Germania

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Germania ist eine Personifikation mit wechselndem Bedeutungsgehalt. In der Antike, als die Völker Germaniens nur aus dem Blickwinkel der römischen Eroberer als eine Einheit erschienen, stellten diese bereits eine „Germania“ in Form einer Frau als Numen bildlich dar und bezeichneten sie mit demselben Namen, den sie dem Gebiet zugewiesen hatten. Seit dem Mittelalter galt sie, unter Rückbezug auf die Germania magna der Antike, als die nationale Personifikation Deutschlands im Sinne des Verbreitungsgebiets der deutschen Sprachen.

Im 19. Jahrhundert diente Germania der demokratischen Bewegung in Deutschland als nationalromantisches Sinnbild für den von ihr angestrebten deutschen Nationalstaat. 1828 stellte Friedrich Overbeck sie in Italia und Germania als anmutige Jungfrau dar, die sich in Anbetracht zeitgenössischer Italiensehnsucht der Italia sanft zuneigt. 1848 zeigte das Philipp Veit zugeschriebene Gemälde Germania für die Frankfurter Nationalversammlung ein friedliches Bild der Befreiung und des Aufbruchs. In der Ikonografie des deutschen Kaiserreichs nahm Germania stärker nationalistische Züge an, und sie wurde für kriegspropagandistische Zwecke umgedeutet.

Reklamemarken

Auswahl an Reklamemarken und Siegelmarken zum Thema Germania.

Kaiserreich und 20. Jahrhundert

Die Verkörperung einer zum Krieg gerüsteten Germania gewann durch die Jahre 1870 und 1871 (Deutsch-Französischer Krieg) noch mehr an Verbreitung. Diese Entwicklung stand im Kontext der Historienmalerei und Monumentalmalerei der Wilhelminischen Ära, in der es Preußen darum ging, eine nationale Geschichte in seinen Provinzen, vornehmlich in Rathäusern, Schlössern, Universitäten und Ruhmeshallen, volkstümlich zu vermitteln.[15] Die zahlreichen Sieges- und Kriegerdenkmäler haben ähnliche und weitere Typen geschaffen, von denen Johannes Schillings Niederwalddenkmal wohl am volkstümlichsten geworden ist. Die Germania wird oft als glorreiche Kriegerin mit Waffen und Reichsinsignien dargestellt. In wenigen Darstellungen trauert sie um die deutschen Gefallenen.[16] Diese Germania kann als eine Verbindung einer „Schlachtenjungfrau“ (Walküre) mit der das „Vaterland“ versinnbildlichenden „deutschen Mutter“ gedeutet werden.

1895 entwarf Kaiser Wilhelm II. das Bild Völker Europas, wahrt eure heiligsten Güter, das dann von Hermann Knackfuß ausgeführt wurde. Darauf warnt der Erzengel Michael die Nationalallegorien der europäischen Großmächte (neben der Germania sieht man unter anderem Mütterchen Russland, Marianne und Britannia) vor der „gelben Gefahr“, die am Horizont als heranschwebender Buddha dargestellt wird. Friedrich August von Kaulbach erweiterte 1914 den Aspekt der Walküre um die Beschreibung einer angreifenden Jeanne d’Arc aus Friedrich Schillers Drama Die Jungfrau von Orleans, um im Duktus des Wilhelminismus die Wehrhaftigkeit Deutschlands zu Beginn des Ersten Weltkriegs darzustellen.[17]

Von 1900 bis 1922 wurde von der Reichspost eine Germania-Briefmarkenserie herausgegeben, die die gekrönte Germania im Profil zeigte. Mit Blick auf Kriegerdenkmäler, die als Folge des Ersten Weltkriegs zu errichten zu sein würden, meinte der Architekturkritiker Hermann Muthesius im Jahr 1916, dass Sinnbilder wie Germania, Reichsadler und Viktoria sich stark abnutzt hätten, und bedauerte, dass sie jedoch in Ortsausschüssen, Ehrenkomitees und Kriegervereinen noch starken Anklang fänden.[18]

Anlässlich der Saarabstimmung erschien am 16. Januar 1935, wenige Tage nach der Abstimmung, eine weitere Reihe von Briefmarken mit dem Bildmotiv Die Saar kehrt zur Mutter Deutschland zurück. Diese Marken zeigten im Unterschied zur allegorischen Figur vom Anfang des Jahrhunderts eine realistisch dargestellte Mutter, die ihre Tochter in die Arme nimmt und bei der nur ein Eichenkranz auf dem Kopf ihre Rolle als Germania andeutet.[19]

Gegenwart

Im Alltagsleben des 21. Jahrhunderts ist die Figur der Germania nahezu bedeutungslos. Ohne dass sie bewusst wahrgenommen wird, erscheint sie jedoch noch häufig in den Eigennamen von Vereinen, besonders studentischer Verbindungen und Sportvereinen, deren Gründung im 19. und frühen 20. Jahrhundert erfolgte.

Im Ende März 2019 von der Band Rammstein veröffentlichten Musikvideo Deutschland ist die Figur der Germania prominent vertreten. Gespielt von der afrodeutschen Schauspielerin Ruby Commey erscheint Germania in verschiedenen Episoden der deutschen Geschichte.


Text: Wikipedia

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