritt aufgenommen.
 
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1 Vgl. Berndt-Jürgen Wendt, (wie1. Abschnitt , Anm. 1), S. 181 ff.<br />
2 Vgl. Beiträge, S. 55 f.<br />
3 KWZ v. 6. August 1933.<br />
4 Teltower Kreiskalender v. 1934, S.32.<br />
5 KWZ v. 17. September 1933.<br />
6 KWZ v. 12. Januar 1934.<br />
7 Heimatbuch , S.629.<br />
8 KWZ v. 12. Juni 1935.<br />
9 Vgl. Sibylle Hinze, "Die ungewöhnlich geduldigen Deutschen". Arbeiterleben 1934 – 1936 im Spiegel ausgewählter Gestapodokumente (Regierungsbezirk Potsdam), in: Brandenburg in der NS-Zeit. Hg. v. Dietrich Eichholtz unter Mitarbeit von Almuth Püschel, Berlin1993, S.34.<br />
10 Ploetz, S.103.<br />
11 Kreisarchiv, B. E., Nr. 079.<br />
12 Kreisarchiv, B.E., Nr.145.<br />
13 Kreisarchiv, B. E., Nr. 062.<br />
14 KWZ v. 15. Februar 1935.<br />
15 KWZ v. 27. Mai 1934.<br />
16 KWZ v. 7. Juni 1937.<br />
17 BLHA, Pr. Br. Rep. 203 AzS, ESA Nr .4601.<br />
18 BLHA, Pr. Br. Rep. I Kom, Nr. 2340 (Dok. v. 7. Juni 1934).<br />
19 KWZ v. 30. Januar 1934.<br />
20 KWZ v. 21. Januar 1935.<br />
21 KWZ v. 22. März 1934.<br />
22 Vgl. KWZ v. 14. u. 22. März u. 31. Oktober 1934.<br />
23 KWZ v. 30. Oktober 1935.<br />
24 Vgl.Benz, S. 42 ff.<br />
25 Heimatbuch, S. 601.<br />
26 KWZ v. 21. Februar 1934.<br />
27 Vgl. Wolfgang Benz, Geschichte des Dritten Reiches, München 2003, S. 48. ( i.f. B e n z ).<br />
28 Vgl. Wolfgang Schumann / Gerhart Hass ( Ltg. Autorenkoll.): Deutschland im zweiten Weltkrieg, Berlin 1975 ff, Bd.1-6, Bd.1,S. 106. ( i.f. D e u t s c h l a n d )<br />
29 Vgl. Lehrbuch der deutschen Geschichte ( Beiträge ), Bd. 11 , (Hg.) Autorenkollektiv : Deutschland von 1933 – 1939, Berlin, 1969, S. 121 f. ( i.f. B e i t r ä g e ).<br />
30 KWZ v. 21. August 1934.<br />
31 KWZ v. 7. Dezember 1934.<br />
 
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== Aufrüstung (Eichwalder Vorkriegsjahre 1935-1939) ==
657.480
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