Großherzogtum Baden

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Das Großherzogtum Baden war von 1806 bis 1871 ein souveräner Staat, der bis 1813 Mitglied des Rheinbunds und von 1815 bis 1866 des Deutschen Bundes war. Ab 1871 war es nur noch teilautonomer Bundesstaat innerhalb des Deutschen Kaiserreiches. Die Entstehung des Großherzogtums aus der Markgrafschaft bzw. dem Kurfürstentum Baden während der Koalitionskriege ging mit großen Gebietszuwächsen für Baden einher. Das Land war anfangs eine absolute, ab 1818 eine konstitutionelle Monarchie. Im Zuge der in Baden unblutig verlaufenden Novemberrevolution entstand 1918 aus dem Großherzogtum eine demokratische Republik.

Baden galt im 19. Jahrhundert als Hochburg des Liberalismus,[1] seine Abgeordnetenkammer als eigentliche Schule des liberalen Geistes im Vormärz und als „Zugpferd der Moderne“.[2] Bis zur Gründung des Deutschen Reichs 1871 war Baden im politischen Leben des Deutschen Bundes bedeutender als seine rein machtpolitische Stellung vermuten ließ.[3]

Die Badische Revolution von 1848/49 richtete sich, wie die übrigen revolutionären Erhebungen in diesem Zeitraum, gegen die herrschenden Mächte der Restaurationsära. Der im Rahmen der Reichsverfassungskampagne Mitte 1849 erfolgte letzte der drei badischen Aufstände wurde nach der Intervention von Bundestruppen unter preußischem Kommando niedergeworfen.

Siegelmarken

Geschichte

Territoriale Neugliederung am Oberrhein

Großherzog Karl Friedrich konnte innerhalb der Jahre 1803 bis 1810 das Staatsgebiet der alten Markgrafschaft Baden und die Zahl seiner Untertanen um mehr als das Vierfache vergrößern

Das Großherzogtum Baden kam in den großen historischen Umwälzungen in der Folge der Französischen Revolution und der ihr folgenden Koalitionskriege zustande, vor allem dank der vorausschauenden Diplomatie des badischen Gesandten Sigismund von Reitzenstein in Paris, der eine feste Bindung Badens an die junge Französische Republik befürwortete. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand so innerhalb eines Jahrzehnts aus einem territorialen Flickenteppich entlang des Oberrheins ein geschlossenes Staatsgebiet, das sich von Konstanz im Süden entlang dem rechten Rheinufer und durch den Odenwald bis nach Wertheim im Norden erstreckte.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts umfasste die Markgrafschaft Baden, die 1771 aus der Vereinigung der evangelischen Linie Baden-Durlach und der ausgestorbenen katholischen Linie Baden-Baden hervorgegangen war, ein Gebiet von 65 Quadratmeilen (etwa 3600 Quadratkilometer) mit rund 250.000 Einwohnern. Auf linksrheinischer Seite verlor die Markgrafschaft Baden im Jahre 1796 mit dem Pariser Friedensvertrag 13,5 Quadratmeilen (743 Quadratkilometern) mit 34.626 Bewohnern an Frankreich. Dafür wurde sie 1803 durch den in Regensburg verkündeten Reichsdeputationshauptschluss rechtsrheinisch kompensiert mit 61,8 Quadratmeilen (3400 Quadratkilometern) an neuem Territorium und mit 253.396 an neuen Bewohnern.

Damit begann das territoriale Wachstum auf Kosten kleinerer rechtsrheinischer Territorien. Annektierte weltliche Territorien wurden dazu mediatisiert, geistliche Territorien säkularisiert. Die übernommenen Territorialherrschaften waren vorher meist reichsunmittelbare Stände gewesen.

An weltlichen Territorien erwarb Baden dabei vor allem rechtsrheinische Teile der Kurpfalz mit den Haupt- und Residenzstädten Heidelberg und Mannheim. Auch die Herrschaft Lahr, Teile der Landgrafschaft Hanau-Lichtenberg (das sogenannte Hanauerland), das Reichstal Harmersbach sowie die Reichsstädte Offenburg, Zell am Harmersbach, Gengenbach, Überlingen, Pfullendorf, Wimpfen und Biberach kamen zu Baden. Die beiden letzteren Städte gehörten jedoch nur kurze Zeit zum Land.

An vormals geistlichen Territorien konnte Baden das Hochstift Konstanz als Ganzes sowie Teile der Hochstifte Basel, Straßburg und Speyer vereinnahmen, ebenso das Ritterstift Odenheim. Dazu kamen noch die Reichsstifte Petershausen und Gengenbach, die Reichsabtei Salem sowie der größte Teil des Reichsstifts Salmannsweiler, außerdem auch die Prälaturen Schwarzach, Frauenalb, Allerheiligen, Lichtental, Ettenheimmünster, Reichenau und Öhningen. Am 25. Februar 1803[5] erhob Kaiser Franz II. die Markgrafschaft Baden außerdem zum Kurfürstentum Baden.

Durch den Vertrag von Brünn (10.–12. Dezember 1805), der im Frieden von Preßburg bekräftigt wurde, kamen Teile des ehemals vorderösterreichischen Breisgaus mit der Stadt Freiburg an Baden, ebenso die Herrschaft Heitersheim, die Landvogtei Ortenau, die Stadt Konstanz und noch einige andere Landstücke am Bodensee sowie ritterschaftliche Territorien, wohingegen Kehl an Frankreich abzutreten war. Dies bedeutete in Summe einen erneuten Zugewinn von 44,4 Quadratmeilen (2443 Quadratkilometern) mit 164.000 Einwohnern.

Von der Erhebung zum Großherzogtum bis zum Thronwechsel 1811

Am 12. Juli 1806 trat Kurfürst Karl Friedrich dem von Kaiser Napoleon I. dominierten Rheinbund bei und nahm den Titel eines Großherzogs und das Prädikat Königliche Hoheit an.[5] Mit dem Beitritt zum Rheinbund erwarb Baden unter anderem auch die Landeshoheit über die Fürstentümer Fürstenberg und Leiningen, die Grafschaft Wertheim links des Mains mit der Residenzstadt Wertheim, die Landgrafschaft Klettgau, die Grafschaft Tengen sowie die Besitzungen des Fürsten von Salm-Reifferscheid-Krautheim nördlich der Jagst. Insgesamt waren dies nochmals 91,7 Quadratmeilen (rund 5000 Quadratkilometer) mit 270.000 Einwohnern.

Am 2. Oktober 1810 schlossen das Königreich Württemberg und das Großherzogtum Baden einen Grenzvertrag. Damit war der Erwerb der zunächst an Württemberg gefallenen Teile des Breisgaus verbunden. Dies brachte Baden zum letzten Mal einige Erweiterungen, unter anderem württembergische Gebiete im mittleren Schwarzwald (Hornberg, Schiltach, Gutach) und die ehemalige Landgrafschaft Nellenburg, mit der die letzte Lücke im badischen Staatsgebiet zwischen den Stammlanden und den Besitzungen am Bodensee geschlossen werden konnte.[6] Im Gegenzug musste Baden die Ämter Amorbach, Miltenberg und Heubach an das Großherzogtum Hessen abtreten.[7]

Als Großherzog Karl Friedrich 1811 starb, hatte das Großherzogtum Baden eine Fläche von 249 Quadratmeilen (rund 15.000 Quadratkilometer) mit etwa einer Million Einwohnern. Somit waren also die Fläche und die Bevölkerungszahl Badens innerhalb von sieben Jahren um etwa einen Faktor vier angewachsen. Großherzog Karl wird als schwacher Herrscher gewertet, beendete jedoch 1813 noch rechtzeitig genug das Bündnis mit Napoleon, um den Fortbestand des Großherzogtums zu sichern

Wie auch die anderen Rheinbundstaaten musste Baden hohe Beiträge für die Finanzierung der Koalitionskriege aufbringen. Noch schwerer wog die Verpflichtung zur Stellung von Hilfstruppen. Im vierten Koalitionskrieg, der mit dem Frieden von Tilsit endete, belagerten badische Truppen unter großen eigenen Verlusten die Städte Danzig und Stralsund. Am 2. Mai 1808 brach in Madrid ein Aufstand gegen die Herrschaft Napoleons in Spanien aus, zu dessen Niederwerfung auch Baden ein Infanterieregiment stellen musste, welches am 24. August 1808 in Richtung Spanien abmarschierte. 1810 führte die Regierung ein Badisches Landrecht nach dem Vorbild des französischen Code civil ein, bei dessen Abfassung der Staatsrat Johann Nicolaus Friedrich Brauer entscheidenden Anteil hatte. Ebenso gab es nun zivile Standesämter und die Zivilehe.

Vom Ende der Koalitionskriege bis zur Verfassung von 1818

Nach dem Tod des alten Großherzogs Karl Friedrich folgte 1811 dessen Enkel, Großherzog Karl, auf den Thron. Im Krieg Napoleons gegen Russland 1812 stellte Baden über 6.000 Mann, von denen nur wenige zurückkehrten (→ Badener im Russlandfeldzug 1812). In den Befreiungskriegen lösten die Fürsten den Rheinbund auf. Baden zögerte länger als Bayern und Württemberg mit dem Ausstieg aus dem französischen Bündnis, da es wegen der Grenzlage zu Frankreich besonders gefährdet schien, falls Napoleon das Kriegsglück nach der verlorenen Völkerschlacht doch noch hätte wenden können. Außerdem fühlte sich Großherzog Karl durch verwandtschaftliche Rücksichten gehindert, wegen seiner Ehe mit Napoleons Adoptivtochter Stephanie. Erst Mitte November 1813 beschloss der badische Staatsrat nach einer dramatischen Sitzung den nun dringend notwendigen Bündniswechsel. Es war insbesondere Sigismund von Reitzenstein, der Großherzog Karl davon überzeugte, dass Baden andernfalls mit Napoleon untergehen werde, denn eine französische Kapitulation war nun abzusehen und der Zeitpunkt günstig, den Alliierten unter Führung Österreichs, Preußens und Russlands als neuer Bündnispartner noch willkommen zu sein.

Während des Wiener Kongresses in den Jahren 1814 und 1815 einigten sich die Staatsmänner Europas auf eine Neuordnung des europäischen Staatensystems. Die Souveränität und territoriale Ausdehnung des Großherzogtums Baden blieben zunächst unter Vorbehalt unangetastet. Baden trat am 26. Juli 1815[5] dem Deutschen Bund bei, der das 1806 untergegangene Heilige Römische Reich Deutscher Nation ersetzen sollte.

Die Teilnehmer des Aachener Kongresses erkannten 1818 die Thronfolgeberechtigung der Söhne des verstorbenen Großherzogs Karl Friedrich aus zweiter – unebenbürtiger – Ehe mit Luise Karoline Geyer von Geyersberg an, der späteren Reichsgräfin von Hochberg. Nachdem die Söhne aus erster Ehe allesamt keinen weiteren Thronerben gezeugt hatten, hielt man dies für notwendig, um die Weiterexistenz des Großherzogtums zu sichern. Die so geregelte Thronfolge, die dann 1830 eintrat, war jedoch in den dreißiger Jahren überschattet vom Fall des Kaspar Hauser, der am 26. Mai 1828 in Nürnberg auftauchte. Zeitgenössische Gerüchte stilisierten Hauser zum angeblich als Säugling entführten badischen Erbprinzen des verstorbenen Großherzogs Karl. Der badisch-bayerische Grenzstreit über die rechtsrheinische Pfalz wurde 1818 auf dem Aachener Kongress zugunsten Badens entschieden.

Badische Verfassung von 1818

Schon im Jahre 1808 kündigte die Regierung an, dass Baden eine Landesverfassung erhalten werde. Jedoch erst 1814 begannen auf Initiative des Freiherrn Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein konkrete Schritte zur Bildung einer Kommission, die sich mit der Ausarbeitung der Verfassung befasste. Der Inhalt stammte ganz wesentlich aus der Feder des liberalen Politikers Karl Friedrich Nebenius. Mit der Verfassung vom 22. August 1818[5] wurde Baden zur konstitutionellen Monarchie. Großherzog Karl unterzeichnete die von Nebenius ausgearbeitete Verfassung, die einen Landtag vorsah, die Badische Ständeversammlung mit zwei Kammern. Dieses Parlament sollte dem Zusammenwachsen der Bevölkerung des Großherzogtums Baden dienen, da das Land auf sehr unterschiedliche kulturelle und landsmannschaftliche Traditionen zurückblickte. Mit der neuen Verfassung, die damals die freiheitlichste im Deutschen Bund war, hoffte man, Eintracht und ein gemeinsames Staatsbewusstsein aller Badener zu befördern.

Die Wahlordnung für die Zweite Kammer wurde am 23. Dezember 1818 bekannt gemacht, sie beruhte auf indirekter Wahl. Wahlberechtigte durften nicht der Ersten Kammer angehören oder dort wahlberechtigt sein. Kandidaten mussten mindestens 25 Jahre alt sein. Es waren nur Männer zugelassen, die zudem in ihrer Gemeinde das Bürgerrecht besitzen oder ein öffentliches Amt bekleiden mussten. Damit waren 1819 lediglich 17 Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt.[8] Die von den Wahlberechtigten gewählten 2500 Wahlmänner bestimmten schließlich die 63 Abgeordneten. Die badische zweite Kammer war als einzige unter den Ländern des Deutschen Bunds völlig frei von ständischen Elementen.


Text: Wikipedia

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