Stalindenkmal

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Nach der Denkmalsenthüllung 1951 mit Pieck, Grotewohl und Ulbricht

Das Berliner Stalindenkmal war ein überlebensgroßes Bronzestandbild des sowjetischen Diktators Josef Stalin. Die Statue entstand wahrscheinlich in der Werkstatt des sowjetischen Bildhauers Grigori Postnikow (Григорий Николаевич Постников, 1914–1978).[1] Eine Komsomoldelegation hatte die Skulptur dem Ost-Berliner Magistrat anlässlich der III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1951 zum Geschenk gemacht. Am 3. August 1951 wurde das Denkmal in der bereits im Dezember 1949 in Stalinallee umbenannten Großen Frankfurter Straße im damaligen Stadtbezirk Friedrichshain feierlich eingeweiht. Nachdem auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 die Verbrechen Stalins enthüllt wurden, ließen die Machthaber in der Sowjetunion und anderen befreundeten Ländern einige Jahre später alle Stalindenkmäler aus dem öffentlichen Raum entfernen. So verschwanden im Herbst 1961 auch in Ost-Berlin in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ das Denkmal und die Straßenschilder. Die Straße erhielt vom Alexanderplatz bis zum Frankfurter Tor den Namen Karl-Marx-Allee und von dort bis zur Lichtenberger Brücke den Namen Frankfurter Allee. Der Denkmalssockel wurde am Tag nach dem „Denkmalssturz“ ebenfalls entfernt. Die zerkleinerte Skulptur wurde in neuen Bronzefiguren für den Tierpark Berlin wiederverwendet.

Wie Berlin zu dem Denkmal kam

Die am Ende des Zweiten Weltkriegs stark zerstörte frühere Große Frankfurter Straße wurde Ende der 1940er Jahre enttrümmert. Die DDR-Regierung ließ eine moderne Wohnbebauung planen und diese in einzelnen Etappen verwirklichen. Bei der Einweihung der ersten Neubauten, die weitestgehend aus recycelten Ziegelsteinen errichtet worden waren, erhielt die Straße am Geburtstag von Josef Stalin am 21. Dezember 1949 den Namen Stalinallee. Sowjetische Komsomolzen machten der Stadt Berlin anlässlich der III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1951 ein passendes Denkmal zum Geschenk.[2]

Denkmalsaufstellung

Das 4,80 Meter hohe Bronzestandbild zeigte den sowjetischen Partei- und Regierungschef in einer typischen Feldherrenpose mit Uniform und Ordenszeichen; in der linken Hand trug er eine Schriftrolle. Das auf einem leicht konisch zulaufenden, etwa drei Meter hohen Sockel (der entweder aus Marmor,[3] Beton[2] oder Sandstein[4] bestanden haben soll) und einem gemauerten Podest aufgestellte Denkmal erhielt seinen Platz im damaligen Stadtbezirk Friedrichshain. Es sollte nur vorübergehend vor den im Spätherbst 1952 fertiggestellten Neubaublöcken C-Süd und D-Süd zwischen der Andreasstraße und der Koppenstraße gegenüber der Deutschen Sporthalle stehen und später auf den Strausberger Platz versetzt werden.[2] Am 3. August 1951 wurde das Denkmal in Anwesenheit des DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck und des Ministerpräsidenten Otto Grotewohl vom Generalsekretär des ZK der SED Walter Ulbricht feierlich enthüllt.

Autorenschaft der Bronzefigur ungeklärt

Denkmalfachleute sind sich bis heute nicht einig, welcher sowjetische Künstler die Statue geschaffen hat. Eine Künstlerdatenbank nennt G. Postnikow.[1] In der Ständigen Ausstellung zur Geschichte der Stalinallee im Café Sibylle werden als mögliche Schöpfer auch andere Bildhauer wie Nikolai Tomski und Sergej Merkurow genannt. Letzterer war der Schöpfer eines 1937 in Moskau aufgestellten Stalindenkmals, bei welchem Stalin ebenfalls in der linken Hand eine Schriftrolle hält und die rechte Hand in die Knopfleiste seiner Uniformjacke steckt.[5] Im Text der Ausstellung wird ein blasses Pressefoto des Berliner Stalindenkmals erwähnt, auf dem ein kaum zu erkennender Schriftzug dem oben genannten Postnikow zugeordnet werden könnte.[4] Das „Geheimnis“ der Autorschaft konnte bisher nicht endgültig gelüftet werden.

In einer russischen Quelle[6] wird dagegen klar dargestellt, dass Tomski dieses Monument schuf.

Zwischen 1951 und November 1961

Stalin starb 1953. Das Denkmal war am Tage der Beisetzung am 9. März das Ziel eines mehr als siebenstündigen Trauermarsches in Ost-Berlin.[7] Das Ablegen von Blumen und Kränzen, Fahnen mit Trauerflor, die Beflaggung öffentlicher Gebäude auf halbmast sollten die Verbundenheit zwischen dem deutschen Volk und dem „Genius der Menschheit“, dem „besten Freund des deutschen Volkes“ und „genialen Führer des Weltfriedenslagers“ ausdrücken. In Schulen wurden am Tag nach dem Tod Stalins Gedenkminuten abgehalten.

Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 erfasste zahlreiche Städte der DDR. Schwerpunkt der Demonstrationen und Auseinandersetzungen in Berlin war zunächst die Stalinallee. Auch am Stalindenkmal gab es einige kritische Situationen.[8] Das Denkmal selbst wurde mit Steinen beworfen, aber nicht beschädigt.[9]

Nikita Chruschtschow enthüllte 1956 in einer geheimen Rede auf dem XX. Parteitag der KPdSU die Verbrechen Stalins. Als Konsequenz ließ die sowjetische Regierung den Leichnam des Diktators aus dem Mausoleum am Roten Platz in Moskau entfernen. Der Tote wurde an der Kremlmauer beigesetzt und mit einer Marmorbüste geehrt.

In den späten 1950er Jahren war der Strausberger Platz fertiggestellt. Das Stalindenkmal wurde jedoch entgegen der ursprünglichen Planung am bisherigen Standort belassen.

Heimliche Beseitigung des Denkmals

Die Regierungen der anderen sozialistischen Länder, darunter auch die DDR, schlossen sich im Verlauf der nächsten Jahre der Abkehr vom Stalinkult an. In der Nacht vom 13. zum 14. November 1961 wurden in einer zuvor geheim gehaltenen Aktion alle Straßenschilder der Stalinallee entfernt, die ab sofort Karl-Marx-Allee (westlicher Abschnitt) und Frankfurter Allee (östlicher Bereich) hieß.[2] Das Denkmal wurde zum gleichen Zeitpunkt mit einer Planierraupe zunächst vom Sockel gestoßen. Dann brachte ein Tieflader die Bronzeskulptur in eine Halle des Betriebes Bauunion. Hier hatten mehrere Mitglieder einer Baubrigade unter Leitung des Brigadiers Gerhard Wolf und der Bewachung durch Sicherheitskräfte den Bronzekörper zu zerkleinern. Der beauftragte Mitarbeiter des MfS gab folgende Anweisungen:[4] „Das Denkmal ist bis zur Unkenntlichkeit zu zerkleinern. Die Mitnahme von Bruchstücken ist verboten. Über die Angelegenheit wird nicht geredet.“

Einige der mit der Vernichtung beauftragten Bauarbeiter konnten trotzdem unbemerkt kleine Stücke der zertrümmerten Statue an sich nehmen. Der mit der Zerstörung des Kopfes beschäftigte Brigadier übergab nach der Wende der Geschichtswerkstatt Stalinallee ein Ohr und ein Stück des Schnurrbartes und berichtete über die Details. Die Skulptur wurde eingeschmolzen und in Teilen beim Guss von Tierfiguren für den Berliner Tierpark wiederverwendet.[4]

Der Magistrat von Berlin ließ am 14. November folgende Meldung zu den Vorgängen durch die Tageszeitungen verbreiten:[4]

„Nach Kenntnisnahme der Materialien des XXII. Parteitages der Kommunistischen Partei der Sowjetunion hat der Magistrat von Groß-Berlin in seiner Sitzung vom 13. November 1961 in Bezug auf die in der Periode des Personenkultes Stalins erfolgten Verletzungen revolutionärer Gesetzlichkeit und der daraus entstandenen schweren Folgen nachstehende Maßnahmen beschlossen.

Der Teil der bisherigen Stalinallee vom Alexanderplatz bis zum Frankfurter Tor wird in Karl-Marx-Allee umbenannt.

Der Teil der Stalinallee vom Frankfurter Tor in östlicher Richtung erhält den Namen Frankfurter Allee.

Das Denkmal J. W. Stalins wird entfernt.

Der S-Bahnhof Stalinallee erhält die Bezeichnung: S-Bahnhof Frankfurter Allee. Dementsprechend wird auch der U-Bahnhof Stalinallee in U-Bahnhof Frankfurter Allee umbenannt.

In der Bezeichnung des VEB Elektroapparatewerke J. W. Stalin wird der Zusatz J. W. Stalin gestrichen. Der Betrieb trägt in Zukunft den Namen: VEB Elektroapparatewerke Berlin Treptow.“

In den frühen Morgenstunden ebneten Soldaten der Nationalen Volksarmee den Denkmalsockel ein.

Nachspiel und Erinnerung

Die Stelle des Stalindenkmals ist später durch eine Springbrunnenanlage und die Neuverlegung von Gehwegplatten unkenntlich gemacht worden. Büsche und Bäume sind inzwischen gewachsen, die drei Wasserbecken sind seit einigen Jahren stillgelegt. Im Jahr 2003 wurden Pläne des Fördervereins Karl-Marx-Allee bekannt, an dieser Stelle vor der zurückgesetzten Häuserzeile eine gläserne Markthalle zu errichten.[10]

Die Artefakte des Denkmals und die komplette Erzählung der Denkmalsbeseitigung sind zusammen mit vielen anderen Originalmaterialien zur Geschichte der Stalinallee/ Karl-Marx-Allee im Café Sibylle in der Karl-Marx-Allee 72 dauerhaft ausgestellt.[11]


Text: Wikipedia

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Bild: Wikimedia/Bundesarchiv/Bild 183-11500-0375/Heilig, Walter

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